IM Internationalmedia-CFO: "Heute so gut wie lange nicht mehr" Leser des Artikels: 2861
Die IM Internationalmedia AG hat sich in 2005 eine solide Geschäftsbasis erarbeitet. Nach Jahren enormer Verluste kamen im vergangenen Geschäftsjahr erstmalig die einschneidenden Veränderungen in der Kostenstruktur zum Tragen und die Gesellschaft passte ihr Geschäftsmodell an. Obwohl stets betont wurde, dass die beiden neuen Geschäftsfelder Intermedia Cinema und Intermedia TV zahlenmäßig erst ab 2006/2007 wirksam würden, schloss die IM das vergangene Jahr mit einem erfreulichen positiven Gesamtergebnis ab. Seit Ende März hat Prof. Dr. Helmut Thoma, einer der wohl bekanntesten und erfolgreichsten Medienexperten Deutschlands, den Vorsitz im Aufsichtsrats übernommen. Auch in der Vorstandsetage gab es einen Wechsel: Christian J. Böhmer ist der Mann, der nun gemeinsam mit Martin Schürmann die Geschicke der Filmgesellschaft leitet. Trotz aller positiver Entwicklungen und zahlreicher positiver Analystenstudien sieht sich die Gesellschaft nach einem schwachen US-Start ihres Thrillers "Basic Instinct 2" einem abbröckelnden Aktienkurs ausgesetzt. Wallstreet:online befragte exklusiv als erstes aktionärsaffines Medium in Deutschland den neuen CFO, Christian J. Böhmer, zur aktuellen Situation bei IM.
Herr Böhmer, seit 16. März sind Sie nun Mitglied des Vorstands der IM Internationalmedia AG. Nachdem sich der Kurs die ersten Monate des Jahres doch recht erfreulich entwickelt hatte, ist er mit Anlauf des Films BASIC INSTINCT 2 in den USA nun wieder zurückgegangen. Wie beurteilen Sie die aktuelle Kursentwicklung?
Böhmer: Nun, zufrieden sind wir mit dieser Entwicklung natürlich nicht, das ist ganz klar nicht die Richtung, die wir uns für den Kurs wünschen. Auf der einen Seite muss man zwar sehen, dass der Kurs im vergangenen Jahr weitaus herbere Rückschläge einstecken musste. Auf der anderen Seite zeigt es aber auch, dass einige Aktionäre ihr Investment offenbar in erster Linie aufgrund unseres Films BI2 getätigt haben. Da wir viele Anleger haben, die sich mit der Gesellschaft und ihrem Geschäftsmodell intensiv beschäftigt haben und auseinandersetzen, ist es gerade für diese Aktionäre natürlich enttäuschend, dass der Kurs aufgrund eines wenig guten Eröffnungswochenendes in den USA unter einen Euro rutscht. Abgesehen davon läuft der Film in internationalen Territorien wie beispielsweise Frankreich oder Italien sehr ordentlich. In jedem Fall wird es wieder einmal deutlich, wie wichtig die Strategieänderung für das Unternehmen ist, die ich auch schon als Aufsichtsratsmitglied befürwortet und unterstützt habe. Ziel ist es, in den kommenden Jahren die finanziell größtmögliche Unabhängigkeit von großen Eventfilmen zu erreichen. Wir sind kein US-Studio, sondern ein so genannter „Independent“ und sollten all unsere Aktivitäten entsprechend verstärkt darauf konzentrieren.
Besteht in Ihren Augen Anlass zur Sorge, dass der Kurs noch weiter fällt? Im April vergangenen Jahres lag der Kurs bei unter 60 Cent, werden wir solche Kurse wieder sehen?
Böhmer: Ich bin kein Analyst und Kursprognosen gebe ich grundsätzlich nicht ab, aber bei aller Enttäuschung über den gegenwärtigen Aktienkurs darf man doch eines nicht vergessen: Woher die Gesellschaft kommt und wie sie heute da steht. Wenn ich mir die Zahlen der letzten Jahre ansehe, so lagen wir in 2002 und 2003 noch bei um die Minus 100 Mio. Euro, im Jahr 2004 belief sich das negative Gesamtergebnis auf Minus 22,7 Mio. Euro. Das vergangene Jahr hingegen konnten wir mit einem positiven Gesamtergebnis abschließen, das vierte Quartal zudem mit einem positiven EBIT. Im Projektgeschäft, in welchem wir uns ja bewegen, sind natürlich Ausschläge nach oben und nach unten nie völlig auszuschließen. Allerdings stehen wir heute so gut da wie lange nicht mehr. Die Kosten der allgemeinen Verwaltung und auch die Abschreibungen auf Filmentwicklungskosten konnten wir erheblich senken. Nachteile des alten Geschäftsmodells werden mit den neuen strategischen Geschäftsfeldern in den nächsten Jahren immer stärker abgebaut werden können. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und aus Fehlern gelernt.
Sind mit der neuen Strategie derartige Kursschwankungen Ihrer Meinung nach also besser zu kontrollieren?
Böhmer: Wirkliche Kontrolle wird man über einen Aktienkurs nie haben können. Der Markt macht den Kurs, das Unternehmen ist für das Geschäft zuständig. Bei einer Konzentration auf kleinere Filme vor allem im Genre-Bereich ist es aber tendenziell so, dass ein solcher Hype im Vorfeld gar nicht erst stattfindet, da es sich um kleinere Filme handelt, häufig mit wenig bekannten Schauspielern. Insofern ist die Gefahr nicht so groß, dass diese Filme Anleger anziehen, die nur auf Basis eines Films auf kurzfristige Gewinnmitnahmen spekulieren.
Mit Ihrer Erfahrung im Film- und Fernsehgeschäft, gibt es eine Richtung, in die Sie IM in den nächsten Jahren stärker treiben wollen?
Böhmer: Nun ja, was das betrifft, so ist hier in den letzten nicht mal 12 Monaten ja unglaublich viel passiert. Mit der Erweiterung des Geschäftsmodells um zwei weitere Standbeine wird die Gesellschaft künftig auf einer ganz anderen Basis arbeiten, welche wesentlich breiter ist und die Volatilitäten des Projektgeschäfts in den nächsten Jahren glätten sollte. Im Rahmen dieser neuen Strategie haben wir in kürzester Zeit wichtige strategische Partnerschaften wie mit Action Concept und Kadokawa Pictures geschlossen und sind auch intern mit den notwendigen Maßnahmen sehr gut vorangekommen. Was mir persönlich durchaus noch vorschwebt, ist eine Ausweitung des operativen Geschäfts, nicht nur wie bisher in strategischer Hinsicht, sondern auch in geographischer.
Was genau meinen Sie damit, wollen Sie Hollywood den Rücken kehren?
Böhmer: Ganz und gar nicht, die USA sind nach wie vor das wichtigste Land im Filmbusiness. Allerdings gewinnen auch für international auswertbare Produktionen andere Länder kontinuierlich an Bedeutung. Vor allem in Hinblick auf unsere beiden neuen Bereiche Intermedia Cinema und Intermedia TV. Bisher fand das gesamte operative Geschäft in den USA statt. Mit der Produktion von Genrefilmen und TV-Serien und –Miniserien jedoch werden auch andere Standorte sehr interessant. Ich halte es somit für durchaus erstrebenswert, in den kommenden Jahren daran zu arbeiten, operatives Geschäft nach und nach auch in europäischen Märkten zu generieren. Das ist sicherlich etwas, wo mir meine bisherige Erfahrung sehr zugute kommt. Auch unser neuer Aufsichtsratschef Prof. Thoma wird mir in diesem Bereich mit seinem Erfahrungsschatz eine wertvolle Unterstützung sein.
Herr Böhmer, was ist an den Gerüchten an der Börse dran, dass der neue, doch sehr angesehene Aufsichtsratsvorsitzende und Sie in Erwägung ziehen, Aktien der IM zu kaufen?
Böhmer: Für Herrn Prof. Thoma kann ich an dieser Stelle natürlich nicht antworten. Für mich persönlich ist ein Aktienkauf keinesfalls ein abwegiger Gedanke. Allerdings muss ich gestehen, dass ich mich mit diesem Gedanken bisher noch nicht intensiver beschäftigt habe. Den Vorstandsposten habe ich gerade erst übernommen, momentan gibt es für mich somit wichtigere Themen, mit denen ich mich auseinandersetze. Generell möchte ich mich also zunächst mit den Themen meines Jobs und des Unternehmens intensiv beschäftigen, bevor ich über private Investitionsentscheidungen nachdenke. Für die Zukunft aber schließe ich einen persönlichen Aktienkauf generell nicht aus.
Quelle: Newsflash
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