VDI nachrichten, Berlin, 19. 10. 07, mg - Bisher galten erneuerbare Energien wie Wind und Sonne als zu schwankend, um Industrieländer komplett zu versorgen. Ein Kombikraftwerk aus 36 Wind-, Solar-, Biogas- und Wasserkraftanlagen zeigt, dass es dennoch geht. Seit Monaten liefert es elektrische Energie, rund um die Uhr und bei jedem Wetter.
Die dezentrale Vernetzung erlaubt es, Wind-, Solar- und Biomasseanlagen wie ein Großkraftwerk zu steuern und so den wechselhaften Energiebedarf Deutschlands zu decken", erklärte Kurt Rohrig vom Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET), Kassel, letzte Woche bei der Präsentation des regenerativen Kombikraftwerks in Berlin. Initiatoren sind Schmack Biogas, das Solarunternehmen SolarWorld und der Windturbinenhersteller Enercon.
Die drei Unternehmen wollen beweisen, dass eine vollständige Stromversorgung Deutschlands ohne Kernkraft und fossile Kraftwerke möglich ist. Initialzündung war laut Ulrich Schmack, Vorstandssprecher von Schmack Biogas, der Energiegipfel 2006 im Kanzleramt. Dort wurde den Erzeugern erneuerbarer Energien vorgehalten, ihr Beitrag zur Versorgungssicherheit sei wegen der schwankenden Sonnen- und Windkraft begrenzt. "Unser Kombikraftwerk zeigt: Erneuerbare Energien liefern rund um die Uhr genug Strom, sind jederzeit regelbar, funktionieren im Verbund und gleichen sich über das Netz aus", stellte Schmack klar.
Das dezentrale Kraftwerk deckt den 10 000. Teil des deutschen Strombedarfs. Mit exakten Bedarfs- und Ertragsprognosen steuert die "Leitstelle" am ISET online und in Echtzeit den jeweiligen Strommix. Dieser setzte sich aus durchschnittlich 61 % Windkraft, 25 % Biogas und 14 % Photovoltaik zusammen. Ein Pumpspeicherkraftwerk dient als Speicher für Windstrom.
Unklar ist noch der Preis dieser Vollversorgung. Das virtuelle Kraftwerk hält dreimal mehr Kapazitäten vor, als für die Spitzenlast vorgesehen ist. Dennoch ist Bundeswirtschaftsminister Glos von der Idee angetan: "Wir müssen Anreize setzen, damit solche Lösungen realisiert werden. Sie stellen die wirtschaftlich effizienteste Nutzung erneuerbarer Energien dar."
Die drei Initiatoren setzen hehre Ziele: Bis 2020 sollen erneuerbare Energien 50 % des hiesigen Strombedarfs decken. Der Industrieverband BDI nennt solche Pläne "wirtschaftlich nicht darstellbar". Eine McKinsey-Studie im Auftrag des Verbands setzt die CO2-Vermeidungskosten erneuerbarer Energien mit durchschnittlich 80 €/t CO2 an (ohne EEG-Förderung). Dem stünden 20 €/t CO2 in vielen anderen Bereichen gegenüber. Wegen der staatlichen Förderung sei dennoch ein Anstieg des regenerativen Stroms auf einen Anteil von 25 % bis 2020 zu erwarten. Seiten 21 bis 32
PETER TRECHOW/mg
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