Gaps und andere Wahrscheinlichkeitenvon Jochen Steffens Das Thema mit den Ausfällen bei den Broker zieht immer größere Kreise. Die Süddeutsche wollte von mir wissen, mit welchem Problemen sich Anleger konfrontiert sehen, wenn die Börse mal eben ein paar Prozent abtaucht. Sie hat das Thema aufgrund der Brisanz aufgegriffen und einen Artikel in der heutigen Freitagsausgabe dazu gebracht (S. 30 „Lehren aus den Chaostagen“), indem auch die Umfrage im Investor's Daily erwähnt wird. Sie sehen, Ihre vielen Mails haben etwas bewirkt. Die Aktion hat Spuren hinterlassen – ich denke, die Broker werden alles tun, damit es nicht noch einmal zu derart negativen Schlagzeilen kommt. Wie geht es im Dax weiter?Da ich diese Woche fast nur über fundamentale Aspekte geschrieben habe, heute etwas über Charttechnik: Die wichtige Frage im Moment ist folgende: Ist das, was wir gerade im Dax erleben nur eine technische Gegenbewegung? Dann würden wir noch eine zweite, dynamische Abwärtsbewegung sehen. In diesem Fall hätte die aktuelle Konsolidierung tatsächlich eine Ähnlichkeit mit der im Mai 2006. Oder aber, war es das schon mit „Konsolidierung“? Dann werden wir neue Hochs sehen, es könnte dann durchaus dynamisch über die 7200 Punkte, meinem alten Kursziel, gehen. Dazu der Dax-Chart: Normalerweise, oder besser „idealerweise“, macht die Korrekturbewegung 50 % der vorherigen Bewegung wieder gut. Sie sehen, an dieser Marke ist der Dax auch erst einmal abgeprallt. In diesem Fall hat aber der Dax in seiner Abwärtsbewegung ein großes Gap (blau) bei 6770 / 6815 Punkten gerissen (Gaps sind „Kurslücken“ im Chartverlauf). Dieses wird meines Erachtens geschlossen werden, schließlich neigen Charts dazu, solche Kurslücken zu schließen - die Frage ist nur: Wann? Interessanterweise liegt das 61,8er Retracement genau im oberen Bereich dieser Kurslücke. In diesem Fall müssen wir also damit rechnen, dass die Gegenbewegung sogar einen Schritt weiter geht und das 61,8er Retracement erreicht, nur um dort das Gap zuzumachen. Ärgerliche KonstellationDiese seltsame Konstellation ist etwas ärgerlich. Denn sie erschwert die Prognosen. Normalerweise steigt die Wahrscheinlichkeit für ein Ende der Konsolidierung dann, wenn die 50 % Marke (6770 Punkte) nachhaltig überwunden wird. In diesem Fall muss jedoch dazu erst dieses Gap (blau) und damit das 61,8er Retracement überwunden werden! Und bis dahin bleibt chartechnisch gesehen alles offen - leider. Aber es gibt auch etwas Positives: Wird das obere Ende dieser Kurslücke (6815 Punkte) nachhaltig überwunden, dann ist es fast sicher, dass auch noch das Gap (rot) ganz oben bei 6990 bis 7017 Punkten geschlossen wird. Ein Lehrbuchbeispiel:Diese Gaps bei der Abwärtsbewegung im Dax sind lehrbuchmäßig. Aus diesem Grund einen kleinen Exkurs in die Welt der Kurslücken: Das Ausbruchsgap Als erstes ist das Ausbruchsgap (hier rot) zu nennen, das Gap, welches die dynamische Bewegung startet. Die Kurse brechen aus der vorherigen Bewegung (hier die Aufwärtsbewegung) in eine andere Richtung aus, deswegen der Name. Das Fortsetzungsgap Meistens folgt dann im Bereich der Mitte des Trend ein so genanntes Fortsetzungsgap (hier blau), welches die Bewegung insoweit erst einmal bestätigt. Wie der Name schon sagt, zeigt dieses Gap an, dass sich die Bewegung noch fortsetzen wird. Das Erschöpfungsgap Zum Schluss folgt dann das so genannte Erschöpfungsgap (hier grün). Das wird so genannt, weil die Bewegung sich mit diesem Gap erschöpft und es entweder zu einer kurzen Erholung oder sogar zu einer Trendumkehr kommt. Eine gute TradinggelegenheitFür die Gegenbewegung gilt dann: Grundsätzlich ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass nach einer starken Bewegung zumindest das Erschöpfungsgap geschlossen wird. Auch noch sehr hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Fortsetzungsgap geschlossen wird. Das einzige Gap, welches nicht unbedingt geschlossen werden muss, ist das Ausbruchsgap. Diese drei Gaps tauchen immer wieder in starken Trendbewegungen auf. Gerade mit dem Erschöpfungsgap und der anschließend startenden Gegenbewegung lassen sich im sehr kurzfristigen Bereich einige gute Tradinggewinne erzielen. Ich wünsche Ihnen ein geruhsames Wochenende Viele Grüße Ihr Jochen Steffens P.S. Gestern erhielt ich noch den Kommentar der ING-Diba, die Sie ebenfalls im Zusammenhang mit Ausfällen bei den Brokern häufiger genannt hatten. Ich gebe diesen ebenso kommentarlos wieder, wie die Kommentare der anderen Broker: „Sehr geehrter Herr Steffens, die ING-DiBa hat ihr Ordersystem Ende 2006 verbessert, um die Kapazität (und damit die Zahl gleichzeitiger Zugriffe) zu erhöhen. Unsere Systeme waren während der Marktturbulenzen vergangene Woche voll verfügbar. Probleme bereitete lediglich vorübergehend das Handelssystem Xetra und die Börse München. Verantwortlich hierfür waren Routingprobleme seitens der Börse, die dazu führten, dass Orderaufträge teilweise zeitverzögert übermittelt wurden.
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