auf acht Milliarden DM
Von Tim Burt, London
DaimlerChrysler wird von einem seiner Großaktionäre mit einer Schadensersatzklage in Höhe von insgesamt acht Mrd. $. überzogen. Kläger ist die private Investment-Gesellschaft Tracinda des amerikansichen Milliardärs Kirk Kerkorian.
Er beschuldigt DaimlerChrysler, bei der Fusion von Daimler-Benz und Chrysler 1998 betrogen und gegen amerikanisches Aktienrecht verstoßen zu haben.
Kerkorians Anwälte legten gestern um 3 Uhr nachmittags (Ortszeit) beim Bezirksgericht Delaware Klage ein. In der 30seitigen Klageschrift wird behauptet, der Vorstand von Daimler-Benz habe wissentlich die Vorstandmitglieder von Chrysler und die Chrysler-Aktionäre getäuscht, indem er die Fusion als Fusion unter Gleichen darstellte.
Bei DaimlerChrysler war gestern abend niemand mehr für eine Stellungnahme zu erreichen. Es wird aber erwartet, dass die Konzernanwälte beantragen werden, die Klage abzuweisen.
Jürgen Schrempp, der Vorstandschef von DaimlerChrysler, wird von Kerkorian als einer der Hauptbeklagten genannt. Aber auch Finanzvorstand Manfred Gentz und Hilmar Kopper, Aufsichtsratschef des Konzerns, macht Kerkorian Vorwürfe. Kopper ist auch Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank, die mit rudn 12 Prozent größte Aktionär von DaimlerChrysler ist.
Keine Fusion unter Gleichen
Der 77jährige Kerkorian, der unter anderem ein Spielkasino und die Hollywood-Studios MGM besitzt, wirft Schrempp vor, dieser habe von vornherein Chrysler zu einer Konzerntochter innerhalb DaimlerChryslers machen wolen. Offiziell war der Zusammenschluß von DaimlerBenz und Chrysler 1998 als „Merger of equals“, als „Fusion unter Gleichen“ bezeichnet worden.
Schrempp hatte in Interviews in den vergangenen Wochen, auch gegenüber der Financial Times, wiederholt erklärt, von Anfang an die Struktur gewollt zu haben, die DaimlerChysrler jetzt hat, „mit Chrysler als einer Division unter adneren“. Seine Aussagen führten zu einem Aufschrei der Empörung in den USA, wo Jim Holden in der vergangenen Woche als Chrysler-Präsident abgelöst wurde. Holden musste nach wachsenden Verlusten bei Chrysler gehen. Sein Abgang wird in der Anklageschrift als weiterer Beweis dafür angeführt, dass Schrempp Chryslers zu einer Konzerntochter degradiert habe. Chrysler wird nun von dem deutschen Dieter Zetsche geleitet, der das Unternehmen aus der Verlustzone führen soll.
Fusion rückgängig machen
Kerkorian fordert nicht nur 2 Mrd. $ für Vermögensschäden und 6 Mrd. $ Straf-Schadenersatz, er fordert das US-Gericht zudem auf, die DaimlerChrysler-Fusion rückgängig zu machen und Chrysler wieder als unabhängiges Unternehmen herzustellen.
Als ehemals größter Einzelaktionär bei Chrysler hält Tracinda nun noch rund drei Prozent der Aktien des DaimlerChrysler-Konzerns. 1995 hatte Kerkorian selber versucht, Chrysler aufzukaufen. Nach Angaben seiner Anwälte ist dies das erste Mal, dass er Klage gegen ein Unternehmen erhebt.
Terry Christensen, ein Anwalt von Kerkorian, sagte: „Seit der Fusion von DaimlerChrysler im November 1998 ist der Wert des Aktienanteils von Tracinda an den zusammengeschlossenen Unternehmen um über die Hälfte gefallen. Dieser massive Rückgang beim Shareholder value fiel mit zwei Ereignissen zusammen: der Degradierung von Chrysler durch Schrempp und der Entlassung von langjährigen Führungskräften bei Chrysler, was zu einer Demoralisierung bei den Angestellten und Händlern des Unternehmens in ganz Nordamerika geführt hat.“ Bei Tracinda, dem drittgrößten Anteilseigner von DaimlerChrysler, hieß es, das Unternehmen hätte den Deal nicht unterstützt, wenn man gewusst hätte, dass Chrysler eine Konzerntochter würde.
DaimlerChrysler schloss gestern bei 47,60 € (??) und damit fast 50 Prozent unter dem Höchststand nach der Fusion. Die beiden größten Aktionäre des Konzerns, die Deutsche Bank und das Kuwait Investment Office, waren nicht zu einer Stellungnahme zu haben.