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Wasserstoff Die Energie der Zukunft? Wasserstoff ist ein Gas, das Forscher schon seit langem begeistert. Seit den 1980er-Jahren laufen Versuche, aus Wasserstoff den Energieträger der Zukunft zu machen. Doch das flüchtige Gas macht auch Probleme. Hat Energie aus Wasserstoff eine Zukunft?
Stand: 17.10.2019 |Bildnachweis
Batteriezelle | Bild: BR Wasserstoff und Akkus: Ohne Speicher geht es nicht Nicht erst seit dem Dieselskandal suchen Wissenschaftler und Politiker nach neuen Wegen in der Energiewirtschaft. Außerdem gehen fossile Brennstoffe wie Erdöl, Erdgas und Kohle zur Neige. Wasserstoff könnte ein möglicher Ausweg sein. Allerdings steht Wasserstoff nicht einfach als Rohstoff zur Verfügung. Er muss erst gewonnen werden.
Wasserstoff als Beitrag zur Energiewende Wasserstoff ist interessant, weil er nahezu emissionsfrei ist. Allerdings braucht es viel Energie, um das Molekül H2 abzuspalten. Bis Ende 2019 will die Bundesregierung eine nationale Wasserstoffstrategie entwickeln. Es fehlt noch die nötige Infrastruktur für diese Technologie. Auch rechtliche Fragen zum Transport und zur Speicherung von Wasserstoff müssen noch geklärt werden.
"Letztlich hängt es von gesellschaftlicher Akzeptanz, technologischem Fortschritt und Wirtschaftlichkeit ab, wie sich Gaskraftwerke, Batterien, Wasserstoff und mögliche weitere Technologien einpendeln."
Thomas Fritz, Berater im Bereich Energieversorgung
Wasserstoff in der Raumfahrt Ohne Wasserstoff wäre ein Flug ins All undenkbar. Seit den 1960er-Jahren ist das Gas der Treibstoff der Raumfahrt. In den 1970er- und 1980er-Jahren begannen Forscher dann, mit Wasserstoff zu experimentieren und entwickelten die Idee von der "Wasserstoffwirtschaft". Sie hatte zum Ziel, Wasserstoff als Energieträger auszubauen, um damit unabhängig von den fossilen Energieträgern Kohle und Erdöl zu werden.
Strom speichern und transportieren Solar-Wasserstoffanlage im oberpfälzischen Neunburg vorm Wald | Bild: picture-alliance/dpa Solar-Wasserstoffanlage in der Oberpfalz
Die Vision ist, mit Sonnenkollektoren und Windrädern Strom zu gewinnen, der dann zur Produktion von Wasserstoff genutzt wird. Das Gas soll es ermöglichen, Energie zu speichern, zu transportieren und damit sowohl die Industrie wie auch die Verbraucher flächendeckend zu versorgen.
Fans wandeln sich zu Kritikern Von Anfang an hatte die Wasserstoffwirtschaft auch Kritiker - und nicht nur das: Im Laufe der Jahre wurde aus manch einem Fan auch ein Gegner. So war es zum Beispiel bei Ulf Bossel. Anfangs baute der gelernte Maschinenbau-Ingenieur aus Begeisterung eigene Brennstoffzellen, doch inzwischen hält er die Wasserstoffwirtschaft für keine gute Idee mehr, weil sie keine Energieprobleme löse.
"Wenn man dann analysiert, die ganzen Verluste rechnet, kommt man schnell zu dem Schluss, weshalb es die Wasserstoffwirtschaft in der Vergangenheit nicht gegeben hat, weshalb sie sich heute schwer tut und weshalb sie in Zukunft vermutlich nie kommen wird: Es ist im Grunde genommen ein riesiges Energie-Verlustspiel. Und wir haben keine Energie zu verlieren, sondern wir müssen sehen, dass wir die Energie, die wir gewinnen, sinnvoll nutzen."
Ulf Bossel, Schweizer Maschinenbau-Ingenieur und Brennstoff-Zellen Experte
Wasserstoff muss hergestellt werden Eine Brennstoffzelle mit integriertem Spannungswandler und Hybridspeicher zum Langzeitbetrieb eines Laptops. | Bild: picture-alliance/dpa Eine Brennstoffzelle für den Laptop kann mit Wasserstoff als Brennstoff betrieben werden.
Wasserstoff hat den Nachteil, dass er nur in gebundener Form vorkommt. Er ist ein Bestandteil des Wassers und fast aller organischen Verbindungen. Wasserstoff ist das häufigste chemische Element im Universium und ist deshalb reichlich vorhanden. Um Wasserstoff als Energieträger nutzen zu können, muss man das Gas aber erst aus Wasser oder Methan gewinnen. Das geschieht zum Beispiel durch Elektrolyse: Bei diesem Verfahren trennt man mit Strom Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff und fängt die aufsteigenden Gase auf.
Probleme bei der Wasserstoffgewinnung Trifft Wasserstoff auf Sauerstoff, kann eine explosive Mischung entstehen. Weitere Probleme sind, dass manche Techniken der Wasserstoffwirtschaft mit fossilen Energieträgern wie Erdgas arbeiten. Bei den Umwandlungsprozessen kann Kohlendioxid entstehen. So wird aus einem umweltfreundlichen Rohstoff ein wenig ökologisches Endprodukt.
Wo Wasserstoff zum Einsatz kommt Luft-, Raumfahrt Auto I: Wasserstoffautos Auto II: Elektroautos Heizung Kraftwerk Luft-, Raumfahrt Luftschiff in Feuerball | Bild: picture-alliance/dpa Zeppeline werden mit Wasserstoff angetrieben.
Wasserstoff treibt nicht nur Raumfähren an, sondern zum Beispiel auch Zeppeline. Seit dem Absturz des Luftschiffs Hindenburg im Jahr 1937 ist Wasserstoff vielen aufgrund seiner chemischen Reaktionsfreudigkeit nicht mehr geheuer. Doch ohne diese Reaktionsfreudigkeit wäre Wasserstoff nutzlos: Er könnte nicht mit Hilfe einer Brennstoffzelle in Strom und Wärme umgewandelt werden. Doch nur mit diesen kleinen Kraftwerken ist ein geschlossener Wasserkreislauf möglich, bei dem keine schädlichen Abgase entstehen.
Strom- statt Wasserstoffwirtschaft? Strommast und Windrad vor orangem Himmel. Ist Strom besser als Wasserkraft? | Bild: picture-alliance/dpa Alternative Energien sollten direkt ins Stromnetz eingespeist werden. Bei der Wasserstoffherstellung geht viel Energie verloren.
Energieexperten wie Ulf Bossel sehen in der Wasserstoffwirtschaft einen Umweg. Sie schlagen aufgrund der hohen Energieverluste bei der Herstellung von Wasserstoff vor, besser gleich auf Strom zu setzen. Würde das Stromnetz ausgebaut und Autos sowie Elektrogeräte mit Batterien ausgestattet werden, könnte mehr Energie direkt ins Stromnetz eingespeichert und Stromschwankungen ausgeglichen werden.
Wasserstoff in der Automobilbranche Erdöl, Erdgas, Kohle die fossilen Brennstoffe gehen zur Neige. Spätestens mit der Ölkrise begann die Suche nach Alternativen. Ende der 70er-Jahre wurde eine Vision geboren: Die Wasserstoffwirtschaft. Wasserstoff galt als DIE Lösung aller Energieprobleme. | Bild: BR/Daimler AG In Deutschland gibt es rund 100 öffentliche Wasserstofftankstellen.
Als Energieträger scheint Wasserstoff also am ehesten in der Automobilindustrie eine Zukunft zu haben. Allerdings ist das Tankstellen-Netz für Wasserstoffautos in Deutschland noch nicht ausgebaut. Im Vergleich zu konventionellen Elektroautos führen die Brennstoffzellen-Pkw noch einen Dornröschenschlaf. Der Verkehrssektor hat heute einen Anteil von 30 Prozent am Endenergieverbrauch und basiert noch zu 95 Prozent auf fossilen Energieträgern. Ein konsequentes Umdenken in der Mobilität wird in Zeiten der Erderwärmung immer drängender.
Wasserstoff bei der Stahlherstellung Stahlwerk Thüringen. Kann die Stahlwirtschaft vom Wasserstoff profitieren? | Bild: picture-alliance/dpa Wasserstoff könnte die Stahlherstellung umweltverträglicher machen.
Großes Potenzial bietet die Verwendung von Wasserstoff in der Stahlherstellung. Damit ließen sich laut Deutscher Energie-Agentur rund 95 Prozent der CO2-Emissionen gegenüber der konventionellen Hochofenmethode einsparen. Um den Bedarf an grünem Wasserstoff zu decken, wird Deutschland auf Importe aus dem Ausland angewiesen sein. Fündig werden könnte Deutschland zum Beispiel in den Niederlanden, die sich als Wasserstoffexporteure auf dem Weltmarkt etablieren wollen.
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