Geschäftsbericht 2007 der Deutschen Bank von weissgarnix, 26. März 2008
Die Deutsche Bank veröffentlichte heute ihren Geschäftsbericht für das Geschäftsjahr 2007. Sehen wir uns den doch mal ein wenig genauer an:
Ein schneller Blick auf eine Übersicht der wichtigsten Konzernzahlen gegenüber Vorjahr sagt mir: “sieht ja tatsächlich ganz passabel aus”. Erste böse Vorahnungen dann beim Blick in die Konzern G&V: die Position “Zinsen und ähnliche Erträge” liegt brutto um fast 10 Mrd höher als im Vorjahr, netto um immerhin noch rund 1,8Mrd bzw. 24%(!). Wie kann das sein, frage ich mich? Ein Klick auf die entsprechende Randziffer des online-Anhangs und wir wissen bescheid: der Zuwachs resultiert samt und sonders aus Erträgen, die mit zum “fair-value” bewerteten Vermögens- bzw. Schuldenpositionen in Verbindung stehen. So legte die Vermögensseite um fast 7Mrd von 39 auf 46Mrd zu, die Verbindlichkeiten hingegen nur um 1,4Mrd von 22,6 auf 24Mrd. Saldiert ergibt sich somit aus diesem Posten ein isolierter Gewinnzuwachs von 5,6Mrd Euro, sprich das dreifache(!) dessen, was als Zuwachs an Zinserträgen (obige 1,8Mrd) in Summe erwirtschaftet wurde! Entsprechend steigen die “Zinserträge” in Summe denn auch um knapp 17%, die Zinsaufwendungen aber nur um rund 15%, letztere vor allem durch einen überproportionalen Anstieg der gewährten Zinsen auf vergleichsweise “altmodische” Sicht- und Termineinlagen von rund 24%.
Die “Risikovorsorge” stieg um rund 300 auf rund 600Mio, womit netto an “Zinsüberschuss nach Risikovorsorge” noch ein Zuwachs von 1,5Mrd zu verzeichnen war. Hätte man in puncto “Risikovorsorge” nicht eventuell deutlich mehr erwartet? Aber OK, weiter …
Der “Provisionsüberschuß” der Deutschen stieg hingegen um lediglich 1Mrd. von rund 11 auf rund 12Mrd, was man so wohl auch nicht anders erwartet hätte, angesichts des schwierigen Geschäfts in der 2. Jahreshälfte.
In Summe erzielte die Deutsche aus diesen beiden Einkommensquellen daher rund 2,5Mrd mehr als im Vorjahr, darin enthalten, ich betone es nochmal 5,6Mrd an zusätzlichen Erträgen aus Positionen, die zum fair value bewertet werden. Lassen wir diese Erträge mal gedanklich weg, dann hätte die Deutsche an dieser Stelle jetzt nicht ein “Mehr” von 2,5Mrd sondern ein “Weniger” von rund 3Mrd stehen. Diese 3Mrd weniger wären aber rund 50% des Vojahresgewinns der Deutschen, es ist daher für die Beurteilung ihres Geschäfts eminent wichtig zu verstehen, was hinter diesen aus zum fair value-bewerteten Positionen steckt.
Alle anderen G&V-Positionen der Deutschen sind relativ unspannend, mit Ausnahme natürlich des “Ergebnisses aus fair value-Bewertung” selbst, welches zwar einen Minderertrag gegenüber 2006 von rund 2Mrd ausweist, aber immerhin noch einen deutlich positiven Saldo (=Gewinn) von rund 7Mrd. Euro, was so auch nicht unbedingt zu erwarten war. Alle anderen G&V-Positionen heben sich mehr oder minder gegeneinander auf, sodaß auf Ebene “Ergebnis vor Steuern” ein Gewinnzuwachs von rund 400Mio Euro verbleibt.
Sehen wir uns nun diese fair value-Positionen an, die einen derart starken (und positiven) Einfluß auf die Zahlen hatten. Leider ist die Deutsche dabei keineswegs so transparent, wie sie es noch in der heutigen Pressemitteilung rausgestrichen hat. So vermengt sie zB in einer Tabelle, die Aufschluß geben könnte, konsequent Zinserträge und fair-value-Bewertungsergebnisse, was diese Aufstellung so gut wie nutzlos macht. Aus einer anderen Tabelle erfährt man aber mehr, nämlich zur Herkunft der 7Mrd an Bewertungsgewinnen. Aus dieser ergeben sich 2 interessante Aspekte, nämlich 1) dass das Handelsergebnis der Deutschen um rund 5Mrd bzw. 56% von 8,9 auf 3,9Mrd Euro eingebrochen ist. Das klingt schlimm. Noch schlimmer, meiner Ansicht nach, als die Zahlen, die wir kürzlich von Goldman gesehen haben, und die enthielten bereits die Katastrophen-Monate Januar und Februar 2008, was bei den vorliegenden Zahlen der Deutschen Bank nicht der Fall ist, weil die gehen nur bis 31.12.2007. Und 2) dass sich aber aus der Bewertung der langfristigen Schulden gottseidank ein Ertrag von 3,8Mrd ergeben hat, der die katastrophale Performance aus 1) wieder einigermaßen ausgleicht.
Worum geht es dabei? Das soll Euch die Deutsche mal besser selber erklären. Im Anhang heisst es dazu nämlich in einer Fußnote:
“Im Rahmen von strukturierten Verbriefungen halten rechtlich eigenständige Gesellschaften ein Kreditportfolio, Zinsderivate und begeben Schuldverschreibungen. Der Wert der Schuldverschreibungen ist abhängig von den Instrumenten, die eine solche Gesellschaft hält. Der Konzern hält bestimmte von solchen Einheiten begebene Schuldverschreibungen. Einige solcher Gesellschaften wurden vom Konzern gegründet, andere von Dritten. Wie in Note [1] gemäß den „Grundsätzen der Konsolidierung“ beschrieben, werden bestimmte dieser Gesellschaften konsolidiert. Die von diesen Gesellschaften begebenen Kredite werden als Handelsaktiva klassifiziert. Die an Dritte von den konsolidierten Gesellschaften begebenen Schuldverschreibungen sind zum Fair Value klassifiziert. Die auf das Kreditrisiko zurückzuführende Veränderung des Fair Value resultiert aus der Fair-Value-Änderung der für den Kredit hinterlegten Sicherheit in der Gesellschaft. Die kumulierte Fair-Value-Änderung aufgrund des in diesen Instrumenten enthaltenen Kreditrisikos betrug zum 31. Dezember 2007 3,5 Mrd €. Der Fair Value für diese Instrumente stieg aufgrund des Kreditrisikos im Geschäftsjahr 2007 um 3,5 Mrd €. Für das Geschäftsjahr 2006 ergab sich bei diesen Instrumenten keine materielle Fair-Value-Änderung aufgrund des Kreditrisikos.”(Quelle: online-GB2007, Anhang zur G&V, www.deutsche-bank.de).
Alles klar? Also ich interpretiere diesen Passus so: diese 3,5Mrd Euro an Ertrag, die für das Ergebnis 2007 so dermaßen instrumental waren, resultieren simpel und schlicht aus dem Umstand, dass die Vermögenswerte (sprich RMBS und dergleichen) in den konsolidierten Conduits der Deutschen Bank nun weniger wert sind als im Vorjahr, aufgrund des bekanntlich stark gestiegenen Kreditrisikos. Doch Achtung, jetzt kommt’s: die Schulden, die diese Conduits an Dritte begeben haben, und die ausschliesslich durch den Wert der vorgenannten Vermögenswerte gedeckt sind, sind deshalb aber auch weniger wert. Und da die Deutsche diese Schulden bei sich konsolidiert, zeigt sie den Wertverfall dieser Schulden, aus ihrer Perspektive (i.e. als Quasi-”Schuldner”), nunmehr als Gewinn. Wie können diese Schulden weniger wert werden? In dem die Deutsche die in diesen Conduits enthaltenen Kreditengagements vermutlich massiv per ABX-Indizes und dergleichen gehedged hat.
Damit hat die Deutsche Bank also zuguterletzt doch noch ein glückliches Händchen bewiesen und ist quasi nochmal mit einem blauen Auge davongekommen. Dieses Glück wird sie aber wohl weiterhin auch brauchen, zumindest muß man die heute ebenfalls kommunizierten Gewinnaussichten für 2008 wohl so verstehen …
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