Liebe Mitstreiter, wir wollen uns doch bitte etwas beruhigen. Ihr bezichtigt mich der Ketzerei, weil ich nicht in Euren uneingeschränkten Jubel einstimme. Das finde ich sehr schade. Es ist also substanzlos, wenn ich darauf hinweise, dass die Brancheninsider ihre Aktien verkaufen - und nicht nur bei ER? Heute hat sich der CEO von Hapag Lloyd zur aktuellen Situation gemeldet: "Hapag Lloyd: Chef Habben Jansen äußert sich zu extremen Frachtraten – „So starke Schwankungen sind schlecht fürs Geschäft“ " Auch er und weitere haben verkauft, kann man alles nachlesen - muss ich das jetzt mit genauen Zahlen belegen? Und Ihr wisst schon was eine Blase ist? Übrigens haben bei ER nicht nur 2 Aufsichtsräte verkauft, auch die ehemalige HSH Nordbank, die in der letzten Schifffahrtskrise die HCI-Schulden übernommen hat - im Austausch gegen ein Aktienpaket von ca. 16% hat ihre Beteiligung bereits um ein Drittel verkleinert - weitere werden folgen.
Des weiteren habe ich auf das hohe Alter der ER-Flotte hingewiesen. Ich habe gelesen, dass die durchschnittliche Betriebszeit eines Frachtschiffs bei ca. 25 Jahren liegt. Sollte diese Zahl nicht stimmen, könnt ihr mich gerne berichtigen. Die ER-Flotte ist im Wesentlichen zw. 15 und 20 Jahre alt und dazu weitstgehend kreditfinanziert.. Zuletzt ist der Wert der Schiffe aufgrund der hohen Charterraten zwar gestiegen - was passiert nun, wenn die Charterraten wieder rückläufig sind - müssen dann nicht in der Bilanz erhebliche Abschreibungen vorgenommen werden? Nächstes Risiko: Kann es nicht sein, dass die technische Verfügbarkeit der Schiffe in den nächsten Jahren aufgrund von Alterungserscheinungen abnimmt und damit die Kosten für Werftaufenthalte zunehmen? im ersten Quartal war ein Schiff in der Werft: 1,1 Mio € - nächstes Jahr sollen angeblich mehrere Schiffe in die Werft... Nächstes Risiko: Was passiert, wenn die Zinsen steigen?
Ach so, jetzt hätte ich beinahe vergessen: die attraktiven Charterveträge bis ins Jahr 2025 - was passiert, wenn sich die makroökonomischen Bedingungen ändern und die Gegenseite ausfällt - z. B. wegen Insolvenz?
So, das sind nur ein paar kritische Gedanken zu einem Unternehmen, dass ich sei 15 Jahren als Aktionär begleite. Prinzipiell bin ich schon positiv eingestellt, da ich noch eine kleine Restbeteiligung von ca. 15.000 Aktien halte - aber Euren grenzenlosen Optimismus kann ich leider nicht teilen. Wie Ihr freue ich mich und profitiere von steigenden Kursen - allerdings bin ich der Meinung, dass die Party langsam zu Ende geht.
Meine Bedenken habe ich in den letzten Wochen schonmal geäußert - niemand hat sich damit befasst oder geantwortet - immer nur neue Hurra-Zahlen! Das erinnert mich schon an einen Parteitag!
Einige von Euch veröffentlichen hier Zahlen von EPS 2022 von 0,77 - 2,00€ und damit begründete Kursziele von 10€ - das kann ich leider alles nicht nachvollziehen - vielleicht fehlt mir nur die Phantasie?
Ich will hier weder als Rechthaber noch als Spielverderber auftreten - am Besten wäre es, wenn Eure Prognosen eintreten, aber denkt bitte über folgendes nach: Auch wenn Eure Zahlen alle stimmen, an der Börse geschieht immer das, was man am Wenigsten erwartet hat.
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