Von der Homepage des MDR Interview zum Geschäftsbericht"Bei Halloren prallen zwei Kulturen aufeinander" Die Halloren Schokoladenfabrik in Halle hat das zweite Jahr in Folge Minus geschrieben und musste drei Tochterunternehmen verkaufen. Grund ist nach Angaben des Unternehmens der schwierige Markt. Martin Weimann von der Verbraucherzentrale für Kapitalanleger sieht den Fehler jedoch in den Interessen der Geldgeber. MDR SACHSEN-ANHALT hat mit dem Finanzexperten gesprochen.
MDR SACHSEN-ANHALT: Die Schokoladenfabrik Halloren hat das zweite Jahr in Folge Verluste gemacht. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Meines Erachtens prallen in der Halloren Schokoladenfabrik zwei Kulturen aufeinander. Zunächst hatten wir ja die Phase, die von einem Unternehmer geprägt war, der das Unternehmen von der Treuhand übernommen und saniert und zum Erfolg geführt hat.
Die jetzigen Hauptaktionäre, Charlie Investors – das sind zwei ehemalige Lehmann-Banker und vorher in der Immobilienbranche tätig – haben natürlich eine ganz andere Denkweise als so ein klassischer Unternehmer, der mit viel Herzblut das ganze Unternehmen gerettet hat. Und diese beiden Denkweisen passen natürlich nicht zueinander.
Der Hauptaktionär und die dahinter stehenden Personen haben ganz andere Interessen als die Halloren AG.
Martin Weimann
Was ist bei Halloren falsch gelaufen?
Im Laufe der letzten Jahre hat es eine ganze Reihe von Maßnahmen gegeben, die sich widersprechen, die nicht zueinander passen und die letztlich das Unternehmen in eine schwierige Situation gebracht haben. Beispielsweise hat man Kapital aufgenommen. Da fragt man sich: Wozu braucht man das Geld? Man hat dann als nächstes im Dezember 2016 einen Aktienrückkauf gemacht. Und das passt ja nicht zusammen: Auf der einen Seite Kapitalerhöhung, auf der anderen Seite Aktienrückkauf.
Man hat jetzt drei Unternehmen verkauft, weil man das Geld benötigte. Und zwar hat man zwei Unternehmen, Delitzsch und Bouchard, den Hauptaktionäre von Halloren, verkauft. Das macht ebenfalls keinen Sinn. Als nächstes sagt man: Wir brauchen die Börse nicht mehr, um Geld zu bekommen – Stichwort Delisting. Wir finanzieren uns anders. Aber womit? Man hat sich mit Kapitalerhöhungen finanziert, man hat Aktienrückkäufe gemacht, und man hat jetzt Unternehmen verkauft, um die Kasse zu schließen.
Die nächste Maßnahme, ist der Wechsel von einer Aktiengesellschaft in eine GmbH. Das macht erneut keinen Sinn, wenn man Unternehmen verkaufen muss, um noch an Geld zu kommen
Wie beurteilen Sie den Verkauf der Tochterunternehmen?
Der Verkauf zeigt ja, das Geld erforderlich war. Und das hätte man sich auch an der Börse beschaffen können.
Hier stehen aber die Interessen des Hauptaktionärs Charlie Investors gegen die Interessen der übrigen Aktionäre. Der will die Unternehmen natürlich möglichst billig erwerben. Wenn die Halloren Aktien-Gesellschaft aber weiter Aktien ausgibt, steigt der Wert des Unternehmens und damit der Preis für den Käufer.
An dieser Stelle zeigt sich der Interessenskonflikt. Der Hauptaktionär und die dahinter stehenden Personen haben ganz andere Interessen als die Halloren Aktien-Gesellschaft.
Es macht sicherlich mehr Sinn, erst einmal in Deutschland den Markt zu durchdringen, als nach China und in die USA zu gehen.
Martin Weimann
Wenn von "schwieriger Markt" für die Süßwarenhersteller die Rede ist, was bedeutet das? Ist Schokolade essen "out" geworden?
Schokolade wird immer gegessen. Nestlé und die großen Player sind kerngesunde Unternehmen. Aber die Frage ist: Wie positioniert man sich am Markt?
Halloren ist das älteste Schokoladenunternehmen Deutschlands, es hat mit der Kugel ein attraktives Produkt. Da stellt man sich die Frage, warum dieses Produkt nicht auch in höherwertigen Geschäften in Westdeutschland angeboten wird. Ich komme daher und sehe diese Kugel kaum. Und es macht sicherlich mehr Sinn, erst einmal in Deutschland den Markt zu durchdringen, als nach China und in die USA zu gehen, was ja das jetzige Management vorhat.
Hat sich Halloren mit den internationalen Einkäufen übernommen?
Das liegt auf der Hand. Der Heimatmarkt ist wesentlich einfacher als der Auslandsmarkt. Man muss viel mehr aufbauen.
Ich persönlich halte es für falsch, wenn ein Unternehmen dieser Größenordnung versucht, im Ausland Fuß zu fassen, den eigenen Heimatmarkt aber noch gar nicht durchdrungen hat.
Halloren hat ein großartiges Produkt.
Martin Weimann
Wie wird es mit dem Unternehmen weitergehen? Die Firma selbst spricht ja von einer kerngesunden Bilanz.
Halloren hat ein großartiges Produkt, was sich überall in Deutschland verkaufen lässt und auch von den anderen Schokoladenprodukten abgrenzt. Von daher hat man eine sehr gute Ausgangslage. Es liegt jetzt am Management, was man rausholt und es liegt auch am Hauptaktionär, inwieweit er diese Chance sieht. Da habe ich aber meine Zweifel, inwieweit branchenfremde Investoren hier das nötige Grundverständnis mitbringen.
Man kann nur hoffen, dass Halloren sich auf sein Kernprodukt besinnt und es erst einmal im Heimatmarkt vertreibt, bevor es ins Ausland geht.
Martin Weimann ist Rechtsanwalt und ist Vorstand der Verbraucherzentrale für Kapitalanleger. Die Hauptaufgabe des Vereins ist nach eigener Aussage, die nicht in den Organen – also Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung – vertretenen Aktionäre zu vertreten. Das geschehe vor allem auf Hauptversammlungen und in gerichtlichen Verfahren
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