Eine Augenweide: ein Bildband erzählt die Geschichte der universalen Maschine
Schon der silbrig glänzende Umschlag mit dem Prägedruck signalisiert: hier kommt etwas Wertvolles. Zwar ist "Computers" durch sein Format noch etwas vom Coffee-Table-Book entfernt, aber eine Augenweide ist es trotzdem. Der Publikation gelingt es, aus dem für die meisten Zeitgenossen etwas sperrigen Sujet "Die Geschichte des Computers" eine Art Lifestyle-Thema zu machen.
"Computers" erzählt die Geschichte der universalen Maschine von den ersten Rechenmaschinen der frühen Neuzeit bis zu Handys, Palmtops und anderen "Wearable-Computing"-Geräten der Gegenwart. Die Thematik, die man normalerweise eher im Technikmuseum oder in trockenen Publikationen apokrypher Fachverlagen vermuten würde, wird unter den Händen des Berliner Grafikdesigners Christian Wurster zu einem interessanten, vorzüglichen Lesebuch. Es richtet sich an alle, die nicht Informatik studiert haben, aber trotzdem wissen wollen, wie diese Maschine auf den Schreibtisch vor uns gekommen ist. Dieses Buch ist, was die Apple-Computer unter den Rechnern sein sollen: "Computers" for the Rest of us.
In kurzen Kapiteln rekapituliert Wurster die Geschichte des Computers. Wursters beschränkt sich dabei allerdings besonders im ersten Teil des Buchs stark auf die technische Entwicklung und klammert die sozialen und politischen Umstände, unter denen Computer in die Welt kamen, weitgehend aus. Dass frühe Rechner wie der UNIAC oder der Whirlwind vor allem Rüstungsprodukt waren, wird zum Beispiel nicht näher thematisiert. Computerjournalisten wie Gero von Randow, Boris Gröndahl und Klemens Polatschek erinnern sich in kurzen Zwischentexten an ihre ersten Rechner. So entsteht ein lebhaftes Bild der Maschinen, die für kurze Entwicklungszyklen ein Lebensinhalt sein können, bevor sie sehr schnell zu Elektroschrott werden und auf den Friedhof der toten Medien wandern. Vom Z4 über das IBM System /350 bis zum Commodore 64 und dem Mac SE feiern all diese verstorbenen Rechner in "Computers" noch einmal Auferstehung.
Doch das Beste an "Computers" sind die mühevoll in Firmenarchiven, dem Internet und bei Firmen zusammengesuchten Fotos. Auf ihnen sieht man, wie in der Nachkriegszeit Amerikaner, Ukrainer oder Chinesen vor riesigen Schränken stehen und "programmieren", in dem sie Stecker umstöpseln und Kabel verlöten. Die Zentralrechner und Mini-Computer der 60er und 70er Jahre sehen dagegen aus wie Ausstattungsstücke aus slicken SF-Filmen, und werden erstaunlich oft von Frauen bedient. Die Super-Computer der Firma Cray und Thinking Machines mit ihren futuristischen Designs würden heute als Einrichtungelemente jede Edel-Bar in der Berlin-Mitte schmücken.
Mit dem Aufkommen des Personal Computer ändert sich auch die Anmutung der Computer. Plötzlich werden sie in Anzeigen von Tulpen umrankt, oder helfen einem DJ im Freizeit-Dress und mit gelben Stirnband bei der Archivierung seiner Plattensammlung. Natürlich dürfen auch die Fotos von glücklichen Familien, die sich strahlend um einen Monitor versammeln, nicht fehlen. Der Computer ist zum sozialen Medium geworden, und hat Einzug in die Alltagskultur gehalten, was auch Bilder aus Filmen wie "Tron" unterstreichen. Auch Screenshots von lange verschollenen Computerspielen und sogar Aufnäher der Kult-Firma Activision hat Wurster aufgetrieben. Bloß Bill Gates ist seltsamerweise auf keinem Bild im ganzen Buch zu sehen.
Der Gebrauchswert des Buches wird leider durch das bemüht originelle Format, das wohl an einen Computermonitor erinnern soll, etwas gemindert. Das Buch lässt sich nur hochkant lesen, und die Seitenzahlen sind schlauerweise im Falz. Das wird beim Lesen schnell anstrengend, und macht die Orientierung nicht gerade leichter. Dabei hätte man das Buch so schön am unteren Rand binden können...
Christian Wurster: Computers - Eine illustrierte Geschichte, Taschen Verlag, 24 Euro, 340 S.
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