http://www.welt.de/wirtschaft/article136741255/...sverschwoerung.htmlSchiefer-Öl überschwemmt den Markt
Noch 2010 betrug der Ausstoß an Öl, das nicht klassisch gepumpt, sondern mit Hochdrucktechnik aus tief liegenden Gesteinsschichten gewonnen wird, in den USA lediglich eine Million Fass am Tag. Heute beläuft sich der Ausstoß an Schiefer-Öl auf mehr als vier Millionen. Das entspricht dem Auftauchen eines neuen Ölproduzenten in der Größe von Irak und Katar zusammengenommen.
In der vergangenen 80 Jahren hat es lediglich dreimal eine derart starke Ausweitung der Ölproduktion gegeben wie jetzt. Das war 1931 der Fall, als im Osten von Texas Öl gefunden wurde. 1950 weitete der Nahe Osten seine Förderung extrem aus. Und 1986 wiederum flutete das Öl aus der Nordsee die Märkte.
Jedes Mal kollabierte der Ölpreis, und jedes Mal folgte einige Zeit später eine Diskussion über die Endlichkeit der neuen Quellen. Das wiederum trieb den Preis nach oben. Diese Diskussion erwartet Yergin auch jetzt.
Fracking lohnt sich schon bei einem Ölpreis von 60 Dollar
Zwar glaubt er nicht, dass der niedrige Ölpreis die Fracking-Industrie in den Ruin treibt. Aber das Wachstum werde sich deutlich verlangsamen, die Produzenten konzentrierten sich in Zukunft auf die produktivsten Regionen und darauf, Kosten zu sparen.
Und er räumt mit einem Mythos auf. Bislang seien alle davon ausgegangen, dass die Fracking-Industrie nur bei Preisen zwischen 70 und 80 Dollar profitabel arbeiten kann.
"Unsere jüngsten Forschungen haben ergeben, dass rund die Hälfte der Produzenten auch unter 60 Dollar Gewinne macht. Einige können sogar zu Förderkosten von 30 Dollar produzieren", sagt Yergin.
Fördert ein niedriger Ölpreis den Terrorismus?
Auch wenn die Ölpreise wieder steigen könnten, sind für ihn Notierungen von mehr als 100 Dollar Geschichte. "Man sollte sich zwar nie festlegen, aber die Ölproduzenten haben selbst erkannt, dass das für sie selbst schädlich ist. Bei diesem Niveau ist der Anreiz bei den Abnehmerländern viel zu groß, nach Alternativen zu suchen."
Aber Yergin weiß nur zu gut, dass Öl mehr ist als nur ein Energieträger. Öl ist auch ein Machtinstrument für die Staaten und bestimmt die Hackordnung auf dem Planeten.
"Der niedrige Ölpreis hat auf jeden Fall geopolitische Konsequenzen – die Ölmächte sind quasi abgewertet worden", so Yergin. Profiteure des niedrigen Ölpreises sind die Abnehmerländer, vor allem Japan, China und Europa. Aber auch die sollten sich nicht zu früh freuen.
"Nicht nur Russland – viele Länder hängen von ihren Einnahmen aus dem Ölgeschäft ab, was den Haushalt angeht. Die jetzige Situation führt zu einer Destabilisierung, bis hin zu Unruhen auf der Straße", sagt Yergin.
Vor allem im Irak oder in Nigeria könnten die Regierungen ins Wanken geraten und ein gefährliches Machtvakuum entstehen. Ein niedriger Ölpreis kann nach Ansicht von Yergin also sogar den weltweiten Terrorismus begünstigen. Und damit bereitet Yergin indirekt den Nährboden für neue Verschwörungstheorien.