Der Westen muss abwägen zwischen dem, was wünschenswert ist, und dem, was möglich ist - sagt der "Economist". https://www.economist.com/leaders/2022/07/28/how-to-deal-with-despots Zu den deprimierendsten Erfahrungen unserer Gegenwart gehört das Erleben der Selbstgewissheit vieler Akteure in der Stunde ihres Scheiterns. Keine Andeutung des Zweifels ist ihrem Gesicht zu lesen, in ihren Reden zu hören. Sondern sie wissen immer genau, was zu tun ist und packen die Gewissheiten in klare Aussagen.
Das Scheitern der "wertegeleiteten" Außenpolitik "How to deal with despots", wie man mit Despoten umgeht, schreibt der Economist jetzt im Leitartikel seiner Sommer Doppelausgabe, selbstredend wird das ohne Fragezeichen gesetzt, als Gebrauchsanleitung für seine politisch handelnden Leser.
Rund 15 Jahre, von 1991 bis 2006, sei die westliche Außenpolitik einem wertegeleiteten, sicheren Fundament gefolgt: "Die liberalen Werte – Demokratie, offene Märkte, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit – hatten sich gerade gegen den Kommunismus durchgesetzt." Ein "Moralkodex" aus Demokratie, offenen Märkten, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit – "die unbestrittene Formel für Frieden, Wohlstand und Fortschritt" – hätte den Kommunismus besiegt und sei von der ersten und einzigen globalen "Hypermacht", den USA, gegen Terroristen und Tyrannen durchgesetzt worden.
Nach weiteren 15 Jahren habe, so das britische Magazin, die westliche Außenpolitik ihren Kurs verloren und sei auf allen Ebenen, der der Werte, der der Macht und der des historischen Bewusstseins, erodiert. Die US-amerikanischen Kriege im Irak und Afghanistan hätten gezeigt:
"Man kann Menschen nicht zu Liberalen machen, indem man auf sie schießt."
weiter der Economist. China habe eine "volksnahe" Republik gebildet, die Frieden, wirtschaftlichen Fortschritt, Wohlstand und einen Teil der Menschenrechte über das Wahlrecht und die Meinungsfreiheit stellt – und damit die Mehrheit einer Bevölkerung hinter sich hat. Diese wisse darum, dass auch Demokratie nicht umsonst ist, dass sie in instabilen Staaten schnell in Anarchie umkippen kann und manchem Nachteile und vielen keine Vorteile gegenüber anderen Staatsformen bringt.
Russland hat mit seinem harten Kurs gegen die Nato und dem Angriff auf die Ukraine große Teile der eigenen Bevölkerung hinter sich. Und die Aufforderungen des reichen Westens an die Demokratien des globalen Südens, doch dem antirussischen Bündnis und der Sanktionspolitik beizutreten, laufen ins Leere. Man habe dort, konstatiert kühl auch der Economist, Führungen, welche "die Geduld mit predigenden, heuchlerischen Westlern verloren haben, die selber sehr bereitwillig in andere Länder einmarschieren, wann immer es ihnen gerade passt".
Der beste Weg für den Westen, um den Vorwurf der Heuchelei zu widerlegen, bestehe darin, sich nicht auf wohlfeile moralische Positionen festzulegen, die er doch nicht erfüllen kann....Rückblickend war es unhistorische Anmaßung, zu glauben, "dass Diktaturen durch Bataillone von Menschenrechtsanwälten und Marktwirtschaftlern von ihren Pathologien geheilt werden könnten". Politische Führer sollten ihrem Handeln besser die wahrscheinlichen Ergebnisse als die wünschenswerten zugrundelegen...." https://www.heise.de/tp/features/...t-kluger-Kompromisse-7219554.html
|