8. Juni 2007, 02:04, NZZ Online
Stille Genugtuung und laute Empörung
Unterschiedliche Interpretation der «Swissair»-Freisprüche
Das Bezirksgericht Bülach hat am Donnerstag im SAirGroup-Strafprozess alle 19 Angeklagten freigesprochen. Die Reaktionen darauf sind vehement ausgefallen. Einzelne Politiker zeigten sich empört und forderten sogar den Rücktritt des verantwortlichen Staatsanwalts.
-yr. Was sich am Donnerstag rund um die öffentliche Urteilsverkündigung im SAirGroup-Strafprozess am Bezirksgericht Bülach abgespielt hat, war bezeichnend für den grössten je in der Schweiz durchgeführten Wirtschaftsprozess. Dass alle 19 Angeklagten freigesprochen sind, machte rasch die Runde, und noch bevor Gerichtspräsident Andreas Fischer die detaillierten Begründungen für die Freisprüche zu Ende verlesen hatte, drangen bereits die ersten «empörten und entrüsteten» Stellungnahmen von Politikern aus Bundesbern in die Stadthalle Bülach. Von «absoluter Pleite», «Fiasko» und «Debakel» war die Rede; relativierende oder einordnende Stimmen hatten es in diesem aufgeregten Umfeld schwer, sich Gehör zu verschaffen. Die Freigesprochenen gaben ihrer Befriedigung, wenn überhaupt, betont zurückhaltend Ausdruck; die Zürcher Staatsanwaltschaft wiederum, die mit ihren Anträgen 19-mal unterlegen war, rechtfertigte sich an einer Medienkonferenz. Sie stellte in Aussicht, gegen mehrere Freisprüche Berufung am Zürcher Obergericht einzureichen.
Weiterzug ans Obergericht angekündigt
Christian Weber, der Leiter der auf Wirtschaftsdelikte spezialisierten kantonalen Staatsanwaltschaft III, sagte an der Medienkonferenz, sein Team habe mit der Anklage noch kaum begangenes Terrain betreten. Es gehe um die grundsätzliche Frage, wo die Grenze der strafrechtlichen Verantwortung für Verwaltungsräte zu ziehen sei. Ob er die erstinstanzlichen Freisprüche zu dieser Frage stehenlässt, wollte Weber offenlassen. Er liess aber durchblicken, zumindest einzelne der insgesamt 19 Freisprüche anzufechten. Allfällige Beschwerden müssen innert zehn Tagen angemeldet werden, die Staatsanwaltschaft will darüber frühestens am 20. Juni informieren.
der weitere Bericht in der NZZ:
http://www.nzz.ch/2007/06/07/wi/newzzF2NNO8XF-12.print.html