Der Prozessauftakt gegen den ehemaligen TV-Moderator gestaltete sich zäh. Wegen zahlreicher Anträge konnte nur eine Zeugenaussage gehört werden. Die brachte aber bereits Überraschungen.
Der Angeklagte erschien im dunklen Anzug mit Krawatte, sein angebliches Opfer mit schützender Sonnenbrille. Zahlreiche Schaulustige hatten sich am Dienstag vor dem Frankfurter Landgericht versammelt, um einem der spektakulärsten Gerichtsverfahren des Jahres beizuwohnen: Dem Vergewaltigungsprozess gegen den TV-Moderator Andreas Türck. Doch der Beginn gestaltete sich äußerst zäh: Erst stellte die Verteidigung zahlreiche Anträge, die mehrere Stunden lang verlesen wurden, und als nach fast fünf Stunden endlich der erste Zeuge vernommen werden sollte, musste die Verhandlung gleich darauf unterbrochen werden - bereits zum vierten Mal.
Der Prozessauftakt gestaltete sich somit ähnlich ungewöhnlich wie der Prozessinhalt: Angeklagt ist ein ehemaliger TV-Star, der vor drei Jahren nachts auf einer Frankfurter Brücke eine damals 26-jährige Frau zum Oralverkehr gezwungen und ihren Kopf gegen das Brückengeländer geschlagen haben soll. Die Frau hatte dies einem Bekannten telefonisch berichtet, der in einem anderen Ermittlungsverfahren abgehört wurde. Was genau geschah, muss das Gericht klären.
Türck selbst macht in dem Prozess von seinem Schweigerecht Gebrauch und erklärte lediglich, er lege "Wert auf die Feststellung, dass ich unschuldig bin". Demnach soll der Oralverkehr einvernehmlich abgelaufen sein, ohne Gewaltanwendung Türcks. Dessen Verteidigung ist allerdings der Überzeugung, dass "die Sichtweise der Ermittlungsbeamten zu Lasten Andreas Türcks von Anfang an zementiert" war und dass sich dies auch auf das Gericht übertragen habe. Verteidigerin Susanne Wagner beantragte, die Richter auszutauschen, da von der 27. Strafkammer keine Unparteilichkeit zu erwarten sei.
"Unverzeihlich schlampige Ermittlungsarbeit" Gegen Gericht und Anklage fuhr die Verteidigung schweres Geschütz auf: Entweder sei "unverzeihlich schlampige Ermittlungsarbeit" geleistet worden, oder es gebe den "Verdacht der Unterdrückung von Beweismaterial", sagte Anwältin Wagner. Hauptargument der Verteidigung ist die Auswertung der abgehörten Telefonate, die zu den Ermittlungen gegen Türck führten. Diese Telefonate und SMS seien nur im Hinblick auf das Verfahren gegen den Abgehörten ausgewertet worden, nicht aber in den Ermittlungen im Fall Türck. Staatsanwaltschaft und Richter wiesen allerdings darauf hin, dass die juristischen Bestimmungen genau dies auch vorschrieben. Da die Verteidigung zur Untermauerung ihrer zahlreichen Anträge aber immer wieder aus den Telefonprotokollen zitierte, wurden die Inhalte zahlreicher SMS der Nebenklägerin oder Freunden von ihr in den Tagen vor der angeblichen Vergewaltigung bekannt.
Demnach befand sich die junge Frau in einem schlechten körperlichen Zustand, es war die Rede davon, dass sie "20 Gramm platt gemacht" habe, was Türcks Verteidigung als Drogenkonsum interpretierte. Am Tag vor der Begegnung mit Türck sei sie depressiv gewesen und habe sich übergeben und Blut gespuckt, in einer SMS aus der Tatnacht selbst soll es heißen, sie sei "voll". Dass diese Abhörergebnisse nicht Eingang in die Ermittlungen gegen Türck fanden und der Antrag auf Einholen eines Gutachtens zum Blutalkohol der jungen Frau vom Gericht im Zwischenverfahren abgelehnt wurde, sieht die Verteidigung als Beweis für eine Voreingenommenheit der Richter.
Erste Vernehmung nach fünf Stunden Nach knapp fünf Stunden konnte dann endlich der erste Zeuge vernommen werden: Der Freund Türcks, mit dem er in der fraglichen Nacht unterwegs war und der Zeuge des Oralverkehrs war. Doch die Vernehmung begann gleich wieder mit zwei Überraschungen: Der 37-Jährige erklärte zunächst, er sei seit zwei Jahren nicht mehr mit Türck befreundet, da sie "die gleichen Interessen bei einer Frau" gehabt hätten. Sodann erfuhren der erstaunte Zeuge und die Richter, dass die Staatsanwaltschaft inzwischen ein Verfahren wegen versuchter Strafvereitelung gegen ihn eingeleitet habe. Der Zeuge entschloss sich nach einer weiteren Unterbrechung aber auszusagen. Nach seiner Aussage überraschte ihn der von ihm beobachtete Oralsex, er habe aber keine Anzeichen von Gewaltanwendung merken können. Danach habe die junge Frau ihre Freundin sinngemäß gefragt "Möchtest du mal Andreas Türck schmecken?" und habe ihr einen Zungenkuss gegeben. Welche Überraschungen der Prozess noch bereithält, bleibt abzuwarten. Mirjam Mohr/AP
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