http://www.biogas-nord.com/...&tx_ttnews[backPid]=10&cHash=543ee57d8eQuelle: Dow Jones Marktreport Agrar vom 06.Juni 2008
Dow Jones Interview mit Gerrit Holz zur aktuellen Lage auf dem BiogasmarktBioenergie steht derzeit in der Kritik vor allem vor dem Hintergrund der weltweit steigenden Nahrungsmittelpreise. Ist der Boom möglicherweise schon zu Ende, bevor er richtig begonnen hat?
Gerrit Holz: Bei dieser Diskussion wird Biogas häufig mit anderen Bioenergien in einen Topf geworfen und damit unrecht getan. Zwar werden zur Produktion von Biogas häufig nachwachsende Rohstoffe eingesetzt, die auch als Nahrungsmittel genutzt werden könnten, doch vielfach dienen auch Wirtschaftsdünger, Gras sowie Abfallstoffe aus der Industrie und Speisereste als Rohstoffe. Daher steht die Biogasproduktion nur wenig in Konkurrenz zur Erzeugung von Nahrungsmitteln.
Welchen Anteil messen Sie Biogas denn an den steigenden Nahrungsmittelpreisen bei?
Holz: Nach Berechnungen des Fachverbandes Biogas wurde zuletzt in Deutschland auf knapp 240.000 ha Mais für Biogasanlagen angebaut. Das entspricht lediglich 2% der gesamten deutschen Ackerfläche und 1,4% der landwirtschaftlichen Nutzfläche hierzulande. Bei diesen Zahlen kann niemand ernsthaft von einer Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion sprechen. Seit Jahren liegt der Flächenverbrauch in Deutschland durch Versiegelung und Überbauung bei Größenordnungen um 100 ha pro Tag. Die aktuelle Anbaufläche für Biogasanlagen, die den genannten Umfang in den vergangenen sieben Jahren erreicht hat, wird demnach alle fünf Jahre bebaut. Also verbraucht die Biogasproduktion letztlich weniger Fläche als die Bautätigkeit.
Wird das auch von Seiten der Politik so gesehen? Bei den derzeitigen Diskussionen könnte man durchaus einen gegenteiligen Eindruck bekommen...
Holz: In diesen Auseinandersetzungen fehlt leider häufig eine adäquate Differenzierung zwischen den einzelnen biogenen Energien. Natürlich gibt es auch Kritik aus den Reihen der Landwirte, die darüber klagen, dass der Anbau für Biogas- oder Bioethanolanlagen zu Kostendruck bei der Tierfutterherstellung führt. Dies ist vor allem regional der Fall.
Die Politik verändert derzeit die Rahmenbedingungen für Biogas in Form der geplanten EEG-Novelle und der bereits novellierten GasnetzzugangsVO. Werden diese neuen Regelungen den Biogasmarkt voranbringen?
Holz: Im Zuge der EEG-Novellierung wurde eine leichte Erhöhung verschiedener Boni angekündigt. Sollte sich dies bestätigen, wird das auf jeden Fall zu einer Entspannung der derzeitigen Situation führen. Es ist wichtig, dass die Rahmenbedingungen fixiert und verlässlich sind. Erst dann werden viele Biogasprojekte wieder wirtschaftlich. Viele potenzielle Kunden, insbesondere Landwirte und Investoren, haben durch die langwierige Diskussion über die Gesetzesnovelle ihre Investitionen zurückgehalten. Dies hat der gesamten Branche erheblich geschadet. Nun müssen wir noch abwarten, welche Regelungen sich im Einzelnen verändern und wie dies sich auf die jeweiligen Biogasanlagengrößen wirtschaftlich auswirkt. Auf jeden Fall erwarten wir im zweiten Halbjahr einen deutlichen Nachfrageschub.
Fakt ist aber auch, dass sich Maissilage als wesentlicher Rohstoff für Biogasanlagen in den letzen 2 Jahren um rund 80% verteuert hat. Für den normalen Anlagenbetreiber, der rund 35% bis 50% seines Umsatzes für den Einkauf der Einsatzstoffe aufwenden muss, ist das nicht mehr finanzierbar.
Erwarten Sie sich konkret für Ihr Unternehmen Vorteile von den künftigen gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland?
Holz: Auf jeden Fall. Wenn, wie vorgesehen, Kleinanlagen bis 150 KW gefördert werden sollen, dann können wir für diesen Bereich die passenden Angebote machen. Aber auch größere Anlagen mit einer Aufbereitungstechnologie für die anschließende Gas-Direkteinspeisung haben wir in unserem Portfolio.
Wie wird sich dies in den Geschäftszahlen von BIOGAS NORD niederschlagen?
Holz: Für BIOGAS NORD wird 2008 insgesamt ein Jahr der Konsolidierung werden. Dabei gehen wir davon aus, dass sich für uns ab der Jahresmitte die Lage deutlich entspannen dürfte. 2009 wollen wir dann wieder wachsen und in die Gewinnzone zurückkehren.
Allerdings rechnen wir nur noch mit einem geringeren Wachstum auf dem deutschen Markt. Den größeren Teil unseres Wachstums erwarten wir zukünftig im Ausland. Dort haben wir bereits eigene Niederlassungen gegründet, die auch schon die ersten Aufträge vorweisen können. Mit der Abwicklung dieser Projekte werden wir Mitte dieses Jahres beginnen. In den kommenden Jahren stehen dann weitere Biogasprojekte an. Insofern wird sich unser Wachstum vom deutschen Markt abkoppeln.
Warum treiben Sie Ihre Internationalisierung so voran?
Holz: Sehr viele europäische Länder haben unterdessen eine EEG-adäquate Gesetzgebung geschaffen, die in vielen Fällen bessere Vergütungssätze vorsieht als in Deutschland. Häufig sind die Rahmenbedingungen insgesamt auch übersichtlicher und einfacher als hierzulande. Zudem treffen wir mit unserer Technologie, die wir in Deutschland entwickelt haben, genau die Bedürfnisse in diesen Ländern. Dabei handelt es sich in den seltensten Fällen um reine NaWaRo-Anlagen. Vielmehr werden im Ausland meist Anlagen nachgefragt, die für landwirtschaftliche Reststoffe, aber auch große Mengen an Kofermenten vorgesehen sind, die bislang dort noch selten zum Einsatz kommen.
Dann sind Ihre langfristigen Perspektiven auf ausländischen Biogasmärkten besser als auf dem heimischen?
Holz: Ja. In Deutschland ist der Markt mit knapp 4.000 installierten Biogasanlagen bereits gut abgedeckt. In den meisten europäischen Ländern sind jetzt EEG-ähnliche Vergütungsregelungen geschaffen worden, aber die Anzahl der realisierten Biogasprojekte ist noch sehr gering. Da bieten sich noch vielfältige Wachstumsmöglichkeiten.
Welches sind Ihre Hauptzielmärkte und wie gehen Sie vor, um diese erfolgreich zu betreten?
Holz: Wir orientieren uns vor allem in Richtung Spanien, Italien, Großbritannien und Frankreich. Dort verfügen wir bereits über eigene Tochtergesellschaften. Aber auch Polen liegt in unserem Blickfeld. Grundsätzlich richten wir unsere Angebote und Projekte immer an den jeweils landesüblichen Gegebenheiten aus, sowohl was die Einsatzstoffe als auch die Vergütungen betrifft. Auf fast allen Märkten sind im Moment Biogasanlagen zur Nutzung von Wirtschaftsdünger und Kofermenten sehr wirtschaftlich. Dabei werden wir das Know How und die Schlüsseltechnologie aus Deutschland exportieren, Basisleistungen und Baumaterialen werden wir vor Ort einkaufen. Wichtig ist, die Technologie an die landeseigene Gesetzgebung, Vergütungsstruktur und natürlich den Bedürfnissen der lokalen Betreiber anzupassen.
Inwieweit wird Ihr Geschäft insgesamt durch die steigenden Rohstoffpreise beeinflusst?
Holz: Im Ausland sind wir von dem Thema steigende Rohstoffpreise noch nicht so betroffen, da wir dort die ‚normalen' Biogasanlagen auf der Basis von Wirtschaftsdünger (Gülle) und Abfällen bauen. In Europa ist dieser Anlagentyp schon bei Stromvergütungstarifen ab 14 ct/kWh wirtschaftlich. Außerhalb Europas lässt sich ohne hohe Stromeinspeisetarife nur auf der Basis von landwirtschaftlichen Reststoffen oder bezahlten Reststoffen wirtschaftlich Biogas erzeugen. Durch die gestiegenen Erdölpreise ist dabei die Direktnutzung von Biogas zur Prozesswärmeerzeugung heutzutage häufig die wirtschaftlichste Möglichkeit.
Leider wird in Deutschland immer noch überwiegend über NaWaRo-Biogasanlagen nachgedacht. Daher ist eine gewisse Abhängigkeit von den Rohstoffpreisen weiterhin gegeben.
Welche Agrarrohstoffe verwenden Sie?
Holz: Das kommt immer auf unsere Kunden an. Bei den NaWaRo-Anlagen sind es meist die Feldfrüchte mit dem größten Flächenertrag, vor allem Mais. Darüber hinaus kommen Zwischenfrüchte, Silagen und Gras zum Einsatz. Im Ausland ist es vor allem Wirtschaftdünger wie Gülle und Festmist.
Inwieweit wirkt sich der zunehmende Einfluss der Finanzanleger auf die Rohstoffmärkte auf die Entwicklung des Biogasmarktes aus?
Holz: Der Einfluss dieser Anleger ist sicher gegeben. Allerdings halte ich ihn bei Getreide und NaWaRos für nicht so groß. Vielmehr nimmt grundsätzlich die Konkurrenz im Bereich der Nahrungsmittelproduktion zu. Dieser Trend wird im Zuge der Globalisierung noch weiter verschärft. Daher sind die Finanzinvestoren sicherlich nicht die alleinigen Auslöser der weltweiten Preissteigerungen bei Agrarrohstoffen. Auch die erhöhte Nachfrage durch das Bevölkerungswachstum, sich verändernde Ernährungsgewohnheiten sowie erste Einflüsse des Klimawandels auf die Ernteerträge tragen stark dazu bei.
International deutlich zunehmend ist dagegen das Interesse an Investitionen in den Bau und Betrieb von Biogasanlagen, da hierin eine Schlüsseltechnologie für die zukünftige dezentrale und gleichermaßen globale Energieversorgung gesehen wird.