ROUNDUP/Solarkrise erreicht Branchenprimus: Solarworld mit Verlust 10:58 24.02.12
BONN (dpa-AFX) - Die Krise in der Solarbranche und Wertberichtigungen auf veraltete Produktionsanlagen haben den Bonner Hersteller SolarWorld (SolarWorld Aktie) 2011 in die roten Zahlen rutschen lassen. Damit trifft der Preiskampf wegen Überkapazitäten aus China und die Förderkürzungen auf Kernmärkten nun auch den deutschen Branchenprimus deutlich. Die am Vortag in Berlin vorgestellten Beschlüsse über neue drastische Einschnitte bei der Solarförderung kritisierte Unternehmenschef Frank Asbeck bereits scharf. Die Aktien des Bonner TecDax (TecDAX)(TecDAX)-Unternehmens rutschten am Freitag nach schon deutlichen Abschlägen im Wochenverlauf weiter ab.
Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) stürzte von plus 193 Millionen Euro 2010 im vergangenen Jahr auf minus 233 Millionen Euro ab, wie SolarWorld am Donnerstagabend nach Börsenschluss mitteilte. Der Umsatz ging den Angaben zufolge um fast 20 Prozent von 1,32 Milliarden Euro auf 1,06 Milliarden zurück. Das Unternehmen begründete den Rückgang mit globalen Überkapazitäten und dem daraus resultierenden Preisverfall bei Solarmodulen. Sie sollen im vergangenen Jahr nach Angaben aus Branchenkreisen rund 30 Prozent billiger geworden sein.
AKTIENMARKT ENTTÄUSCHT
Neben Abschreibungen auf technologisch veraltete Anlagen gab es noch weitere Wertberichtigungen. So wurden etwa Waferverträge aufgelöst. Ohne diese Sondereffekte stand ein bereinigtes EBIT von operativ 24 Millionen Euro zu Buche. Dies bedeutet einen operativen Verlust im vierten Quartal, denn auf Neunmonatssicht hatte SolarWorld noch ein positives EBIT von knapp 89 Millionen Euro vermeldet. Eine Dividende für das vergangene Jahr soll es trotzdem geben. SolarWorld kürzt sie von 19 Cent auf 9 Cent je Aktie. Zum Nettoergebnis äußerte sich das Unternehmen nicht. Die vollständige Bilanz wird für den 22. März erwartet.
Am Aktienmarkt war von "sehr schlechten Zahlen" die Rede. Die Titel rutschten am Vormittag am TecDax-Ende in einem sonst freundlichen Marktumfeld um mehr als sieben Prozent ab. "Schockierende Ergebnisse deutlich unter den Erwartungen", fasste Analyst Sven Kürten von der DZ Bank zusammen. Auch Analyst Stefan Freudenreich von Equinet äußerte sich negativ: Die magere Profitabilität angesichts einer Rekordnachfrage auf dem deutschen Heimatmarkt verdeutliche, dass die Kostenquote verglichen mit asiatischen Wettbewerbern nicht konkurrenzfähig sei. Andere Marktbeobachter bemängelten fehlende Aussagen zur weiteren Geschäftsentwicklung.
NEUE FÖRDERKÜRZUNGEN
"Ohne Not wird das erste Pflänzchen der Energiewende totgetreten - das ist unverantwortlich", hatte Asbeck am Vortag zu den neuen Kürzungsplänen aus Berlin gesagt, die vielerorts Mitarbeiter der Branche zu Protesten auf die Straße trieb. Die milliardenschwere Solarförderung soll bereits im März um teils 30 Prozent gekürzt werden, um ein Ausufern bei den Kosten der Energiewende zu verhindern. Dies stelle nicht nur eine massive Bedrohung für die Solarindustrie, sondern auch für die Energiewende als solche dar, sagte Asbeck, der nun für dieses Jahr mit einer Halbierung des deutschen Marktes rechnet.
Die gesamte Branche kämpfte im vergangenen Jahr mit einem enormen Kosten- und Wettbewerbsdruck. Nachdem 2010 noch ein Boomjahr mit satten Gewinnen für viele Konzerne war, geht es seither bergab. Die Überkapazitäten stammen vor allem aus China, wo viele Firmen unter Herstellungspreis verkaufen. Deutsche Unternehmen wie die Berliner Solon (Solon Aktie) und Solar Millennium meldeten schon Insolvenz an, der einstige Börsenstar Q-Cells (Q-Cells Aktie) kämpft ums Überleben - tausende Arbeitsplätze stehen auf der Kippe. SolarWorld geht in den USA juristisch gegen die Billigkonkurrenz aus Asien vor und will die Einführung von Zöllen erreichen, auch in Europa prüft der Konzern Maßnahmen. Erste Ergebnisse aus den USA soll es im März geben./nmu/stb/she
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