Thyssen Krupp kann gut damit leben, also die Aktionäre wohl auch.
News - 23.11.06 09:19 Wirtschaft freundet sich mit Unternehmensteuerreform an
Ginge es nach Schulnoten, die geplante Unternehmensteuerreform würde von der Wirtschaft zur Zeit wohl eine Drei plus bekommen - mit der Chance, dass daraus noch eine Zwei wird. Besonderes Lob gibt es für die niedrigen Steuersätze. Für Misstrauen sorgen dagegen die Details der Gegenfinanzierung.
BERLIN. "Mit dem Konzept der Koalition kann man gut leben", sagt Bernd Jonas, Steuerabteilungsleiter bei Thyssen-Krupp. Für eine abschließende Bewertung komme es allerdings sehr auf "das Kleingedruckte" an - also auf die Formulierungen im Gesetz. Auch in anderen Dax-Konzernen sehen Steuerexperten die Reform überwiegend positiv.
Uneingeschränktes Lob findet das Konzept im Handwerk mit seinen überwiegend kleineren Unternehmen. "Wir sollten für diese Reform werben, weil sie die Standortbedingungen gerade für den Mittelstand deutlich verbessert", sagt Hanns-Eberhard Schleyer, Präsident des Handwerksverbandes ZDH.
Die schwarz-rote Koalition will die Unternehmensteuern zum 1. Januar 2008 reformieren. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) haben Anfang November das Konzept der Koalition vorgestellt. Im Mittelpunkt steht eine Senkung der Steuersätze für Kapitalgesellschaften aus Körperschaftsteuer, Soli und Gewerbesteuer von heute knapp 39 auf unter 30 Prozent. Der Mittelstand profitiert davon, dass der Höchstsatz auf einbehaltene Gewinne der Personengesellschaften, die der Einkommensteuer unterliegen, ebenfalls auf knapp 30 Prozent begrenzt wird.
Um die anfänglichen Steuerausfälle auf fünf Mrd. Euro zu begrenzen, planen Steinbrück und Koch ein Bündel von Maßnahmen zur Gegenfinanzierung. Die zunächst geplante umfassende Besteuerung von Zinskosten, mit der die Gewinnverlagerung ins Ausland erschwert werden soll, ist vom Tisch. In der Gewerbesteuer sollen künftig statt 50 Prozent der Dauerschuldzinsen 25 Prozent aller Zinsen sowie der Finanzierungskosten von Mieten, Leasingraten und Lizenzkosten dem Gewinn hinzugerechnet werden. In der Körperschaftsteuer soll es eine "Zinsschranke" geben, die den Zinskostenabzug begrenzt. "Wenn die Zinsschranke tatsächlich so wie angekündigt umgesetzt wird, dürfte sie ausschließlich Steuergestalter treffen", meint Jonas. Es werde dann hoffentlich deutlich, dass die deutschen Dax-Konzerne keineswegs alles daransetzten, dem deutschen Fiskus Gewinne zu entziehen: "Thyssen-Krupp hat keine Finanzierungsgesellschaft in Irland."
Wie gut oder schlecht Unternehmen das Reformkonzept bewerten, hängt von ihren Finanzierungsstrukturen ab, so BDI-Steuerabteilungsleiter Berthold Welling. Die geplante Änderung bei der Gewerbesteuer biete Betrieben mit langlaufenden Schulden große Vorteile. Für jene mit hohen Lizenzkosten sei sie von Nachteil. Es gebe daher auch Dax-Konzerne, die das Konzept ablehnten. Das sei aber eher die Ausnahme.
DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun bezeichnet allerdings gerade die Gewerbesteuer-Änderung als potenziell "gefährlich: Hier wird die Bewertung sehr von der konkreten Ausgestaltung abhängen", sagt er. Auch müsse Steinbrück im Gesetzgebungsverfahren darauf achten, dass die Regeln für einbehaltene Gewinne nicht zu Bürokratiemonstern mutierten.
Skeptisch sehen alle Wirtschaftsverbände die geplante Besteuerung der Funktionsverlagerung. "Sie schadet dem Forschungsstandort Deutschland", so Braun. Die Koalition will verhindern, dass neue Verfahren, deren Entwicklungskosten als Verlust anerkannt werden, ins Ausland verlagert werden, sobald sie Gewinne bringen. "Die Regierung muss aufpassen, dass sie die Unternehmen nicht dazu motiviert, dann gleich die gesamte Forschung ins Ausland zu verlagern", warnt Welling. Ein mögliches Eigentor für die Regierung könnte auch der Plan sein, bei Fusionen die Verluste des übernommenen Unternehmens als "Mantelkauf" zu werten und steuerlich nicht anzuerkennen. "Wer macht dann noch eine Sanierungsfusion?" fragt der Steuerexperte.
Unterm Strich allerdings sollten die Unternehmen beim Blick auf die Reform die Steuersatzsenkung nicht gering schätzen. Zehn Prozentpunkte weniger als heute: "Das ist auf jeden Fall ein großer Schritt", lobt der BDI-Experte.
Quelle: Handelsblatt.com
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