Wieder Italien, wieder Halbfinale, wieder kein Titel! Die sogenannte goldene Generation um Schweinsteiger, Lahm und Podolski gewinnt zum dritten Mal nur Blech! Schon bei der Hymne ist es deutlich – wilde Entschlossenheit bei den Italienern, zaghaftes Abwarten bei den Deutschen. Buffon brüllt seine Hymne inbrünstig mit als ginge es um sein Leben. Jogis Jungs summen vor sich hin. Die Italienern mit echten Typen: Cassano und Balotelli schenken uns mit ihrem absoluten Willen das 0:1 ein. Özil lässt Pirlo im Mittelfeld gewähren, Hummels ist zu grün, Badboy Cassano kocht ihn an der Seitenlinie ab. Nur 16 Minuten später Balotellis Hammer-Tor: Nachdem der ManCity-Star den Ball in den Winkel gejagt hat, lässt er die Muskeln spielen. Balotelli zieht sein Trikot aus, spannt die Muskeln an und zeigt Jogis Jungs: Hier bin ich, ihr habt heute keine Chance, müsst nach Hause fahren! Neben dem Muskel-Protz schleicht unser Kapitän Philipp Lahm mit gesenktem Kopf über den Rasen. ARD-Experte Mehmet Scholl übt versteckte Kritik an Jogis soften Jungs: „Es gibt Bedingungen für Erfolg. Die Italiener hatten brutalen Teamgeist und absolute Gier nach Erfolg. Erst da oben drauf kommt der persönliche Erfolg.“ Während des Spiels wirken nur Sami Khedira und Manuel Neuer wildentschlossen. Neuer feuert das Team immer wieder an, rennt sogar kurz vorm Abpfiff in den Sturm. Ohne Erfolg: Jogi Löw bleibt auch beim dritten Turnier in Folge ohne Titel. 2008 EM-Zweiter, 2010 WM-Drittter und jetzt die Halbfinal-Pleite. Deutschland spielt schön, Deutschland spielt nett, Deutschland scheidet aus. Der letzte Titel ist 16 Jahre her. Bei der EM 1996 spielte Deutschland nicht schön, nicht nett, aber erfolgreich. Die Vogts-Truppe gewann mit ihrer Spielweise keine Sympathien, aber den Titel! Typen wie Matthias Sammer, Steffen Freund oder Thomas Helmer grätschten in England dazwischen, nicht nur auf dem Platz. Typen, wie sie bei dieser EM offensichtlich gefehlt haben. „Die Mischung aus Führungsspielern, Mannschaftsspielern und Individualisten macht's. Die Italienern haben mit De Rossi das Rauhbein, mit Pirlo den Regisseur und als Sahnehäubchen die Künstler im Sturm“, sagt Scholl. Alles harmonisch, alles sympathisch, alles nett: Stimmte bei Jogis Jungs die Mischung nicht? Gegen Italien fehlten Spieler, die in kritischen Situationen mal ein Zeichen setzen. Jemand, der mit einem Foul die anderen weckt und fürs Team eine gelbe Karte in Kauf nimmt. Schweinsteiger war zu sehr mit sich beschäftigt, Özil, Podolski, Lahm und Co. sind dafür nicht die Typen. Doch Schönspielen reichte gegen diese Italiener nicht. Scholl: „Ich glaube, dass sich jeder Spieler grundsätzlich hinterfragen muss: Habe ich genug getan, um beim Höhepunkt des Jahres die volle Leistung abzurufen.“ Dafür haben Jogis Jungs nach dem bitteren Aus jetzt genug Zeit...
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