Preisexplosion läßt Gewinne der Konzerne ins Uferlose steigen. Quartalsumsatz der großen drei der Branche so hoch wie das Jahesprodukt eines Schwellenlandes Im deutschen Staatshaushalt klafft angeblich eine Lücke von 35 Milliarden Euro. Was für die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt offensichtlich ein ernstes Problem darstellt, wäre für die drei größten Ölkonzerne eine leichte Schieflage: 35 Milliarden Euro – das ist für Exxon, BP und Shell ein bißchen mehr als die Hälfte ihres erwarteten Gewinns in diesem Jahr. Kein Wirtschaftszweig hat 2005 mehr Profit geschaufelt als die Ölindustrie. Allein die Zahlen des abgelaufenen dritten Quartals sprechen Bände.
Exxon – die Nummer eins der Branche – vermeldete im Oktober das höchste je in den USA ausgewiesene Quartalsergebnis eines Konzerns. Knapp zehn Milliarden US-Dollar »verdiente« das Unternehmen, das als Haupterbin der berühmt-berüchtigten »sieben Schwestern« gilt, zwischen Juli und September. Jene sieben Konzerne, deren Macht angeblich zerschlagen worden sein soll, hatten in den 60er und 70 er Jahren die Weltölindustrie in beispielloser Weise dominiert. Heute erledigen Exxon, BP, Shell, Chevron Texaco und ConocoPhillips diesen Job, assistiert von ein paar weiteren Großkonzernen aus Frankreich oder Rußland.
Doch nicht nur der Quartalsprofit von Exxon zeugt von der ungeheuren wirtschaftlichen Macht der großen Ölkonzerne. Das in Texas ansässige Unternehmen setzte in einem einzigen Quartal 100,7 Milliarden US-Dollar um, soviel wie das Jahresbruttoinlandsprodukt eine Schwellenlandes wie beispielsweise Chile.
BP und Shell haben allerdings keinen Grund, sich hinter Exxon zu verstecken. Auch die Nummern zwei und drei der Weltliga sind auf dem besten Wege, 2005 zum Superprofitjahr für ihre Konzerne und Aktionäre zu machen. Die britische BP wies im dritten Quartal 6,46 Milliarden US-Dollar Gewinn aus, ihre britisch-niederländische Konkurrentin Shell neun Milliarden. Beide Konzerne konnten damit ihre ebenfalls rekordverdächtigen Vorjahresergebnisse deutlich überbieten.
Ganz offensichtlich ist inzwischen, daß der enorme Anstieg des Ölpreises am Weltmarkt nicht unbedingt mit der Verknappung der Ressource oder höheren Aufwendungen zur Förderung zu tun hat. Die Preissteigerungen erwiesen sich auch 2005 in erster Linie als Instrument zur schamlosen Bereicherung derer, die am Ölhahn sitzen: und das sind neben arabischen Ölscheichs, russischen Magnaten und ein paar Regierungen vor allem die großen Mineralölkonzerne. In vielen Fördergebieten, vor allem beim Hauptöllieferanten Saudi-Arabien, belaufen sich die Förderkosten für ein Faß Öl auf deutlich unter einem US-Dollar. In Spitzenzeiten kostete das Faß (159 Liter) Erdöl 2005 jedoch über 70 US-Dollar. Selbst der inzwischen als Durchschnitt geltende Preis von 60 Dollar für 159 Liter Öl bedeutet im Vergleich zu 2004 eine Steigerung um 40 Prozent. Genau in diesen Dimensionen liegen auch die Profitsteigerungen der Konzerne.
Nun fragt sich, was die Profiteure alle mit soviel Geld anfangen? Die Konzerne schütten fette Dividenden aus und investieren in neue Fördergebiete. Die Staaten, wie z.B. Rußland oder Venezuela, bezahlen Schulden und legen Sozialprogramme auf. Auch bei Ölscheichs und Magnaten ist die Frage vordergründig leicht zu beantworten. Die einen bauen beispielsweise völlig sinnlose Millionärswohnparks und Luxushotels in die Küstenbrandung am Persischen Golf. Die anderen kaufen sich Jachten und Fußballklubs, hängen ihren Frauen Brillanten um den Hals und wissen vor lauter Reichtum nicht, was sie noch tun sollen.
Denn die größte Menge ihres aufgehäuften Geldes können jene Leute kaum noch sinnvoll investieren. Weltweit kursieren bei Zehntausenden Banken Billionensummen Geldes, die dadurch praktisch wertlos sind. Anderswo wird durch die seit mehreren Jahren laufende Umverteilung über hohe Öl- und damit Energiepreise, das Wirtschaftswachstum zum Teil empfindlich gebremst. Denn die Profiteure haben trotz gegenteiliger Bekundungen kaum Interesse, alternative Energien zu fördern, solange Dollar und Rubel rollen.
Auf eine Änderung dieser Entwicklung ist kaum zu hoffen, sieht man einmal von einer richtig fetten Weltwirtschaftskrise ab. Zwar könnten USA und EU der gnadenlosen Profitmacherei einen Riegel vorschieben, aber daran haben die Herrschenden in beiden Machtbereichen kein Interesse. Im Gegenteil. Je mehr wirtschaftliche Macht die Öl- und Energiebranche anhäuft, umso stärker wird ihr politischer Einfluß. Das wissen auch die Börsenmakler und Aktienzocker weltweit. Die goutieren diese Konstellation mit Aktienkursen der Ölkonzerne, die sich gewaschen haben. Keine andere Branche kann mit höheren Börsenwerten ihrer Spitzenunternehmen aufwarten, als die Ölmultis. Nicht einmal die ansonsten als besonders raffgierig geltenden Banken. So war Exxon 2004 405 Milliarden US-Dollar wert. Damit verwies die Ölfirma das als größtes Wirtschaftsunternehmen der Welt geltende Industrie- Finanz- und Medienkonglomerat General Electric (372 Milliarden US-Dollar) klar auf die Plätze. BP brachte es immerhin noch auf einen Börsenwert von 231, Shell auf 221 Milliarden Dollar. Klaus Fischer, 05.11.2005
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