Citigroup verbucht im 2Q geringeren Verlust als erwartet
(NEU: Details, Ratingbestätigung, Hintergrund, Aussagen von CFO und Analysten)
Von Matthias Rieker
Die Citigroup Inc hat im zweiten Quartal erneut einen Milliardenverlust verzeichnet. Dieser fiel jedoch nicht so hoch aus wie von Marktbeobachtern erwartet. Die US-Finanzgruppe berichtete einen Verlust von 2,5 Mrd USD, verursacht durch Abschreibungen im Investmentbereich von rund 7 Mrd USD und weitere 7,2 Mrd USD an Kreditkosten.
Im Vergleich zum Vorquartal gingen die Abschreibungen und Verluste um die Hälfte zurück und waren nicht so hoch, wie von Analysten erwartet.
Nach einer Reihe von organisatorischen Änderungen und der Abgabe von Bereichen im Wert von rund 100 Mrd USD im zweiten Quartal, zeichnen sich Fortschritt bei der Citigroup ab. Das Ganze sei ein Prozess von zwei bis drei Jahren, sagte CFO Gary Crittenden im Interview mit Dow Jones Newswires. Aber das Tempo der Veränderungen sei "sehr gut".
Die Ergebnisse lassen die Aktie im morgendlichen Handel um über 8% steigen und bilden ein Gegengewicht zu den Zahlen von Merrill Lynch & Co vom Vortag, die schlimmer als befürchtet ausfielen.
Mike Mayo, Analyst bei der Deutschen Bank, sieht nach den Quartalszahlen die Sorgen über eine drohende Kapitalerhöhung gemildert. Anhaltendes Thema bleibe jedoch "der Grad weiterer möglicher Abschreibungen durch die verbliebenen Hochrisiko-Investments, ein andauernder negativer Trend bei Krediten und die Frage, wieviel der Einnahmen dieses Quartals einmalig sind", so Mayo in einer Studie.
Im zurückliegenden Jahr hat die Citigroup über 40 Mrd USD an Vermögenswerten abgeschrieben. Allerdings könnten die jetzt berichteten Zahlen Optimisten Hoffnung geben, dass ein Boden gefunden ist.
Moody's hat am Freitag das Rating für vorrangige Schulden der Bank mit "Aa3" bestätigt. Die Citigroup sei finanziell ausreichend ausgestattet, um weitere Verluste auszuhalten, die in den kommenden Quartalen abnehmend erwartet werden. Moody's wies auf das verbesserte Risikomanagement und die erhöhte Liquidität der Bank hin. Weitere Nettoverluste in diesem Jahr sind nach Ansicht der Ratingagentur aber nicht ausgeschlossen.
Citigroup verzeichnete im Berichtszeitraum einen Nettoverlust von 2,5 Mrd USD bzw 0,54 USD je Aktie. Im Vorjahr stand ein Nettogewinn von 6,23 Mrd USD bzw 1,24 USD je Anteilsschein zu Buche.
Im Ergebnis sind rund 7,2 Mrd USD Kreditkosten enthalten, darunter mit 4,4 Mrd USD an Verlusten mehr als das Doppelte des Vorjahreswerts von 2 Mrd USD. Dazu kommen 2,5 Mrd USD Rückstellungen, die für weitere Verluste vor allem im nordamerikanischen Immobilienbereich vorgesehen sind.
Die Einnahmen fielen um 29% auf 18,65 Mrd USD. Letzte Schätzungen von Thomson Reuters befragter Analysten lagen bei einem Verlust von 0,66 USD je Aktie und Einnahmen von 17,55 Mrd USD. Im ersten Quartal wurde ein Nettoverlust von 5,1 Mrd USD wegen Abschreibungen von rund 14 Mrd USD verzeichnet.
Citigroup-Aktien, die seit der Markierung eines 12-Jahres-Tiefs am Dienstag 28% zugelegt und am Donnerstag bei 17,97 USD geschlossen hatten, stiegen nach den Zahlen im morgendlichen Handel auf 19,47 USD.
Das Geschäft mit Verbraucherkrediten, die größte Citigroup-Sparte, verbuchte einen Verlust bei um 1% gestiegenen Einnahmen. Die durchschnittliche Kreditsumme stieg um 9%, die Höhe der durchschnittlichen Einlage wuchs um 8%. Allerdings gingen die Investment-Verkäufe um 20% zurück. Die Nettoverlustrate bei Krediten dieses Segments in Nordamerika verdreifachte sich annähernd auf 2,33% von 0,87%.
Die Einnahmen im weltweiten Kartengeschäft stiegen um 3%, der Gewinn ging wegen höherer Kreditkosten und gesunkener Absicherung in Nordamerika jedoch um 56% zurück. In dieser Region verzeichnete Citigroup allgemein einen Gewinnrückgang von 75%, während Asien mit einem Minus von 4% noch am besten abschnitt. Die Nettoverlustrate bei Krediten in Nordamerika lag mit 6,53% fast beim dreifachen Wert des Vorjahrs.
CFO Crittenden bezeichnete die sich verschlechternde Kreditsituation als "immer noch hauptsächlich ein US-Verbraucherthema und sie verschlechtert sich weiter". Kreditausfälle gäbe es weltweit, aber nirgends so stark wie in den USA und Mexiko. Die Citigroup habe die Rückstellungen für Ausfälle im Kreditkartenbereich erhöht, da Anzeichen für zunehmende Verluste vorhanden seien.
Die Rate von Totalausfällen bei Krediten habe sich erhöht, so Crittenden. Auch die Zahl der Insolvenzanträge sei von den historischen Tiefstständen wieder entfernt. "In Nordamerika sehen wir außerdem anhaltende Belastungen im Bereich mit persönlichen Darlehen".
Im institutionellen Bereich, welches das Wertpapiergeschäft und das Investmentbanking umfasst, schrieb Citigroup ebenfalls rote Zahlen, da nach den Abschreibungen die Einnahmen um 71% gesunken sind. Zum Verlust trugen 3,4 Mrd USD an Abschreibungen auf Subprime-Engagements bei, welche damit um ein Drittel in diesem Quartal abnahmen. Dazu kamen Abschreibungen in Höhe von 2,4 Mrd USD für Investments in Anleiheversicherer und 870 Mio USD bei anderen Positionen im Immobilienbereich.
In der weltweiten Vermögensverwaltung fiel der Gewinn um 21%, die Einnahmen stiegen um 4%.
In der vergangenen Woche hatte Morgan Stanley die Gewinnprognosen für eine Reihe großer US-Banken in der Erwartung aufgelaufener Verluste zurückgenommen. Die Kreditkrise hat Citigroup dazu gezwungen, seit November rund 39 Mrd USD an frischem Kapital aufzutreiben, nachdem sie in den vorhergehenden drei Quartalen ungefähr 40 Mrd USD an Abschreibungen vorgenommen hatte. Beobachter erwarten jedoch, dass die Bank noch mehr Kapital benötigt, da die Kreditrisiken weiter steigen. Am Dienstag hat CreditSights die Citigroup auf eine Liste aufgenommen, auf der Banken mit erwarteten weiteren Dividendenkürzungen stehen.
Vikram Pandit, der erst Ende 2007 zum CEO ernannt wurde, hat im Mai drastische Restrukturierungsmaßnahmen angekündigt. Teil der Pläne ist das Zurückfahren von Bereichen im Wert von mehr als 350 Mrd USD in den nächsten zwei bis drei Jahren, um schlanker zu werden. Im zweiten Quartal hat sich die Bank von Werten in Höhe von 99 Mrd USD getrennt.
Viele Marktteilnehmer sind dennoch besorgt über die Aussichten der Bank, da sie durch ihre weit verstreuten Tätigkeiten von nahezu allen möglichen Problemen im Finanzbereich betroffen wäre. Auch nach den hohen Abschreibungen besitzt das Institut immer noch Collateralized Debt Obligations (CDOs) im Wert von 28 Mrd USD.
Kürzlich hat die Bank ihren kränkelnden "Old Lane"-Hedgefonds abgewickelt und dabei zum Ausgleich der Bilanz weitere 9 Mrd USD zugeschossen. Einen weiteren Schritt zur Sanierung der Finanzen hat die Citigroup in der vergangenen Woche unternommen, als das lukrative deutsche Privatkundengeschäft an die französische Credit Mutuel für 7,7 Mrd USD verkauft wurde. Aus dem Bargeschäft, das bis Ende diesen Jahres abgeschlossen sein könnte, erwartet sich die Citibank einen Nachsteuereffekt von 4 Mrd USD.
"Wir haben im zweiten Quartal rund 20% der Altlasten abgegeben", so Crittenden. Zusätzlich zu den Abschreibungen hat Citigroup Geschäftsbereiche verkauft, die als nicht zum Kerngeschäft gehörig identifiziert wurden, wie zum Beispiel CitiStreet LLC, CitiCapital und den internationalen Bereich ihrer DinersClub-Kreditkartensparte.
Damit hat Citigroup jetzt noch vier Geschäftsbereiche: Kreditkarten, Verbraucherfinanzierung, Investmentbanking und Vermögensverwaltung. Weitere Änderungen der Organisationsstruktur seien nicht geplant, so Crittenden. "Wir denken, wir haben jetzt die richtige Struktur", sagte Crittenden. In diesem Jahr ist die Zahl der Angestellten um 14.000 zurückgegangen, im zweiten Quartal um 6.000 und beträgt derzeit 363.000.
Webseite: http://www.citigroup.com
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