17.10.2009, 09:37 Uhr
80 Millionen Deutsche leben in Häusern und Wohnungen, die rund 3,9 Billionen Euro wert sind. So manchem Hausbesitzer in einer strukturschwachen Region stehen die Tränen in den Augen, wenn er das Preisangebot eines potenziellen Käufers hört. Gleichzeitig reiben sich Verkäufer in reichen Gegenden die Hände. Aber woran erkennt man den Wert einer Immobilie?
1. Lage, Lage, Lage „Auf die Lage kommt es an.“ Den Spruch wird ein Immobilien-Profi noch im Schlaf aufsagen, wenn er gefragt wird, worauf ein Immobilienkäufer achten soll. Der Wirkungsmechanismus ist eindeutig: Wo Menschen wohnen, hängt davon ab, wo sie arbeiten. Wo die Zahl der Arbeitsplätze steigt, wird mehr Raum für weitere Arbeitsplätze, zum Einkaufen und zum Wohnen gebraucht. Und je enger es in einem Ballungsgebiet wird, desto stärker steigen die Preise. Anderenorts fallen sie mangels Nachfrage. Doch Vorsicht: Was heute eine gute Lage ist, muss es in zehn Jahren nicht mehr sein.
2. Substanz entscheidet Wie alt? Wann renoviert oder saniert? Das sind die typischen Fragen eines Altbaukäufers. Weil Energie immer teurer wird, steht der Energieverbrauch im Vordergrund. Auskunft soll der Energieausweis geben. Für Wohnimmobilien muss er bei Verkauf oder Vermietung seit Januar vorgelegt werden. Es gibt zwei Typen: den Verbrauchs- und den Bedarfsausweis. Der Verbrauchsausweis kostet zwischen 25 und 100 Euro und zeigt den gemessenen Energieverbrauch, ist aber nicht für alle Häuser zulässig. Der Bedarfsausweis wird nach einem Gutachten ausgestellt und zeigt den theoretischen Energieverbrauch.
3. Der große Irrtum Immobilien schützen vor Inflation. Das war bis Anfang der 1990er-Jahre so: Wohn- und Gewerberaum waren knapp, so dass die Immobilienpreise stärker stiegen als die Inflationsrate. Die Anhänger der Inflationsschutz-Annahme argumentieren, dass die Mieten von Gewerberäumen an die Preisentwicklung gekoppelt seien. Das ist zwar grundsätzlich richtig; in vielen Verträgen ist aber keine vollständige Indexierung vereinbart. Außerdem gilt sie nur bis zum Ende der Vertragslaufzeit. Dann wird zu Marktkonditionen vermietet.
4. Wellenreiter „Auf den Preiswellen reiten“ heißt ein Spiel, das Großanleger gern mit eigenem, aber auch mit dem in Fonds gepoolten Geld von Kleinanlegern spielen: verkaufen, wo die Preise hoch, kaufen, wo die Preise niedrig sind. Die Investoren nutzen dabei unterschiedliche Konjunkturverläufe in den Ländern. Seit sich die Konjunkturzyklen angeglichen haben, sind die erfolgversprechenden Zeitfenster aber kleiner geworden. Ein aktuelles Beispiel für das Anlagemuster: Kapitalkräftige Investoren kaufen gegenwärtig auf dem Londoner Immobilienmarkt. Dort sind die Preise derzeit niedrig. Ihr Kalkül: Dort hat die Krise eher als in Deutschland angefangen, dort wird sie auch früher enden – wofür es keine Garantie gibt.
5. Direkt oder indirekt? Das hängt vom Geldbeutel ab. Je kleiner er ist, desto weniger sinnvoll ist der direkte Kauf eines Objektes, und umso vernünftiger ist die Beteiligung an einer Immobiliengesellschaft. Denn wie für jede Kapitalanlage gilt: Risiko verteilen. Lieber dank indirekter Investition Anteile an mehreren Häusern als nur Anteile an einem.
6. Für Gutgläubige „Für Kapitalanleger: Wohnung zu verkaufen.“ Wer genügend Kapital hat, gleich mehrfach zuzuschlagen, der kann sich auf solche Anzeigen melden. Wer nur eine Wohnung finanzieren kann, muss fest daran glauben, dass er einen pflegeleichten, allzeit solventen Mieter findet. Wehe, wenn es Probleme gibt. Die Bank besteht nämlich trotzdem auf Zins und Tilgung.
7. Für Besserverdienende Zinshäuser heißen die typischen Altersvorsorgeimmobilien der Besserverdienenden. Es wird ein Wohn- und Geschäftshaus mit mehreren Mietparteien gekauft. Fällt ein Mieter aus, kommt nicht gleich die ganze Finanzierung ins Wanken. Eine Variante: Mehrere Anleger schließen sich in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammen und kaufen ein solches Mehrfamilienhaus.
8. Für Risikoscheue Offene Immobilienfonds sind nicht die Renditerenner, aber für Kleinanleger die vernünftigste Möglichkeit der Immobilienanlage. Vierstellige Summen genügen, und wer mag, kann sein Geld auf Fonds mit unterschiedlichen Anlageschwerpunkten verteilen. Bis vor wenigen Jahren konnten die Fondsanbieter behaupten, mit ihnen verlieren Anleger kein Geld. Das gilt seit vergangenem Jahr zwar nicht mehr. Das Verlustrisiko ist aber kleiner als bei Aktien.
9. Vorsicht, Kursrisiko An Immobilienaktien hatten Anleger in den vergangenen zwei Jahren keine Freude. Die Kurse rauschten in den Keller. Bei den meisten Gesellschaften sind die Gebäude mehr wert als die Gesellschaften. Und das, obwohl die meisten Gesellschaften im Zuge der Immobilienkrise ihre Gebäude abwerten mussten. Viele deutsche Immobilienwerte sind klein, und obendrein ist nur ein geringer Teil der Aktien frei handelbar. Kein Umfeld für Privatanleger. Nur drei Werte, Deutsche Euroshop, Gagfah und IVG, sind im MDax. Der Dax 30 enthält keinen Immobilienwert.
10. Geschlossene Gesellschaft Während sich Anteile an offenen Immobilienfonds und Aktiengesellschaften kurzfristig liquidieren lassen, befindet sich der Anleger eines geschlossenen Immobilienfonds in einer geschlossenen Gesellschaft. Er ist – von wenigen Ausnahmen abgesehen – als Kommanditist (Teilhafter) meist an einem, seltener an mehreren Gebäuden beteiligt. Einsteigen kann er manchmal ab 10 000 Euro, oft braucht er mehr Geld. Um das Risiko wie bei einer Immobilienaktie und einem offenen Fonds auf viele Gebäude zu verteilen, muss der Anleger mehrere Fonds zeichnen, so dass diese illiquiden Fonds Anlagevehikel für Besserverdienende sind.
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