Debatte über linke Politik im Schwimmbad Zwischenbilanz nach drei Jahren Rot-Rot
Nach gut einer Stunde wurde Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) etwas ärgerlich. Nicht enden wollte die Kritik an den Kürzungen in Wissenschaft und Bildung, an der nach wie vor zu hohen Arbeitslosigkeit in der Stadt und der Untätigkeit des Senats sowie an der Erhöhung der Kita-Beiträge. Und als dann noch das neue Sozialticket als zu teuer bezeichnet wurde, wurde der sonst ruhige Wolf etwas lauter. "Man muss sich doch mal Rechnung ablegen, wo wir 2001 standen, als die rot-rote Koalition angefangen hat", sagte er am Donnerstagabend im leeren Schwimmbecken des Stadtbades Oderberger Straße. In das frühere Bad, das jetzt als Veranstaltungsort genutzt wird, hatte die Rosa-Luxemburg-Stiftung eingeladen. Die Stiftung wollte eine Zwischenbilanz von drei Jahren SPD-PDS-Senat ziehen: "Baden gehen mit Rot-Rot?"
Gemessen an dem Haushaltsdesaster vor drei Jahren und an dem Sanierungsbedarf in den öffentlichen Unternehmen sei man große Schritte in die richtige Richtung vorangekommen, sagte Wolf. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatte gleich eine ganze Liste von - aus seiner Sicht - Erfolgen mitgebracht wie Härtefallregelung für alte Asylbewerberfälle, beendete Schleierfahndung oder einen fast friedlichen 1. Mai. "Nicht immer hat linke Politik etwas mit Geld zu tun", sagte er.
Im Verlauf des Abends entwickelte sich die Debatte mit der Verdi-Chefin Susanne Stumpenhusen, der Freitag-Redakteurin Regina General und dem Publikum jedoch weniger zu einer Regierungsbilanz. Im Gegenteil, als Körting über die Notwendigkeit sprach, weitgehend aus eigener Kraft den Haushalt zu sanieren, regte sich kein Protest.
Die Hartz-IV-Reformen beschäftigten das eher linke Publikum stärker als die Frage, ob alle Kürzungen des Senats wirklich sozial gerecht sind. Die Schere zwischen Arm und Reich gehe immer weiter auseinander. Jedes vierte Kind lebe mittlerweile von Sozialhilfe, sagte Stumpenhusen. Das zu beklagen hatten auch Wolf und Körting kein Problem. Man dürfe sich aber nicht der Illusion hingeben, dass man die unzureichende Wirtschaftsstruktur, die in den vergangenen 50 Jahren in Berlin enstanden sei, in einer Legislaturperiode heilen zu können, sagte Wolf. Man können nur probieren, an einigen Stellen dagegenzuhalten. Derzeit versuche man etwa, den Sitz von Billigflieger Easyjet nach Berlin zu holen. Und die Entwicklung des Tourismus sei eine Erfolgsstory.
Die Debatte litt auch etwas an den frostigen Temperaturen in dem Bad. Trotzdem will die Stiftung dort die Reihe mit Themen wie Bildung oder Privatiserung fortsetzen.
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