Zur ökologischen Verträglichkeit der PhotovoltaikRalf Bischof Zurück zur ÜbersichtEinleitungNeben den Möglichkeiten zur Kostenreduktion und den technischen Potentialen ist vor einer breiten Markteinführung der Photovoltaik zu klären, ob eine großmaßstäbliche Anwendung nicht unerwünschte ökologische Folgen haben könnte. Zwar sind schädliche Einflüsse während des Betriebs von PV-Anlagen auszuschließen, aber nicht bei ihrer Herstellung und Entsorgung. Zu klären sind hier mögliche Freisetzungen von toxischen Stoffen, die ökologischen Auswirkungen der insgesamt mobilisierten Stoffströme sowie die energetische Armotisationszeit.Toxizität: Sind Solarzellen giftig? Die teilweise geäußerte Furcht, daß bei der Massenproduktion von Solarzellen große Mengen giftiger Stoffe anfallen, ist unbegründet. Dies haben umfangreiche Lebenszyklusanalysen inzwischen nachgewiesen [1,2,3,4,5,6]. Gerade das heute fast ausschließlich für die Herstellung von Solarzellen genutzte Silizium ist toxisch vollkommen unbedenklich. Allenfalls während des Produktionsprozesses werden problematische Stoffe bzw. Stoffverbindungen benötigt. Hier muß wie bei allen industriellen Verfahren auf entsprechende Sicherheits-vorkehrungen geachtet werden. Auch neue Technologien, wie etwa Cadmium-Tellurid- oder Kupfer-Indium-Diselenid-Solarzellen, bergen im Vergleich mit anderen Energieversorgungs-optionen keine großen Umweltrisiken [4,5,6]. Das Katalyse-Institut in Köln hat zum Beispiel nachgewiesen, daß die Cadmium-Freisetzungen bei der Verwendung von Cadmium-Tellurid-Zellen pro Kilowattstunden etwa denen von Kohlekraftwerken mit neuer Filtertechnik entsprechen und die von Müllverbrennungsanlagen mit modernen Rückhaltesystemen deutlich unterschreiten [6]. Im Vergleich zu Nickel-Cadmium-Akkumulatoren weisen Cadmium-Tellurid-Zellen sogar einen um mehr als den Faktor Tausend geringeren Cadmium-Bedarf auf.Stoffströme: Wie groß ist der ökologische Rucksack einer Solarzelle?Auch Auswirkungen des sogenannten ökologischen Rucksacks, also der Summe der Stoffströme, die in der industriellen Vorleistungskette von der Solarmodulfabrik bis zum Bergwerk mobilisiert werden, sind kein Grund, die Photovoltaik als bedenklich für Mensch und Umwelt einzustufen. Lehmann und Reetz haben nachgewiesen, daß sich bei Verwendung von Dünnschichtmodulen aus amorphem Silizium unter südeuropäischen Einstrahlungs-bedingungen aus einem Kilogramm Silizium genauso viele Kilowattstunden Strom herstellen lassen wie aus einem Kilogramm angereicherten Uran [7]. Allerdings verwandelt sich das Uran während der Verstromung in andere radioaktive Isotope, die über Jahrtausende von der Umwelt isoliert werden müssen. Silizium kann dagegen problemlos rezykliert werden, denn es wird ja nicht im eigentlichen Sinne "verbraucht". Bei der Nutzung Erneuerbarer Energien findet der "Verbrauch" in Form der Kernfusion auf der Sonne statt, ohne Auswirkungen für die Biosphäre. Ferner gehört Uran zu den seltenen Stoffen in der Erdkruste, während Silizium als zweithäufigstes Element nach menschlichen Maßstäben unerschöpflich auf der Erde vorhanden ist. Energierückzahlzeit: Wan amortisieren sich Solarzellen energetisch? Auch das Argument, Photovoltaikanlagen würden zu ihrer Herstellung annähernd soviel Energie benötigen, wie sie während ihrer Lebensdauer liefern können, ist mehrfach widerlegt. Zum Beispiel zeigt eine Untersuchung von Palz und Zibetta für die Europäische Kommission [8] anhand zweier französischer Fabriken für Solarmodule, daß selbst für ein polykristallines Silizium-Modul die energetische Amortisationszeit nur 2,7 Jahre beträgt. Es stellt während seiner Lebenszeit von mindestens 20 Jahren also wesentlich mehr Energie bereit, als zu seiner Herstellung benötigt wurde. Daß andere Autoren zu deutlich höheren Zahlen kommen, liegt vor allen Dingen an extrem nachteiligen Annahmen. So gehen Hagedorn und Hellriegel etwa davon aus, daß große Photovoltaikanlagen auf der grünen Wiese aufgeständert werden, was entsprechend energieaufwendige Fundamente und Tragestrukturen erfordert [9]. Auch die Verwendung von gerahmten Modulen, im schlechtesten Fall mit Aluminiumprofilen, kann die Energiebilanz einer PV-Anlage stark verschlechtern. Daß es auch anders geht, beweist z.B. die Freiburger Solarfabrik, die rahmenlose oder mit Holzrahmen versehene Module anbietet. Auch haben fast alle Autoren - im Gegensatz zu Palz und Zibetta - nicht berücksichtigt, daß es sich bei dem heute für Solarzellen eingesetzen Reinsilizium um ein Kuppel- bzw. Abfallprodukt aus der Elektronikindustrie handelt. Der hohe Energieeinsatz wird für Reinsilizium für elektronische Schaltkreise (electronic grade silicium) getätigt und nicht für Solarzellen, die auch mit weniger reinem Material auskommen (solar grade silicium). Überspitzt ausgedrückt, sagt manche publizierte Energierückzahlzeit der Photovoltaik mehr über den hohen Energiebedarf für die Herstellung integrierter Schaltkreisen aus, als über die energetische Bilanz von Solarzellen.Die oben genannte Energieamortisationszeit von knapp drei Jahren läßt sich noch entscheidend verbessern, wenn man zu neuen Zell- bzw. Modultechnologien kommt. Van Engelenburg und Alsema ermitteln in [5] für sogenannte Tandem-Module aus amorphem Silizium mit 10% Wirkungsgrad eine Rückzahlzeit von 9 Monaten unter mitteleuropäischen Einstrahlungs-bedingungen (1.100 kWh/m2.a).Die Chance der Solarwirtschaft: Geschlossene StoffströmeUm noch weitergehende Verbesserungen der Ökobilanz von Solarmodulen zu erreichen, können entsprechende Recyclingprozesse entwickelt werden. Glas und Silizium lassen sich einfach wiederverwerten. Problematisch ist allein die Auflösung des Modulverbundes, der auch Kunststoffe wie Ethylenvenylacetat enthält. BP Solar erprobt bereits mit guten Ergebnissen die Wiederverwendung von Solarzellen aus Modulen, indem das Ethylenvenylacetat chemisch gelöst wird [10]. Neben der Energieeinsparung könnten auch deutliche Kostenreduzierungen durch Wiederverwertung der Solarzellen erreicht werden. Zukünftig werden Solarmodule so konstruiert werden, daß ein vollständiges stoffliches Recycling möglich ist.Demgegenüber können fossile und nukleare Kraftwerke niemals eine positive Energie- oder Stoffbilanz erreichen: Sie benötigen nicht nur für Herstellung und Abriß Energie und Rohstoffe, sondern sind auch während des Betriebes auf endliche Primärenergieträger angewiesen, die sie teilweise in Strom, zum größten Teil aber in Abwärme, Abgase, Asche und andere Reststoffe umwandeln. Die erneuerbaren Energietechnologien wie die Photovoltaik eröffnen dagegen die einmalige Chance, die Sonnenenergiewandler selbst mit Sonnenenergie herzustellen und die notwendigen Rohstoffe im geschlossenen Kreislauf zu führen. Die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt werden damit auf das denkbar geringste Maß reduziert.Literatur1. N.N.. Umweltauswirkungen bei der Herstellung und Nutzung von Solarzellen. KfA Jülich, Programmgruppe Systemforschung und Technologische Entwicklung, Angewandte Systemanalyse Nr. 64. 2. Moskowitz, Fthenakis. In: Solar Cells 31/1991, pp.513-525. 3. K. Kate et al.. Contribution of Photovoltaic Energy Systems to Energy Saving, Environment and Economy - An Approach Based on Life-Cycle-Anlysis, 13th European Photovoltaic Solar Energy Conference, Nice, 1995, pp. 868-871. 4. E.A. Alsema, B.C.W. van Engelenburg. Environmental Risks of CdTE and CIS Solar Cell Modules; 11th European Photovoltaic Solar Energy Conference, Montreaux, 1992, pp. 995 - 998. 5. B.C.W. van Engelenburg, E.A. Alsema. Environmental Risks of Amorphous Silicon Solar Cell Modules; 12th European Photovoltaic Solar Energy Conference, Amsterdam, 1994, pp. 305 - 308. 6. M. Karus, R. Wittassek, W. Linden. Umweltaspekte bei der Nutzung von Cadmium-Tellurid-Solarzellen. 8. Internationales Sonnenforum, 1992, Berlin, S. 591-600. 7. H. Lehmann, T. Reetz.; Zukunftsenergien - Strategien einer neuen Energiepolitik; Birkhäuser Verlag, Berlin, 1995. 8. W. Palz, H. Zibetta. Energy Pay-back Time of Photovoltaic Modules; In: H. Scheer et al. (Hrsg.), The Yearbook of Renewable Energies 1992, Ponte Press Bochum, 1992. 9. Hagedorn, Hellriegel. Umweltrelevante Masseneinträge bei der Herstellung verschiedener Solarzellentypen. Forschungsstelle für Energiewirtschaft, München 1992. 10. Bruton et al.. Re-Cycling of High Value, High Energy Content Components of Silicon PV Modules, 12th European Photovoltaic Solar Energy Conference, Amsterdam 1994, pp.303-304. Zurück zur Übersicht
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