Christlicher Fundamentalismus
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eröffnet am: | 20.09.06 09:16 von: | Happy End | Anzahl Beiträge: | 71 |
neuester Beitrag: | 19.04.12 16:28 von: | Sektionschef. | Leser gesamt: | 8185 |
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Wenn ich die Exegese mal versuchen darf: Warum sagt ihr denn immer "Das passt schon, es könnt noch schlimmer sein, wie zum Beispiel bei den fundamentalistischen Kameltreibern!" statt "Hey, da läuft bei uns was nicht richtig, wir sollten aufpassen, dass das nicht aus dem Ruder läuft wie bei den fundamentalistischen Kameltreibern!" Darum ging es dem fischenden Zimmermann, wenn ich inner Kirche gut aufgepasst habe.
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SPIEGEL ONLINE - 20. September 2006, 15:47
URL: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,438161,00.html
Bibeltreue US-Forscher
Teufelswerk Evolution
Freud, Marx und Rosseau sind verdorbene Nachkommen von Charles Darwin, die Erde ist 6000 Jahre alt, einen Urknall gab es nie. Das wollen 40 Wissenschaftler eines Instituts in San Diego beweisen. Ihr Lehrbuch ist nur die Bibel. Zweifel kennen die akademischen Gotteskrieger nicht.
Zwei Minuten vor Sendebeginn, beim Radiosender des "Institute for Creation Research" (ICR), wird keine Kirchen-, sondern sphärisch anmutende Computermusik gespielt. Am Mikrophon sitzen auch keine Priester, sondern Biologen, Physiker und Mathematiker. Institutsdirektor John Morris will es so. Seine Mitarbeiter sollen ihre Kreuzzüge nicht für die Religion, sondern gegen die, wie er sagt, "schlechte Wissenschaft" führen. Jeden Tag gehen sie auf Sendung, um das naturwissenschaftliche Weltbild durch die biblische Schöpfungsgeschichte auszuhebeln.
REUTERS
"Ich bin kein Theologe, sondern Wissenschaftler! Als solcher kann nicht akzeptieren, dass Galaxien, Sterne und Menschen durch den Urknall entstanden sein sollen, denn Explosionen schaffen nun mal keine Ordnung - das ist ein Naturgesetz", sagt Morris. "Außerdem: Kein seriöser Wissenschaftler käme etwa auf die Idee, einen Fernsehapparat dem Zufallsprinzip zuzuordnen. Aber mit der Schöpfung passiert das andauernd, obwohl ihr Design viel komplexer ist!"
Der Vatikan hält Gottesglaube und Evolutionstheorie seit 1996 für miteinander vereinbar und möchte die Genesis eher symbolisch verstanden wissen. Die 40 Forscher des ICR bestehen dagegen weiterhin auf dem Wortlaut der Schrift. Die Biologen versuchen zu beweisen, dass Gott alle Kreaturen am fünften und sechsten Tag erschaffen hat; die Geologen durchkämmen den Grand Canyon nach Anzeichen für die große Flut.
Denn am Anfang war das Wort
Larry Hartman ist für die bibeltreue Datierung des Erdzeitalters zuständig. Der Physiker war vor seiner Karriere am ICR 15 Jahre lang beim Pentagon beschäftigt. Doch da wollte keiner etwas von seinen Helium-Experimenten hören.
Helium entsteht durch radioaktiven Alpha-Zerfall im Erdinneren", doziert Hartman. "Meine konventionellen Kollegen behaupten, dass das Element so selten ist, weil es ständig ins Weltall entweicht. Das stimmt. Aber wenn die Erde wirklich 4,5 Milliarden Jahre alt ist, müsste bereits alles Helium aus den Gesteinsformationen herausgesickert sein. Das ist nicht der Fall. Die Entweichungsrate ist immer noch so hoch, dass die Erde meinen Berechnungen nach höchstens 6000 Jahre alt ist. Sprich: Genau so alt, wie die Genesis besagt!"
Alle Forscher des ICR haben auch einen Lehrauftrag. An die 25 Nachwuchskräfte in den Naturwissenschaften erhalten hier jedes Jahr den Mastertitel. Die Abschlüsse sind anerkannt, auch wenn die kalifornische Schulbehörde seit Jahren Zweifel an ihrer Wissenschaftlichkeit äußert.
Präsident Bush, Freund aller Frommen
In der US-Universitätslandschaft genießt das Diplom allerdings einen schlechten Ruf. Tom Sharkee hat während seines Studiums am ICR DNA-Strukturen analysiert, um zu widerlegen, dass der Mensch vom Affen abstammt. Doch jetzt macht er seinen Doktor an der University of Washington.
"Wenn du dich als Forscher hier gegen die Evolutionstheorie äußerst, bekommst du keine Stipendien und wirst auch nie in der Lage sein, deine Arbeiten zu veröffentlichen", so Sharkee. "Ich halte mich bedeckt, was meinen Glauben angeht, der Karriere wegen."
MIT GOTTES WORT GEGEN DIE WISSENSCHAFT Kreationismus AFP Naturforscher Darwin Schon lange tobt vor allem in den USA ein Kulturkampf zwischen Forschern und Gottesfürchtigen: Die Kreationisten wollen die Schöpfungsgeschichte der Bibel wörtlich verstanden wissen. Sie streiten gegen die von Charles Darwin begründete Evolutionslehre und fordern eine Verankerung der Schöpfungsgeschichte im Schulunterricht - im Fach Biologie, nicht in Religion. Ihr Hauptargument: Bestimmte Eigenschaften von Lebewesen seien so komplex, dass sie mit der Evolution allein nicht erklärbar seien. Die radikalsten Fundamentalchristen ("flat earthers") glauben sogar, dass die Erde eine Scheibe ist.Intelligent Design Fundamentalismus im Tarnkleid: Vertreter der akademischen Variante Intelligent Design sprechen nicht von Gott, sondern von einer übernatürlichen Intelligenz hinter allen Dingen. Der Kreationismus wurde von seinen Anhängern in den USA vor allem aus juristischen Gründen in Intelligent Design umbenannt, da US- Gerichte mehrfach religiöse Lehren an staatlichen Schulen untersagt hatten. Unter dem neuem Etikett preisen Anhänger ihren Glauben als gleichwertige Theorie. Das lässt Wissenschaftlern allerdings die Haare zu Berge stehen - für eine Theorie bräuchte es schließlich die Grundlage von Forschung, Nachweisen und wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Vor Gericht In 31 US- Bundesstaaten sdtreiten Eltern vor Gericht, ob ihre Kinder im Biologie- Unterricht neben der Evolutionstheorie auch das Konzept eines göttlichen Schöpfers lernen sollen. Die Urteile sind nicht eindeutig: Zwar mussten die Kreationisten etwa in Pennsylvania und Kalifornien einige Niederlagen einstecken, doch in Kansas darf die biblische Schöpfungsgeschichte gleichwertig neben der Evolutionstheorie stehen. Laut Umfragen glauben bereits 57 Prozent der Amerikaner und auch 22 Prozent der Briten an den Kreationismus. Satire venganza.orgEntsetzte US- Wissenschaftler begegnen Kreationismus und Intelligent Design mit Humor. Sie gründeten eine eigene Religion, die an die Stelle Gottes ein fliegendes Spaghetti- Monster setzt, und brachten eine satirische Kampagne ins Rollen. Die Forderung der "Pastafarians": Wenn mit Intelligent Design schon eine religiöse Anschauung an Schulen verbreitet werde, dann solle auch die Theorie vom Nudelmonster als Schöpfer allen Lebens unterrichtet werden. |
Der Vereinbarkeit von Religion und Wissen avanciert in den USA immer mehr zum akademischen Dauerstreit. Schuld daran ist nicht zuletzt US-Präsident Bush, der will, dass die Schöpfungsgeschichte in den Lehrplänen gleichberechtigt mit der Evolutionstheorie behandelt wird.
Charles Darwin, Urvater alles Bösen
Eugenie Scott vom National Center for Science Education spricht von politischer Schützenhilfe für pseudo-wissenschaftliche Bibellobbyisten. "Die Wissenschaft definiert sich dadurch, dass sie nach Antworten sucht und diese gegebenenfalls auch revidiert. Ob Schwerkraft oder Atomforschung: Es gibt immer noch viel, was wir nicht begreifen", sagt Scott. "Die biblische Naturgeschichte ist insofern problematisch, weil sie sagt: Ihr braucht gar nicht mehr neugierig zu sein, gar nicht selber zu denken, es ist so und nicht anders."
Gegen die Wissenschaftler des ICR spricht zudem, dass sie die Erkenntnisse der Ungläubigen zum Teufelswerk degradieren. Nirgends wird man sich dessen so sehr bewusst wie in dem Museum des Institutes, das nur einen Steinwurf entfernt in einem schmucklosen Betonbau residiert. Gleich am Eingang gibt es einen interaktiven Stammbaum, der Sigmund Freud, Karl Marx und Jean-Jacques Rousseau als die verdorbene Nachkommen von Charles Darwin präsentiert.
Darwins Abstammungslehre ist für die Gotteskrieger des ICR der Ursprung alles Bösen: ob Kriminalität, Kriege, Homosexualität oder Scheidungsraten. Den Besuchern scheint das zu gefallen. Zehntausende US-Christen pilgern jedes Jahr hierher. Und sorgen dafür, dass das Institut ausschließlich von privaten Spenden leben kann.
Von Beatrice Uerlings, "Campus & Karriere" / Deutschlandfunk
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SPIEGEL ONLINE - 14. November 2006, 10:26
URL: http://www.spiegel.de/schulspiegel/leben/0,1518,447773,00.html
US-FUNDAMENTALISTEN
Austauschschüler von christlichen Eiferern bedrängt
Als Michael freimütig erzählte, gern mal Bier zu trinken, witterten seine Gasteltern den Teufel in ihm. Jeden Sonntag weckten sie ihn zum Kirchgang - um 6.15 Uhr. Am Ende sollte er noch beim Aufbau einer Fundamentalisten-Kirche in Polen helfen: Das Protokoll eines US-Schüleraustauschs.
"Als ich in Greensboro im US-Bundesstaat North Carolina aus dem Flugzeug stieg, hätte ich niemals damit gerechnet, dass meine Gastfamilie mich auf dem Flughafen mit einer Bibel begrüßen würde. 'Kind, der liebe Gott hat dich um die halbe Welt geschickt, um dich zu uns zu bringen.' In diesem Augenblick wollte ich mich nur noch umdrehen und zurück zum Flieger laufen.
Michael Gromek
Austauschschüler Michael Gromek, 19: Die Monate bei den Fundamentalisten waren die Hölle
Sobald ich in meinem neuen Zuhause in Winston Salem angekommen war, wo ich mein Auslandsjahr verbringen sollte, häuften sich die Vorfälle. So versammelte sich meine Gastfamilie jeden Montag am Küchentisch, um über Sex zu sprechen. Meine Gasteltern selbst hatten seit 17 Jahren keinen Sex mehr miteinander, weil sie, wie sie sagten, ihr Leben Gott widmeten. Sie wollten auch wissen, ob ich Alkohol trinke. Ich gab zu, dass ich gern Bier und auch Wein mag. Sie sagten, in meinem Herzen stecke der Teufel.Meine Gasteltern behandelten mich wie einen Fünfjährigen und schenkten mir Lutscher. Jeden Sonntagmorgen wurde ich um 6.15 Uhr geweckt. 'Michael, es ist Zeit, in die Kirche zu gehen.' Ich habe diesen Satz gehasst. Als ich eines Morgens nicht mit in die Kirche wollte, weil ich kaum geschlafen hatte, haben sie mir verboten, Kaffee zu trinken.
Eines Tages sprach ich mit meinen Gasteltern über meine Mutter, die von meinem Vater getrennt lebt. Meine Gasteltern waren empört - das Herz meiner Mutter sei genauso vom Teufel erfüllt wie meines, riefen sie. Gott habe gewollt, dass sie mit ihrem Mann zusammen bleibe.
"Das ist Gottes Wille"
Und weil wir schon mal bei Gottes Willen waren, rückten die religiösen Eiferer endlich mit einem Thema heraus, das ihnen offenbar schon lange auf der Zunge lag: Sie wollten, dass ich gemeinsam mit ihnen eine fundamentalistisch-baptistische Kirche in meinem Heimatland Polen aufbaue. So habe Gott es gewollt. Sie versuchten, das so beiläufig zu erwähnen wie möglich, doch es hat mich wirklich schockiert. Denn nur zu diesem Zweck hatten sie mich in ihre Familie aufgenommen. Sie hatten mit dem Bau in Krakau bereits begonnen, ich sollte ihnen bei Übersetzungen helfen und ihren Glauben mit Hilfe von Pressearbeit weiter tragen.
Dass ich das auf keinen Fall tun würde, war für mich klar. Die Familie gab sich entsetzt. Es war schon eine komische Situation, schließlich waren diese Leute mein einziger Umgang zu dieser Zeit. Hätte ich nicht über E-Mails Kontakt nach Hause gehalten, wäre ich vielleicht in diese Welt hineingewachsen.
Erst nach vier Monaten entschied ich mich, die Gastfamilie zu wechseln. Ich hatte immer die Hoffnung, es könnte sich doch noch bessern - doch das war aussichtslos. Ihnen zu sagen, dass ich gehen wollte, war der unangenehmste Moment, den ich in diesem halben Jahr erlebt habe. Natürlich haben sie es nicht verstanden - wie denn auch? Sie waren mit diesem Glauben aufgewachsen und überzeugt davon, und plötzlich kam ich und weigerte mich, mich anzupassen.
Von dem Moment an habe ich die Tage gezählt. Die zwei Monate, die auf meine Entscheidung folgten, waren die Hölle. Meine Gasteltern haben mich verabscheut. Ständig gab es Streitereien. Ich habe zu spüren bekommen, dass sie mich nur noch loswerden wollten. Sie konnten nichts mehr mit mir anfangen.
67 Tage später war ich endlich in einer neuen Familie. Sie waren jung, eigentlich mehr Freunde als Gasteltern, und ich war sehr glücklich dort. Da meine neue Familie nur 50 Kilometer von meiner ersten Gastfamilie entfernt wohnte, war ich zuerst misstrauisch und hatte Angst, dass sich gar nichts bessern wird. Doch der Wechsel hat sich gelohnt.
Ich habe trotz allem noch nicht mit dieser Erfahrung abgeschlossen. Demnächst möchte ich der religiösen Familie einen Brief schreiben, in dem ich ganz klar und ruhig erkläre, warum alles so schief gelaufen ist. Denn so sollte es nicht enden."
Aufgezeichnet von Magdalena Blender
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Heimunterricht schafft die christliche Avantgarde
Florian Rötzer 14.11.2006
Die Zahl der Kinder in den USA, die nicht mehr in Schulen, sondern Zuhause unterrichtet werden, wächst, für christliche Fundamentalisten ein Weg, um die Gesellschaft und die Wissenschaft zu verändern
Wie viele Kinder genau in den USA nicht mehr öffentliche und private Schulen besuchen, sondern Zuhause unterrichtet werden, ist nicht bekannt. 2003 ging die letzte Schätzung (1) des National Center for Education Statistics (NCES), eine Behörde des US-Bildungsministeriums, von 1,1 Millionen Kindern bis zur 12. Klasse oder 2,2 Prozent aller Schüler. Nach dem nicht unabhängigen National Home Education Research Institute sollen (2) es mittlerweile 1,9 bis 2,4 Millionen Schulkinder sein. Hier geht man von jährlichen Wachstumsraten zwischen 7 und 15% aus. Hauptmotiv der Eltern, ihre Kinder Zuhause aufzuziehen, ist die Gewähr für eine weltanschaulich ungestörte, in aller Regel christlich ausgerichtete Erziehung. Man glaubt auch, dass die Kinder fern von den Schulen sicherer seien und eine bessere Ausbildung bekommen.
Sollten die großen Zuwachsraten stimmen, dass immer Eltern ihre Kinder in eigener Regie Schuldbildung vermitteln wollen, dann könnte dies nicht nur auf die Dauer das öffentliche Schulsystem unterminieren, sondern auch die wissenschaftliche Grundbildung der Menschen in den USA durch wachsende weltanschauliche Parallelgesellschaften verändern. Hausunterricht tritt schließlich zu den weltanschaulich geprägten privaten Schulen hinzu. Nach der Erhebung des NCES waren Schüler mit Hausunterricht eher als die Kinder, die öffentlichen Schulen besuchten, weiß, sie stammten eher aus Familien mit drei und mehr Kindern. Im Hauhalt lebten die Kinder eher mit beiden Elternteilen zusammen, von denen meist nur einer zur Arbeit ging. Überwiegend lebten sie in Städten (über 50.000 Einwohner). Beim Haushaltseinkommen lagen diese Familien etwa gleichauf mit denjenigen, bei denen die Kinder öffentliche Schulen besuchen, jedoch unter Familien, die ihre Kinder auf Privatschulen schicken. Beim Bildungsgrad der Eltern liegen die Kinder, die Zuhause erzogen werden, in der Mitte, unter denjenigen, die ihre Kinder in Privatschulen schicken.
Für den Hausunterricht entscheiden sich Eltern vor allem, um ihre Kinder fern von den Schulen zu halten, in denen sie um ihre Sicherheit fürchten und Sorge haben, dass sie an Drogen kommen oder unter den Druck von Mitschülern geraten. Fast ebenso oft werden religiöse oder moralische Gründe genannt. 72% der Eltern gaben an, ihre Entscheidung für den Hausunterricht sei aufgrund des Wunsches entstanden, religiöse und moralische Lehren zu vermitteln. Sexualität oder Keuschheit spielt bei den Fundamentalisten natürlich auch eine große Rolle. Man sorgt sich nicht nur, dass die Jugendlichen von ihren Altersgenossen verführt, sondern womöglich auch noch homosexuell werden könnten. Auch Lehrer gelten als sexuelle Bedrohung.
Als die Bewegung für Hausunterricht in den USA in den 70er Jahren entstand, stand die Kritik am staatlichen Schulsystem im Vordergrund. Die Alternativen und Liberalen von einst sind seit den 80er und vor allem den 90er Jahren durch die christlichen Fundamentalisten ersetzt worden, die ihre Kinder möglichst unbeeindruckt von anderen Anfechtungen erziehen wollen, wie sie beispielsweise auch von bestimmten Schulfächern wie der Biologie ausgehen, in denen abgelehnte Inhalte wie die Evolutionstheorie gelehrt werden.
Immer mehr Eltern sehen es als ihre Aufgabe an, die Kinder selbst zu erziehen und ihnen dabei die Werte zu vermitteln, die sie selbst für wichtig halten. Darunter sind viele Christen - aber auch Atheisten, Mormonen, Muslime und Juden tun das. Sie fragen sich: Warum lassen wir unsere Kinder jeden Tag mehrere Stunden durch andere Menschen prägen, die vielleicht ein ganz anderes Weltbild und Wertesystem haben? Warum prägen wir sie nicht selbst? Hausschüler leben nicht isoliert.
Brian D. Ray, Direktor des National Home Education Research Institut, in einem Interview (3)
Die Bedingungen, eine Genehmigung für den Heimunterricht zu erhalten, sind von Staat zu Staat verschieden, aber meist nicht schwer zu erfüllen. Zum Unterricht Zuhause kommt mittlerweile immer stärker der Fernunterricht, zunehmend über das Internet. Eine Kontrolle der Unterrichtsinhalte und der benutzen Materialien findet praktisch nicht statt. Hinter der Bewegung stehen Organisationen wie das Discovery Institute (4), die Foundation for American Christian Education (5) oder Exodus Mandate (6). Alle wollen die amerikanische Kultur erneuern und auf christliche Werte gründen. Exodus Mandate strebt als "Strategie für die Erneuerung der Gesellschaft" an, mit dem Exodus zum Hausunterricht das öffentliche Schulsystem zum Einsturz zu bringen. Der Staat soll sich aus dem Bildungssystem ganz zurückziehen und dies wieder "den Kirchen und Familien" überlassen.
Eine der Initiativen von Exodus Mandate zur Unterminierung des staatlichen Schulsystems durch Ausbreitung der Hauserziehung war etwa der gelungene Versuch, eine Resolution in den Southern Baptist Convention (7) (SBC) einzubringen, der mehr als 16 Millionen Mitglieder hat. In der Resolution wurde ein vorgeschlagenes Homosexuality School Risk Audit gebilligt, nach dem Schulen und ihre Umgebung auf Förderung oder Akzeptanz/Toleranz von Homosexualität und anderen sexuellen "Abweichungen" geprüft werden sollen. Die Ergebnisse sollen veröffentlicht und die Schulen bzw. Lehrer unter Druck gesetzt werden. Homosexualität. So heißt es, setzte die Lebenserwartung um 8-20 Jahre herab, lösen Brustkrebs bei Frauen aus und erhöhe die Wahrscheinlichkeit, auch zu rauchen oder Drogen zu nehmen. In diesem Jahr soll über eine "Ausstiegsstrategie" aus dem staatlichen Schulsystem abgestimmt werden, so dass Heimunterricht für Waisen, Alleinerziehende und andere benachteiligte Gruppen gefördert wird.
Schools have long ceased to be a positive reinforcer of traditional values. In fact, they are not even neutral on many crucial issues which are important to people of faith. Unfortunately, public education has been hijacked by people who reject Biblical teachings on man's origin, the proper role of sex and the acceptability of homosexuality. These are non- compromising issues for Christians.
Rick Scarborough, Gründer von Vision AmericaPublic und Mitstreiter von Exodus Mandate
Nachdem die Fundamentalisten es mitunter nicht erreichen, im Unterricht etwa die Evolutionstheorie durch den Kreationismus bzw. Intelligent Design zu ergänzen oder gar zu ersetzen, könnte der Drang zum Ausstieg aus der Schule noch stärker werden. Lehrbücher für Biologie, die beispielsweise vom Beka Verlag (8) für den Heimunterricht angeboten werden, sind denn auch ideologisch auf Bibeltreue getrimmt. Abweichungen von wissenschaftlichen Lehren und Theorien betreffen allerdings nicht nur die Biologie, sondern auch andere Fächer, wie der New Scientist (9) in "Preach Your Children Well" berichtet. Irgendwie scheint auch die göttliche Schöpfung nicht mit den möglichen Folgen des Klimawandelns zusammenzupassen. Gott habe, so heißt es im Lehrbuch "Science Order and Reality", in der Schöpfung für Korrekturmechanismen – "checks and balances" – gesorgt. "um viele der globalen Störungen zu verhindern, die von Umweltschützern vorhergesagt werden". Notwendig ist also nur das notwendige Gottvertrauen. In Geologiebüchern wird beispielsweise versichert, dass der Grand Canyon während der Biblischen Flut entstanden sei. In Astronomiebüchern bastelt man etwa am Problem herum, warum das Licht von Sternen, die viele Millairden Lichtjahre entfernt sind, die Erde nur in den paar Tausend Jahren der Schöpfung erreichen könne. Vielleicht, so lernen die Kinder im Heimunterricht der aufrechten Fundamentalisten, war die Lichtgeschwindigkeit früher einfach schneller, vielleicht hat auch Gott das Licht erst geschaffen.
Noch haben die christlichen Fundamentalisten die Schulen und manche wissenschaftliche Theorien, die sich mit der wörtlichen Auslegung der Bibel stoßen, nicht abgeschafft. Viele der Kinder, die Hausunterricht hatten und als Avantgarde oder Speerspitze der angestrebten Kulturrevolution gelten, schaffen es auch, die Tests zu bestehen, mit denen sie studieren können. Allerdings gibt es auch mehr und mehr entsprechende christliche Hochschulen, um den Glauben zu stärken und für eine höhere Ausbildung zu sorgen. Beispielsweise hat die 1983 gegründete Home School Legal Defense Association (10) (HSLDA), die erfolgreich rechtlichen Beistand zur Durchsetzung des Heimunterrichts leistete, im Jahr 2000 das Patrick Henry College (11) (PHC) gegründet. Hier sollen, führende Menschen ausgebildet werden, die gesellschaftlich und politisch die Ziele Hausunterrichtsbewegung und der christlichen Kultur durchsetzen.
The mission of Patrick Henry College is to train Christian men and women who will lead our nation and shape our culture with timeless biblical values and fidelity to the spirit of the American founding.
2004 schon, so der New Scientist, waren sieben der 100 Praktikanten im Weißen Haus vom PHC, obgleich dort nur 240 Studenten eingeschrieben sind. Zwei Graduierte des PHC arbeiteten im Weißen Haus, sechs für Kongressmitglieder und acht für andere Bundesbehörden wie dem FBI. Das PHC hat bei aller christlichen Verpflichtung hohe akademische Maßstäbe und bildet eine Art Jesuiten der Evangelikalen aus. Zwar lehrt man den Kreationismus, aber legt hohen Wert auf Rhetorik und Gewandtheit in Diskussionen. Damit scheint man große Erfolge zu erzielen. So wurden nationale Wettbewerbe gewonnen, in denen es um das Argumentieren in fiktiven Prozessen geht, zwei Mal waren die PHC auch bereits den Studenten der Universität Oxford in Diskussionswettbewerben überlegen. Die akademischen und beruflichen Erfolge machen das College attraktiv, das mittlerweile auf der Basis einer "Bible-based worldview" auch "Teen Leadership Camps" ausrichtet, um Schülern "strategische Intelligenz" und die notwendigen rhetorischen Mittel zur Durchsetzung des Kreationismus, der Ablehnung von Homosexualität oder der Abtreibung beizubringen.
Telepolis Artikel-URL: http://www.telepolis.de/r4/artikel/23/23933/1.html
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http://www.ariva.de/board/284275
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SPIEGEL ONLINE - 02. März 2007, 13:17
URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,469404,00.html
WIKIPEDIA FÜR FUNDAMENTALCHRISTEN
Das Lexikon des Herrn
Von Christian Stöcker
In den USA haben sich fundamentalchristliche Gruppen zusammengeschlossen, um dem Internetlexikon Wikipedia Konkurrenz zu machen. Gleich zwei Alternativangebote erklären die Welt aus der Sicht der Kreationisten - und sorgen damit für eine Menge unfreiwilligen Humor.
"Wie alle modernen Tiere stammen Känguruhs aus dem mittleren Osten und sind die Abkömmlinge der zwei Angehörigen der modernen Känguruh-Baramin, die vor der Sintflut auf der Arche Noah aufgenommen wurden." Dieser Satz stammt aus einem Internet-Lexikon. Und er ist durchaus ernst gemeint.
Darwin-Karikatur aus der "CreationWiki": Bar jeden Erkenntnisgewinns
Das Lexikon heißt nicht Wiki- sondern Conservapedia. Es ist einer der jüngeren Streiche derer, die vor allem in den USA dafür arbeiten, doch endlich den unsinnigen Wissenschaftsglauben aus den Schulen zu verbannen und der Bibel ihren gerechten Platz als all-erklärendes Geschichts- und Lehrbuch zurückzugeben.Conservapedia ist gewissermaßen eine fundamentalchristliche Antwort auf Wikipedia, der Versuch, die Deutungshoheit im Netz über den Ursprung der Menschheit und der Arten den Vertretern der Evolutionstheorie zu entreißen. Das Projekt hat sogar eine große Schwester: Das Alternativangebot CreationWiki lockt mit Weisheiten wie "Gott erschuf die Menschen getrennt von den Tieren vor weniger als 10.000 Jahren." Obwohl 45 Prozent der US-Amerikaner dies glaubten, werde die Evolutionstheorie "als Faktum in Schulen gelehrt, die mit Steuern von Menschen finanziert werden, die dieser Sichtweise nicht zustimmen", ereifert sich der Autor des Beitrages "Creation vs. Evolution".
Für Menschen, die der Vorstellung, die Bibel sei wörtlich zu verstehen, skeptisch gegenüberstehen, ist vor allem Conservapedia ein Born der Heiterkeit. Die "Zufällige Seite"-Funktion, die bei Wikipedia ein ziemlich überflüssiges Gimmick darstellt, macht Conservapedia, die dem großen Vorbild äußerlich ähnelt, zu einer Quelle des unfreiwilligen Humors für zwischendurch. Großartig sind auch die "Debattenthemen", zu denen eifrige Nutzer Stellung nehmen können ("Kreuzzüge - gut oder schlecht?").
"Bitter nötige Alternative zu Wikipedia"
Leider sind viele Einträge extrem kurz. So erfährt man über den Berg Sinai in der Conservapedia nur dass er "ein Berg" sei, und dass Moses dort die Zehn Gebote bekommen habe.
CreationWiki teilt immerhin noch die Höhe des Berges mit - und serviert einen Link zu den beiden Sinai-Einträgen der englischsprachigen Wikipedia (Sinai und biblischer Sinai). CreationWiki betrachtet sich dennoch als "bitter nötige Alternative" zur "zunehmend anti-christlichen und anti-amerikanischen Wikipedia". In der Conservapedia gibt es sogar eine eigene Seite mit "Beispielen für die Verzerrungen in Wikipedia". Sie enthält unter anderem eine köstliche Berechnung, derzufolge die freie Enzyklopädie "sechsmal liberaler ist als die amerikanische Öffentlichkeit" - und deshalb zu verdammen.
Während CreationWiki sich aber ostentativ bemüht, zumindest den Anschein von Objektivität zu wahren - auch wenn das Selbstverständnis klar als "kreationistisch" benannt wird - ist die Conservapedia in erster Linie ein relativ dürres Agitationsprojekt bar jeden Erkenntnisgewinns. Der konservative Rechtsanwalt Andy Schlafly hat sie im November 2006 mit 58 High-School-Schülern aus dem Boden gestampft, weil er der Meinung war, dass die Welt eine "Wissensquelle für ein allgemeines Publikum ohne die Defekte von Wikipedia braucht", wie er "Wired" sagte. Denn die sei in der Hand der Liberalen, vulgo der Gott- und Vaterlandslosen.
"Dazu braucht man einen intelligenten Schöpfer"
Die CreationWiki dagegen ist ganz offenkundig durchaus als ernsthaftes Projekt gedacht, zur Förderung der "Schöpfungswissenschaft" - ein Versuch der Fundamentalchristen, die Schöpfungslehre auf eine argumentative Stufe mit der Evolutionsbiologie zu hieven. In der CreationWiki, die schon seit 2004 existiert, gibt es sogar über Gene einiges zu lesen, auch eine Doppelhelix-Abbildung der DNA findet man dort. Evolutions-Bashing findet in dem Eintrag nicht statt.
In der Conservapedia dagegen stehen nur drei Sätze zum Thema: "Ein Abschnitt DNA, der die Produktion eines Proteins oder eines Anteils eines Proteins kodiert. Obwohl das Gen die elementare Einheit der Vererbung ist, können Veränderung in den Genen (sogenannte "Evolution") die Unterschiede zwischen den Spezies nicht erklären, dazu braucht man einen intelligenten Schöpfer."
An der Intelligenz der Schöpfer der Conservapedia muss man allerdings beim Herumstöbern gelegentlich zweifeln, etwa, wenn man die schiere Länge des Eintrags über die Bibel (gut 1300 Anschläge) mit der des Artikels über Dan Browns Katholizismus-kritischem Roman "Sakrileg" (gut 47.000 Anschläge) vergleicht.
CreationWiki erfreut den Leser dafür mit einer Tabelle, anhand derer der Leser überzeugt werden soll, dass Kreationismus zwar reif für den Schulunterricht ist, das "Flying Spaghetti Monster" aber nicht: "Am obigen Vergleich kann man sehen, dass es keine Grundlage dafür gibt, Schülern etwas über das Flying Spaghetti Monster beizubringen, aber dass man das Gleiche von Intelligent Design oder Kreationismus nicht sagen kann."
"Auch Konservative haben Humor"
Die fiesen atheistischen Spaßmacher da draußen haben die Jesus-Wikis natürlich längst entdeckt. Conservapedia musste laut einer Reporterin des "New Scientist" schon über 60 IP-Adressen blockieren, wegen eines "schockierenden Ausmaßes an Vandalismus und Obszönität". Der wunderbare Eintrag über einen in Nadelbäumen lebenden aber leider vom Aussterben bedrohten Octopus ist aber immer noch online. "Auch Konservative haben Sinn für Humor", sagte Schlafly "Wired".
Wikipedia-Gründer Jimmy Wales hat übrigens gar keine Probleme mit den fundamentalchristlichen Gegenentwürfen. "Eine freie Kultur kennt keine Grenzen", sagte er der Dame vom "New Scientist", man begrüße "die Verwendung unserer Arbeit, um Varianten zu bauen. Das passt genau zu unserer Mission."
Das haben sich auch die dem Christentum eher nicht zugeneigten Netznutzer inzwischen überlegt: Auf Deutsch gibt es seit kurzem auch eine "Athpedia" für Atheisten - die sich allerdings ganz explizit nicht "als Konkurrenz zu Wikipedia" versteht, sondern als "ergänzendes Angebot für den interessierten Internetuser".
Der findet dort ausführliche Einträge über Begriffe wie "Religion", "Weltanschauung", oder über den Evolutionsbiologen Richard Dawkins. Der hat übrigens mal etwas gesagt, das man auch den Conservapedia-Dichtern ins Stammbuch schreiben könnte: "Ich bin gegen Religion, weil sie uns lehrt, damit zufrieden zu sein, die Welt nicht zu verstehen."
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Ein Wikipedia für Christen
N e w J e r s e y (PRO) - Weil ihnen das bekannte Online-Lexikon Wikipedia zu anti-christlich und politisch zu weit links war, gründeten ein amerikanischer Rechtsanwalt und 58 Studenten kurzerhand ein neues Wiki: das "Conservapedia". Hier sind Kritik an der Evolutionstheorie und Ansichten der Konservativen ausdrücklich erwünscht.
"Conservapedia" ist nicht etwa der Name des Wikis eines Konservenherstellers, sondern soll eine christliche Alternative zu Wikipedia sein. Dass die Artikel in Wikipedia politisch eher links ausgerichtet und der Religion eher neutral bis feindlich gegenüberstehen, ist anderen schon früher aufgefallen. Die Gründer von "Conservapedia" haben bei ihrem weltlichen Bruder zudem einen starken Antiamerikanismus und Antikapitalismus ausgemacht. Auch bei den Themen, die Werte in der Erziehung behandeln, zeige das beliebte Mitmach-Lexikon erhebliche Mängel, fanden die konservativen "Conservapediologen".
Wikipedia mit anti-christlicher Tendenz?
In ihrem Wiki haben sie eine Liste mit "Beispielen für Einseitigkeiten in Wikipedia" erstellt, die ständig aktualisiert wird. So bemängeln sie beispielsweise, dass im dortigen Artikel über die Renaissance jeder Hinweis auf den wichtigen Einfluss des Christentums auf diese Epoche fehlt. Außerdem sehen sie nicht ein, warum in Wikipedia die Datumsangaben "B.C.E." - also "Vor unserer Zeitrechnung" - und "C.E." ("Common Era") erlaubt sind, obwohl sich doch eigentlich "B.C." (vor Christus) und "A.D." (Anno Domini) durchgesetzt haben. "Diese Angaben beziehen sich auf die Geburt Jesu, warum sollte man also etwas anderes angeben? Conservapedia ist an Christen ausgerichtet und vermeidet die 'C.E.'-Version", stellen die Macher klar.
"Die Administratoren, die den Inhalt von Wikipedia überwachen, repräsentieren nicht die Ansichten der Mehrheit der Amerikaner", begründen sie die Gründung ihrer Alternative. Als Beispiel nennen sie die Ansichten zur Evolutionstheorie: Während in der amerikanischen Gesellschaft nur zehn Prozent wirklich von ihr überzeugt seien, scheine es in der Wikipedia-Welt so, als seien 100 Prozent der Teilnehmer Verfechter der Evolutionstheorie. Artikel, die Argumente gegen Darwins Lehre enthielten, würden dort rigoros zensiert.
Um dieser anti-christlichen Tendenz etwas entgegenzustellen, riefen sie das Lexikon ins Leben, das aus der Perspektive der Konservativen, der religiös Rechten und der Kreationisten in den USA auf die Welt blickt. Bereits 3.800 Begriffe wurden nach eigener Aussage online gestellt.
Gegründet hat das Wiki im November 2006 Andrew Schlafly. Er ist der Sohn der christlich-konservativen Autorin Phyllis Schlafly, die unter anderem in den 60er Jahren ein bekanntes Buch gegen den Feminismus schrieb. Andy selbst ist ebenfalls konservativer Autor und Rechtsanwalt und gehört zur Leitung der Amerikanischen Ärzte- und Chirurgen-Vereinigung. Schlafly standen 58 Studenten aus New Jersey zur Seite.
"Conservapedia": Die Welt aus christlicher Sicht erklären
"Conservapedia" baut auf derselben Software auf wie Wikipedia, doch der Inhalt soll sich komplett unterscheiden. Auch kann dort nur derjenige einen Artikel online stellen, der sich zuvor registriert hat. Die Neutralität von Wikipedia vergleicht Schlafly mit der eines "Lynch-Mobs". "Wir haben klar Prinzipien, die wir auch darstellen, wobei hingegen Wikipedia vorgibt, neutral zu sein und am Ende eben doch parteiisch ist", sagt er. Lang sind die Artikel der "konservativen Enzyklopädie" noch nicht, aber es werden täglich mehr, und alle sind sie aus der Perspektive der christlichen Rechten verfasst. So findet man im Eintrag zur Evolutionstheorie sehr rasch den Hinweis, dass es bislang keinen Beweis für die "Makroevolution" gebe und die "Fossilgeschichte" die Evolutionstheorie sehr unwahrscheinlich mache.
Im Artikel über George Washington, den ersten Präsidenten der USA, betont gleich der zweite Satz, dass dieser ein gläubiger Christ war. Im weltlichen Wikipedia hingegen findet sich lediglich der dezente Hinweis, dass Herr Washington "nach der Revolution seine Frau des öfteren zu Gottesdiensten begleitete". Zum Stichwort Homosexualität sagt "Conservapedia" als allererstes, dass sie laut Bibel ganz klar Sünde sei. Im Übrigen habe Jesus kein einziges Mal davon gesprochen, und so ist der Artikel denn auch nach knappen drei Seiten zu Ende, während der gleichnamige Artikel bei Wikipedia 28 ausgedruckte Din A 4-Seiten ergeben würde.
Christliches Wiki: Häme vorprogrammiert
Seitdem das Portal vor vier Monaten online ging, sorgte es bei vielen weltlichen Webloggern für bissige Kommentare. In der so genannten "Blogosphäre" wurden Artikel der "Conservapedia" auseinander genommen, Zitate weitergereicht und teilweise Artikel in der christlichen Wikipedia-Alternative sabotiert. Das bekannte amerikanische Weblog "Boing Boing" sprach von einer "Goldmine des unfreiwilligen Humors".
In Wikipedia selbst finden sich im Eintrag zu den christlichen Nachahmern harsche Worte und der Aufruf, diesen Lexikoneintrag sofort zu löschen. Denn Informationen über die völlig irrelevante "Conservapedia" hätten in "Wikipedia" nichts zu suchen. Die Aufmerksamkeit jedoch wuchs, am Freitag berichtete "Spiegel Online" über das neue Mitmach-Lexikon der "Fundamentalisten", die Zugriffszahlen ließen die Server ächzen.
"Conservapedia" ist nicht der erste Versuch von Christen, der in ihren Augen verzerrten Darstellung im un-christlichen Wikipedia etwas entgegenzustellen. Das "Creation Wiki" ist seit 2004 online. Es bemüht sich darum, auf sachliche Art und Weise Kritik an der althergebrachten Evolutionstheorie zu üben und hat einen hohen wissenschaftlichen Anspruch. "Evolutions-Bashing findet in dem Eintrag nicht statt", stellt "Spiegel Online" fest. Des weiteren gibt es seit Anfang des Jahres das Theologiewiki, in dem Artikel zur überkonfessionellen christlichen Theologie gesammelt werden. Speziell für katholische Themen gibt es die "Kathpedia".
Auf Deutsch gibt es seit kurzem auch ein Wiki für Atheisten - das "Athpedia". Die Seite versteht sich nicht explizit "als Konkurrenz zu Wikipedia", sondern als "ergänzendes Angebot für den interessierten Internetuser".
Der Gründer von Wikipedia, Jimmy Wales, hat übrigens keine Probleme mit der christlichen Antwort "Conservapedia". Gegenüber dem Magazin "New Scientist" sagte er: "Eine freie Kultur kennt keine Grenzen. Wir begrüßen die Verwendung unserer Arbeit, um Varianten zu bauen. Das passt genau zu unserer Mission."
Quelle: http://www.pro-medienmagazin.de/no_cache/themen/...p;cHash=4657bd2fda
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Gott beweist: Darwin ist tot
An der Schwelle zum Mittelalter: Die Evolutionstheorie wird nicht nur in den USA bekämpft - der christlich-fundamentalistische Kreationismus breitet sich auch an deutschen Schulen aus.
Von Alex Rühle
weiter unter:
http://www.sueddeutsche.de/,tt7m5/kultur/artikel/251/121095/
Derart unterkomplex wird über hunderte von Seiten jedes einzelne Mal derselbe Zirkelschluss wiederholt: Dieser Knochen sieht so aus wie jenes Tier. Ergo hat sich das Tier nicht verändert, ergo wurde es vollendet geschaffen. Conclusio: "Die Schöpfung ist eine Tatsache, die Evolutionstheorie ein großangelegter Schwindel."
Die Spinnen die Christen!
würde Obelix sagen, und damit hätte er auch recht.
Gr.
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Die Hardliner des Herrn
HR (Stern.) | Länge: 45 Minuten
Christliche Fundamentalisten in Deutschland
Film von Tilman Jens
Schluss mit lustig - zurück zur reinen, bibeltreuen Lehre! Zunehmend mehr Christen in Deutschland, vor allem aus dem evangelikalen Spektrum, kämpfen für ein deutlicheres Profil ihres Glaubens. Die biblische Botschaft darf für sie nicht länger der Beliebigkeit ausgeliefert bleiben. Im Extremfall sind sie sogar bereit, ihre Kinder nicht mehr in öffentliche Schulen gehen zu lassen, weil dort Sexualkunde und Evolutionslehre unterrichtet werden. Beides widerspricht in ihren Augen dem Geist der Heiligen Schrift. Inzwischen stehen immer häufiger diese Schulverweigerer im Namen des Herrn vor den Schranken des Gerichts. Sie selbst begreifen sich als Gottes Elite auf Erden, als Retter des christlichen Glaubens und als Kämpfer gegen die Laster der Gegenwart.
Fundamentalismus ist schon länger kein Thema allein für die islamische Religion. Christliche Fundamentalisten - was in den USA seit Jahrzehnten seine Blüten treibt, ist nun auch in Deutschland zunehmend häufiger anzutreffen. Diesen überzeugten Christen gilt Schwulsein als Sünde, Sex vor der Ehe ist ihnen verpönt. Vor allem aber: Sie wähnen sich im Besitz des einzig wahren Glaubens. Ein Dialog ist kaum möglich und Muslime ebenso wie Liberale stellen für sie eine Gefahr dar, gegen die es zu missionieren gilt.
Inzwischen gibt es sogar hierzulande in großen Wirtschaftsunternehmen Führungskräfte, die ungeachtet des geltenden Antidiskriminierungsrechts freimütig bekennen, nur noch Christen einstellen zu wollen. Die Filmdokumentation unternimmt einen Streifzug durch die neue und anwachsende Szene des christlichen Fundamentalismus.
Quelle: http://programm.daserste.de/...sender=1&dpointer=27&anzahl=37&ziel=27