*Kopfschüttel*...
SPIEGEL ONLINE - 05. Februar 2007, 15:00 URL: http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,464374,00.html FANKRAWALLE IN ITALIEN"Tote gehören zur Welt des Fußballs"Von Michael Braun, Rom Die Gewalt im italienischen Fußball spaltet Politik und Sport. Innenminister Giuliano Amato will die Polizei aus den Stadien abziehen. Liga-Chef Antonio Matarrese ist indes für die Fortsetzung der "Show". Von einer Rückkehr zur Normalität ist der italienische Fußball weit enfernt. Der Sarg war mit der italienischen Fahne bedeckt, und Tausende Menschen applaudierten minutenlang, als sechs Polizisten ihren toten Kollegen heute Mittag in die barocke Kathedrale von Catania trugen. Die Familie, Polizisten, Bürger, Fans waren zusammengekommen, um der Beerdigung des Polizisten Filippo Raciti beizuwohnen, der am Freitagabend durch Hooligans vor dem Stadion der sizilianischen Stadt tödlich verletzt worden war. Begräbnis des Polizisten Faciti: Robuste Maßnahmen ergreifen Einen Trauertag der Stadt hat Catanias Bürgermeister für heute angeordnet, aber die Präsenz des Innenministers Giuliano Amato, der Sportministerin Giovanna Melandri, der wichtigsten Sportfunktionäre, unterstrich genauso wie die Live-Übertragung der Totenmesse im Fernsehen, dass die Tragödie vom Freitag weiter das ganze Land bewegt. In allen Zeitungen, auf allen TV-Kanälen, an den Tresen aller Bars beschäftigt die Italiener seit Freitag die Frage, wie es so weit kommen konnte mit der "schönsten Liga der Welt". Einen durch Hooligans getöteten Polizisten hat es in der Tat noch nie in der italienischen Fußballgeschichte gegeben - wohl aber zahlreiche tote Fans. In den vergangenen 45 Jahren kamen immerhin 20 Personen am Rand von Fußballspielen gewaltsam zu Tode. Die Verletzten dagegen hat niemand gezählt; Gewalt ist bis heute der ständige Begleiter vieler Spiele auch in den beiden obersten Spielklassen. Eigentlich waren die Bilder, die da am Freitagabend aus Catania kamen, denn auch gar nichts besonderes. Erst hatten die Catania-Ultras zu Beginn der zweiten Halbzeit den Block der Palermo-Fans zu stürmen versucht. Das Vorhaben wurde durch einen massiven Polizeieinsatz blockiert; Tränengasschwaden nebelten das Stadion ein, und die Partie musste zeitweilig unterbrochen werden, wurde dann aber wieder aufgenommen, auf Anordnung der Polizei, die bei einem Spielabbruch noch größere Ausschreitungen befürchtete. Derweil war ein Großteil der Hooligans vor das Stadion gezogen und lieferte sich dort eine Schlacht mit der Polizei. Neben Waschbecken und Straßenschildern wurden auch Sprengkörper auf die Polizisten geschleudert. Nach der Autopsie des getöteten Polizisten steht mittlerweile fest, dass der 38-jährige Beamte jedoch nicht, wie ursprünglich vermutet, durch einen Sprengsatz umgekommen ist. Filippo Raciti verblutete innerlich, da er durch einen schweren Stein oder durch einen Hieb, beispielsweise mit einer Eisenstange, einen Leberriss erlitten hatte. In Catania sind jetzt harte Zeiten für die Fans angebrochen, etwa 30 sitzen in Haft, unter ihnen nicht nur Jugendliche aus den armen Vorstädten, sondern auch zwei Arztsöhne und der Spross eines Polizeibeamten. Keinem der bisher Festgesetzten wird jedoch die Beteiligung an der tödlichen Attacke auf Filippa Raciti vorgeworfen. Ob die demonstrative Geschäftigkeit der Fahnder Resultate zeigen wird, steht in den Sternen, und genauso zweifelhaft ist, ob Italiens Fußball wirklich jene Wende hinbekommt, die noch am Wochenende einhellig beschworen wurde. Niemand hatte etwas auszusetzen an dem generellen Spielstopp in allen Fußballligen von der "Serie A" bis hinunter zur letzten Kreismeisterschaft, den der kommissarische Präsident des Fußballverbands FIGC, Luca Pancalli, verhängt hatte. Doch schon am Sonntagabend war es mit der Solidarität und der geschlossenen Front gegen die Gewalt in den Stadien vorbei. Auf der einen Seite steht die Regierung unter Ministerpräsident Romano Prodi. Der hatte gleich nach dem Tod Racitis erklärt, der Staat werde jetzt "robuste Maßnahmen" ergreifen, und sein Innenminister Giuliano Amato hatte nachgelegt, "nie mehr" werde er seine Polizisten zum Einsatz in den Stadien schicken, wenn die Sicherheit der Anlagen nicht drastisch verbessert und das Hooligan-Problem nicht konsequent gelöst werde. Amato machte in den letzten Tagen auch deutlich, welche Lösung ihm vorschwebt: Er will die Verlängerung des Spielstopps auch aufs nächste Wochenende, und dann soll der Spielbetrieb vor Publikum nur in jenen Stadien wieder aufgenommen werden, die als sicher gelten können - das wären Rom, Mailand und Turin. Der Rest der Clubs soll zur Not vor leeren Rängen oder vor einem auf maximal 10.000 Zuschauer beschränkten Publikum spielen. Fußballverbands-Kommissar Luca Pancalli trägt diese Lösung mit, die Präsidenten der Erst- und Zweitliga-Clubs dagegen ergriff schiere Panik. Ihr Sprecher, der Liga-Ausschuss-Vorsitzende Antonio Matarrese erklärte, "Tote gehören nun einmal dazu zur Welt des Fußballs", und die Show müsse jetzt wieder weitergehen, am besten schon am nächsten Sonntag, selbstverständlich vor Publikum, schließlich sei der Fußball "einer der wichtigsten Industriezweige" des Landes - und es sei Sache des Staates, für die nötige Sicherheit zu sorgen. Die Regierung dagegen will jetzt endlich die Vereine in die Pflicht nehmen. Schließlich existiert schon eine Fülle von straf- und sportrechtlichen Normen, die es erlauben würden, das Hooligan-Problem zumindest drastisch einzudämmen - wenn sie denn angewendet würden. So ist es den Vereinen verboten, Ultra-Vereinigungen zum Beispiel mit Freikarten zu unterstützen - viele Clubs tun es trotzdem. Es ist streng untersagt, Feuerwerkskörper ins Stadion mitzubringen, und es ist den Schiedsrichtern vorgeschrieben, das Spiel zu unterbrechen, wenn Raketen abgeschossen werden - nie aber kam es zu einem Spielabbruch, obwohl die Böller-Feuerwerke Alltag in den Stadien sind. Und so schreibt ein Gesetz von 2005 strenge Sicherheitsnormen für die Stadien vor, die aber kaum ein Verein einhält. Von einer solchen schnellen Rückkehr zur "Normalität" will die Regierung diesmal nichts wissen. "Das Spielzeug ist kaputt, und man kann es nicht eben mal in sieben oder zehn Tagen kitten", erklärte Sportministerin Giovanna Melandri spitz. Heute Nachmittag treffen die Sportministerin und der Innenminister erneut den Chef des Fußballverbands Pancalli, um ihre harte Linie durchzusetzen. Der Liga-Ausschussvorsitzende Matarrese dagegen wurde nicht eingeladen. Q: http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,464374,00.html @MOD:
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Quelle: JP
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