In der Nuklear-Krise auf der koreanischen Halbinsel reagiert China vorerst gelassen. Bis auf eine dürre Erklärung des Außenministeriums, Peking hoffe, dass die Nordkoreaner an den Verhandlungstisch zurückkehren, hat sich die Regierung nicht geäußert.
Die Zurückhaltung ist nicht ungewöhnlich, denn Chinas Diplomaten brauchen oft länger, bevor sie Position beziehen. Außerdem feiert das Land in diesen Tagen das Frühlingsfest - Pjöngjangs Knaller explodierte zu ungünstiger Zeit.
Chinesische Experten gehen davon aus, dass Peking nun hinter den Kulissen versuchen wird, die Nordkoreaner zur Räson zu bringen - womöglich mit Zuckerbrot in Form von mehr Wirtschaftshilfe. Für Ende Februar ist die Reise eines hohen Parteifunktionärs nach Pjöngjang geplant. Dabei werden Pekings Außenpolitiker den Nordkoreanern auf den Zahn fühlen, was hinter der Bomben-Erklärung Kim Jong Ils wirklich steckt: Bluff oder echte Drohung?
Trotz der ruhigen Reaktion, wissen die Pekinger: Die politischen Spannungen in Ostasien können sich schnell verschärfen. Bleibt Pjöngjang bei seiner Weigerung, sich an den Sechser-Gesprächen (Nord- und Südkorea, USA, China, Japan und Russland) zu beteiligen, könnte die Lage auf der koreanischen Halbinsel schnell zu einem weltweiten Brennpunkt werden.
Denn zu den Optionen Washingtons gehört, spätestens im Herbst im Uno-Sicherheitsrat eine Wirtschaftsblockade gegen den "Außenposten der Tyrannei" (US-Außenministerin Condoleezza Rice) zu beantragen. Dazu würde womöglich eine Seesperre gehören, die gleichzeitig verhindern soll, dass die Nordkoreaner Atomwaffen oder nukleare Materialien exportieren.
Bringen die Amerikaner die Uno gegen Nordkorea in Stellung, käme China in erhebliche diplomatische Bedrängnis. Bislang haben seine Diplomaten versucht, die Amerikaner zu mehr Geduld und Nachsicht mit den Nordkoreanern zu überreden. Deren Forderung, vor dem Verzicht auf das Nuklearprogramm eine Sicherheitsgarantie der Amerikaner zu erhalten, sei durchaus verständlich, erklärten sie.
Kommt der Fall vor die Uno, müsste sich Peking entscheiden, ob es mit den Amerikanern gegen Nordkorea stimmt. Legt es ein Veto gegen Sanktionen ein oder enthält es sich, dürfte dies enormen Imageschaden mit sich bringen und die Beziehungen Chinas zu den USA verschlechtern. Mit ihren im Jahr 2003 begonnenen Vermittlungsversuchen wollen sich die lange Jahre international passiven Chinesen auf der Weltbühne wieder als wichtiger Spieler etablieren.
Offen ist allerdings, wie stark ihr Einfluss auf das verbündete Nordkorea überhaupt ist. Bislang haben die Nachbarn selten Ratschläge aus Peking befolgt: China hat immer wieder klar erklärt, es wolle eine "atomwaffenfreie koreanische Halbinsel". Pjöngjang schert sich nicht darum und bastelt weiter an der Bombe. Auch überhörten die Nordkoreaner alle Aufrufe, ihre Wirtschaft endlich gründlich zu reformieren.
Der Alltag zwischen beiden Ländern ist voller Tücken: Hungrige nordkoreanische Grenzer gehen schon mal auf chinesischem Territorium auf Raubzug. Zuweilen behalten die Nordkoreaner die Lastwagen gleich mit ein, die ihnen Hilfsgüter aus China bringen. "Für uns ist Nordkorea ein schwieriger Partner geworden", zitiert die "Asia Times" einen chinesischen Diplomaten.
Dabei will Peking unbedingt einen Zusammenbruch der Kim-Herrschaft verhindern, der im schlimmsten Fall in einen Bürgerkrieg münden und womöglich Hunderttausende über die Grenze treiben würde. Ein Regimewechsel, den die Amerikaner anstreben, würde nach Ansicht der Chinesen die Stabilität in ganz Nordostasien gefährden.
Auch das beunruhigt Peking: Japan, strategischer und wirtschaftlicher Konkurrent, ist dabei, sein Militär aufzurüsten und könnte selbst nukleare Ambitionen entwickeln- nicht zuletzt mit dem Hinweis auf die bedrohlichen Nordkoreaner.
Amerikanische Experten hatten bereits vor der Pjöngjanger Erklärung in dieser Woche vermutet, Nordkorea habe bislang ein bis zwei Atombomben gebaut, nachdem es den Yongbyon-Reaktor wieder angefahren hat. Wenn er komplett im Betrieb ist, könnte er Plutonium für eine Bombe im Jahr liefern, heißt es.
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