Goldman Sachs: Die Gelddruckmaschine funktioniert nicht mehr Liebe Leser,
an den Aktienmärkten wurden heute wieder Gewinne mitgenommen. Der starke Zwischenspurt beim DAX wird korrigiert, der deutsche Leitindex fällt wieder Richtung 7.000 Punkte. Der Schlusskurs lag mit 7.024 Punkten knapp 1% unter dem Vortageswert.
Je nach Analyst gibt es ganz unterschiedliche Gründe für den Rücksetzer: Die drohende Zinserhöhung in China, die unberechenbaren Konjunkturdaten, die Schuldenkrise in Europa oder Gewinnmitnahmen nach dem rasanten Zwischenspurt Ende 2010.
Investoren setzen (noch) auf die Verlierer
Tagesverlierer waren heute die Werte, die im Vorjahr stark zugelegt haben. Umgekehrt führten mit Eon, RWE und Commerzbank 3 DAX-Werte die Gewinnerliste an, die im Vorjahr unter 30 Werten nur die Plätze 30, 28 und 27 belegt hatten. In dieser Liste fehlt nur Merck.
Dieser Tausch „Vorjahresgewinner verkaufen, Vorjahresverlierer kaufen“ findet regelmäßig zu Beginn eines neuen Börsenjahres statt. Es gibt mehrere Anlage-Strategien, die genau auf diesen Favoritentausch setzen. Es ist aber fraglich, ob die Vorliebe für die Vorjahresverlierer lange anhält. Wenn die Vorjahresgewinner erneut so starke Zahlen wie 2010 präsentieren, kann die alte Reihenfolge bald wieder hergestellt werden (wobei die Versorger 2011 besser abschneiden werden als 2010).
Gewinnrückgang löst Kursverluste aus
Die meisten Zahlen, die bisher für das 4. Quartal 2010 veröffentlich wurden, sind sehr stark ausgefallen (Apple, IBM, Intel, Alcoa usw.). Für die größten Schlagzeilen und einen Kursrutsch am Aktienmarkt sorgte jedoch ein negativer Ausrutscher. Wobei man sich sogar fragen muss, ob das tatsächlich eine negative Überraschung war.
Die Rede ist von der fast schon legendären US-Bank Goldman Sachs. Goldman Sachs gilt als Gelddruckmaschine. Keine Großbank schaffte es in der Vergangenheit so gut, auch in schlechten Zeiten Geld zu verdienen. Sicherlich war es hilfreich, dass die Bank traditionell sehr eng mit der politischen Führung in den USA „verbandelt“ war.
Im Jahr 2010 spürte Goldman Sachs jedoch politischen Gegenwind. Das war indirekt auch ein Grund, warum es zu einem Gewinneinbruch kam. Der Gewinn je Aktie sank von 22,13 auf 13,18 USD.
Die Götter der Finanzbranche müssen sich neu erfinden
Die Banker von Goldman Sachs galten über viele Jahre als cleverer und smarter als die Konkurrenz. Irgendwie hat es die Bank immer wieder geschafft, auch mit schwierigen Projekten Geld zu verdienen. Die Art und Weise, wie die Gewinne erzielt wurden, spielte keine große Rolle.
Das hat sich seit Ausbruch der Finanzkrise geändert. Politik und Börsenaufsicht wollen jetzt wissen, an welchen Rädern die Banken drehen. Einige Geschäftsmodelle wurden verboten oder eingeschränkt. Es gibt gleich 3 Reformen, die die Handlungsfreiheit einschränken: 1) Die Finanzreform der US-Regierung, 2) die verschärften Kapitalvorschriften und 3) der 39-Punkte-Plan, den die Bank verabschiedet hat, um den eigenen Ruf etwas aufzupolieren.
Die Bank darf jetzt nicht mehr jedes Geschäft abschließen. Hinzu kam, dass 2010 einige Märkte nicht so liefen, wie es sich Goldman Sachs vorgestellt hat.
Positive Überraschung ist ausgeblieben
Die 3 oben genannten Reformen und auch das schwache Geschäftsklima waren jedoch an sich keine Überraschung. Die Analysten hatten bereits im Vorfeld mit dem starken Gewinnrückgang gerechnet. Die Durchschnittsanalysen wurden fast punktgenau erreicht.
Aber warum hat die Börse dann so panisch reagiert? Goldman Sachs ist keine „Durchschnittsbank“. Die Analysten haben ihre Gewinnprognosen veröffentlicht, aber insgeheim damit gerechnet, dass die Bank wieder einmal ein Ass im Ärmel hat und die Pokerrunde in letzter Sekunde gewinnt. Die positive Überraschung ist jedoch ausgeblieben. Und das ist auch gut so! Endlich ist die Bank nicht mehr in der Lage, den Gewinn nach eigenen Wünschen zu steuern. Die Bank-Manager müssen erkennen, dass sie nicht länger mit „Zaubertricks“ arbeiten können.
Rückkehr zur Normalität
Die Zahlen, die Goldman Sachs präsentiert hat, waren nicht schlecht. Das waren die Zahlen, die eine Bank im Geschäftsjahr 2010 erreichen konnte. Zweistellige Milliardengewinne wie noch im Jahr 2009 können nicht Jahr für Jahr wiederholt werden. Mit dem 2010 erreichten Nettogewinn von 8,4 Mrd. USD kann die Bank gut leben. Das Durchschnittsgehalt liegt noch immer bei gut 400.000 USD je Mitarbeiter.
Was Goldman Sachs 2010 erlebt hat, war die Rückkehr zur Normalität. In den vergangenen 10 bis 20 Jahren hat sich die Finanzbranche von der Realwirtschaft abgekoppelt. Der Anteil am BIP stieg von Jahr zu Jahr. In der „realen“ Welt war die Bedeutung der Banken jedoch nie so groß, wie es die Zahlen angedeutet hatten. Die Bankenbranche muss wieder zurechtgestutzt werden.
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