06/08/09
Offshore-Windparks liegen im Trend: In den letzten Monaten wurden so viele neue Offshore-Projekte in der Nord- und Ostsee angekündigt, dass man sich langsam fragt, wie viele Offshore-Anlagen dort überhaupt noch Platz finden. Stromtipp.de hat bei dem Marktforschungsunternehmen trend:research nachgefragt, das kürzlich die Studie „Offshore-Wind 2010 bis 2030 - Projekte, Probleme, Potenziale“ veröffentlicht hat.
Stromtipp.de: Die Offshore-Windanlagen sind teurer und technisch schwieriger als die Onshore-Varianten. Warum zieht es die Energieversorger auf das Meer?
trend:research: Die Errichtung von Windenergieanlagen auf See bietet gegenüber Onshore-Windenergieanlagen (WEA) eine Reihe von Vorteilen. Auf See können Windenergieanlagen höhere und konstantere Winderträge erzielen als an Land. Auch gibt es dort keine Höhenbegrenzungen, dadurch können größere und leistungsfähigere Anlagen gebaut werden. Oft werden Windparks als „Verschandelung des Landschaftsbildes“ betrachtet. Offshore-WEA gelangen jedoch aufgrund der hohen Küstenentfernung oft gar nicht ins Blickfeld des Betrachters. Daher haben sie bei der Bevölkerung eine höhere Akzeptanz.
Stromtipp.de: Was sind für Sie die größten Schwierigkeiten bei dem Bau eines Offshore-Windparks (technisch, logistisch…)?
trend:research: Bisher gibt es immer wieder Verzögerungen beim Baubeginn von Offshore-Windparks. Das hat viele Gründe. Derzeit wirken sich jedoch besonders die Folgen der Finanz- und Wirtschaftkrise auf den Bau von Offshore-Windparks aus. Hier haben die beteiligten Firmen mit Finanzierungsengpässen zu kämpfen. Auch die Bereitstellung der Netzanbindungen verzögert sich zum Teil, da die Netzbetreiber weitreichende Anforderungen an die Projektinitiatoren stellen (z.B. gesicherte Finanzierung, vorhandene Lieferverträge für Anlagen). Technische Schwierigkeiten sind zum Beispiel der Bau von Anlagen in Wassertiefen von bis zu 40 Metern. Hier stellt die Gründung, also die Verankerung im Boden, eine Herausforderung dar.
Stromtipp.de: Kaum eine Woche vergeht, ohne dass ein neuer Offshore-Windpark in der Diskussion ist. Sind bald alle guten Plätze in Deutschland vergeben?
trend:research: Bislang wurden 21 Offshore-Windparks in der deutschen "Ausschließlichen Wirtschaftszone" von Nord- und Ostsee genehmigt. Darüber hinaus befindet sich eine große Zahl von Projekten im Genehmigungsverfahren. Die Erfolgsaussichten für diese Verfahren fallen im Einzelfall unterschiedlich aus. Würden jedoch die derzeit geplanten Projekte vollständig genehmigt werden, wäre tatsächlich das Angebot an geeigneten Flächen bereits weitgehend erschöpft.
Stromtipp.de: Natürlich werden alle Windparks mit der heutigen Technik erbaut. Stehen wir dann in zehn Jahren vor einem massiven Repowering, also der Modernisierung, alter Anlagen?
trend:research: Die derzeit geplanten Offshore-Windparks werden für eine Lebensdauer von mindestens zwei Jahrzehnten errichtet. Ein vorzeitiges Repowering bereits nach 10 Jahren ist insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Investitionskosten als unwahrscheinlich zu beurteilen. Eine Ausnahme bilden die Windparks, die zukünftig aus Anlagen mit einer Nennleistung von 3,6 MW bestehen werden. In diesen Fällen lassen sich durch ein Repowering vor Ablauf der geplanten Lebensdauer (Ersatz durch Anlagen mit einer Leistung von 5 MW oder mehr) deutliche Leistungszuwächse erzielen. Dadurch kann ein „vorzeitiges“ Repowering hier sinnvoll sein.
Stromtipp.de: Die großen Energieversorger Deutschlands springen jetzt auf den Zug auf. Haben Sie die Ressourcen, um die nötige Infrastruktur wie die Stromnetze passend bereitzustellen?
trend:research: Die Bereitstellung der benötigten Infrastruktur an Land (insbesondere der Ausbau der Übertragungsnetze) hängt weniger von den vorhandenen Ressourcen, als von der Geschwindigkeit der erforderlichen Genehmigungsverfahren ab. Entscheidend wird in diesem Zusammenhang sein, ob das Energieleitungsausbaugesetz tatsächlich dazu führt, dass die Planungs- und Genehmigungsphase von Netzausbauprojekten deutlich verkürzt wird.
Stromtipp.de: Wie schätzen Sie die Wettbewerbsfähigkeit des Offshore erzeugten Stroms in Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien, wie beispielsweise Solarstrom, ein?
trend:research: Inwieweit die Stromerzeugung aus Offshore-Windenergie langfristig wettbewerbsfähig sein kann, wird davon abhängen, ob es gelingt, die derzeit noch sehr hohen Investitions- und Betriebskosten in den kommenden Jahren spürbar zu senken. Im internationalen Vergleich wird die Offshore-Windenergie in Deutschland kostenintensiv bleiben, so lange die Errichtung von Windparks innerhalb der 12-Seemeilen-Zone die Ausnahme bleibt und die Projektinitiatoren gezwungen sind, ihre Anlagen in küstenfernen Gewässern zu errichten.
Stromtipp.de: Beeinflussen die zahlreichen Windparks Ihrer Meinung nach die Planung für konventionelle Kraftwerke in Deutschland? Immerhin müssten diese über 30 Jahren laufen, um sich zu rentieren.
trend:research: Die Entwicklung der Offshore-Windenergieanlagen beeinflusst die Planung konventioneller Kraftwerke in der Hinsicht, dass bei den künftigen Betreibern die Frage diskutiert wird und wurde, inwieweit die Einspeisung des Stroms aus Offshore-Windenergie zu einer zeitweiligen vollständigen Auslastung des Netzes und damit zu einer erzwungenen Drosselung / Herunterfahren konventioneller Kraftwerksanlagen führt (aufgrund der vorrangigen Einspeisung des Stroms aus Offshore-Windenergieanlagen).
Offensichtlich, dies zeigen die zahlreichen geplanten Neubauten an (Kohle-)Kraftwerken an der deutschen Nord- und Ostseeküste, sind die Energieerzeuger in der Abwägung der Vorteile (Belieferung mit Steinkohle seeseitig, vergleichsweise günstiger Brennstoff mit weltweit verfügbaren Reserven, Tauglichkeit als Grundlastkraftwerke,...) gegenüber den Nachteilen (schwierige politische Kommunizierbarkeit, Gefahr der Lasteinschränkung durch Offshore-Windenergieanlagen) zu der Einschätzung gekommen, dass sich die Investitionen in konventionelle Kraftwerke langfristig lohnen werden. Hierzu tragen unter anderem die Bemühungen der Netzbetreiber zum Ausbau der Übertragungsnetze sowie die Aussicht bei, dass mittel- und langfristig die Erneuerbaren Energien an den Markt herangeführt werden sollen und dann gegebenenfalls die derzeitige Konstruktion der vorrangigen Einspeisung abgeändert werden könnte.
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