Ich sehe es auch so, daß die Immobilienpreise mittlerweile ein Niveau erreicht haben, wo selbst bei guter Vermietung (also ohne Mietausfälle, Vandalismus, etc.) kaum noch Rendite in Sicht ist. Man muß sich also darauf verlassen, daß die Preise weiter steigen werden.
Um diese steigenden Preise zahlen zu können, müßten aber auch die Löhne der Mieter sich weiter erhöhen - mindestens in Höhe der Inflation und das einkommenssteuerbereinigt (ein Umstand, der leider oft "übersehen" wird, wenn neue Tarifergebnisse gefeiert werden). Eben dies tun sie aber nicht. Junge Arbeitsnehmer werden heute zu Konditionen eingestellt, die kaufkrafttechnisch von vornherein unter dem liegen, was in den 1980ern für gleichwertige Jobs geboten wurde - mal abgesehen davon, daß Festverträge spürbar seltener geworden sind. Und was Klein- und mittelständische Selbständige betrifft, so stehen wir "dank" Corona vor einer gewaltigen Konkurswelle - spätestens dann, wenn die Staatshilfen auslaufen, und das werden sie. Wo also sollen all die zahlungskräftigen Mieter herkommen, die den Wohnimmobilienmarkt in den kommenden Jahren weiter auf immer neue Höhen treiben?
Diese Frage stelle ich mir schon lange. Dann allerdings schaue ich rüber in unsere Nachbarländer und siehe: Nicht nur in Städten wie London oder Paris werden noch ganz andere Preise gefordert und offensichtlich auch von irgendwem gezahlt - seit Jahrzehnten bereits. Sogar an Orten wie Lissabon, Prag, Bukarest, etc. ist das mittlerweile so. Wie machen deren Einwohner das - also jene, die ganz normalen bürgerlichen Berufen nachgehen? Liege ich also mit meiner Vermutung (oder besser: Hoffnung) auf ein Platzen der Immobilienblase in Deutschland oder zumindest auf Stagnation der Immobilienpreise für die kommenden Jahre also nicht doch daneben?
Zurück nach Deutschland... Das Gespenst des Schwarzen Freitag wirkt bis heute auf biodeutsches Sicherheitsdenken ein; zudem bleibt das Zinsniveau niedrig. Wofür also werden Biodeutsche sich entscheiden, wenn sie vor der Wahl stehen, entweder ein Wertpapierportfolio aufzubauen oder sich eine Eigentumswohnung zuzulegen, sobald sie eine einigermaßen feste Anstellung haben? Ich denke, solange die Hypothek dafür nicht wesentlich höher ausfallen wird als die Miete für ein halbwegs vergleichbares Objekt, werden die meisten der ETW den Vorzug geben.
Vor vielen Jahren sagte mir mal jemand, ich solle das so sehen: "Die Miete mußt Du doch auch auf jeden Fall aufbringen. Solange die Hypo also nicht höher ausfällt als sie, betrachte das als "Miete" und denk nicht darüber nach, ob Du jemals arbeitslos werden könntest oder nicht. Du wirst das ggfs. irgendwie regeln - so wie Du es auch regeln würdest müssen, um Deine Mietwohnung weiter behalten zu können."
Ich sehe das genauso und denke, im Zweifel werden deutsche Kleinanleger sich eben erst mal eine kleinere, aber dafür eigene Wohnung (mit entsprechend überschaubar bleibender Hypothek) kaufen, statt sich mit Wertpapieranlagen auf dieselbe Weise zu beschäftigen, wie es beispielsweise ihre US-Pendants seit Jahrzehnten längst tun. Der Tiny House-Marktboom spricht IMO ebenfalls für diese Denke: "Klein, aber mein".
Daher wird der deutsche Immobilienmarkt IMO erst dann nachhaltig kippen, wenn auch kleine Wohnungen und Tiny Houses unbezahlbar geworden sind. Soweit ist es aktuell noch nicht, obwohl natürlich u.a. der Wegzug von Rentnern in asiatische Länder wiederum ein deutliches Indiz dafür ist, daß Deutschland für bestimmte Schichten (und Rentner wird es immer mehr geben!) zu teuer geworden ist. Die Frage ist IMO, wie lange es noch dauern wird, bis auch der Mittelstand soweit verarmt ist, daß er sich nicht mal mehr eine 2-Zimmer-Wohnung in einer deutschen Groß- oder Kleinstadt mehr leisten kann, weil die Bank ihm keinen Kredit dafür mehr einzuräumen bereit ist und die Hypo sogar die Miete für ein 1-Zimmer-Apartment deutlich übersteigt.
Corona trägt gerade sein Teil dazu bei, zumindest Kleinselbständigen flächendeckend den Garaus zu machen. Ich rechne in 2021/22 mit einer Konkurswelle historischen Ausmaßes. Das wird den Druck auf den Arbeitsmarkt erhöhen - und damit auf die Löhne und deren Entwicklung. Zwar entstehen immer noch neue Jobs, aber man muß einschlägig qualifiziert dafür sein. Die heute gescheiterten Kleinselbständigen werden aber nicht unbedingt zu den gefragten Facharbeitskräften von morgen mutieren... nicht jeder ist zu allem fähig und bereit.
Vielleicht erreichen wir also in 2-3 Jahren den Punkt, wo der Immobilienmarkt nachhaltig kippt - zumindest was die Nachfrage nach "normalen" Objekten betrifft. Luxusimmobilien hingegen dürften weiterhin gefragt bleiben und sich je nach Lage sogar noch weiter steigern. Denn eines ist sicher: Das Geld geht nicht verloren, es wechselt nur die Taschen.
In vielen leerstehenden Geschäften von 2021/22 werden sich neue Eigner breitmachen - zu Schnäppchenpreisen (?) - und es wird weitergehen in diesen Gebäuden, wenn auch anders als bisher. Für große Bürogebäude sehe ich es hingegen gemischt. Die Heimarbeit wird viele von ihnen überflüssig machen. Sollten sie in Wohnraum gewandelt werden (können), so dürfte das die Lage am Mietmarkt entschärfen helfen und angesichts einer weiterhin wachsenden Bevölkerung dürfte es dafür dann auch hinreichend Nachfrage geben. Investieren (etwa mit einschlägigen ETFs) würde ich in speziell diesen Sektor aber erst mal nicht.
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