..und das stand heute in der süddeutschen zeitung!!!
grüßle donvio
Kontron AG ist Weltmarktführer für „Embedded C omputers“
Gehirne für Maschinen
Intelligente Steuerungssysteme zählen Kühe, vermessen Bäume und regeln den Datentransfer im Internet
Von Martin Hammer
Unbeeindruckt von der grimmigen Kälte schiebt sich der „Harvester“ durch verschneite finnische Wälder. Die unbemannte Fällmaschine misst Bäume ab, prüft den Bestand nach forstwirtschaftlichen Kriterien und entscheidet, welcher Baum reif für die Axt ist. Während die Holzfäller gemütlich im Warmen sitzen, schlägt die Maschine den Baum, hievt ihn auf die Ladefläche und setzt ihn später am Straßenrand ab. Dort braucht er nur noch eingesammelt zu werden.
Die nötige künstliche Intelligenz hat der metallene Holzfäller einer Firma aus München zu verdanken. „Wir machen Gehirne“, erklärt Hannes Niederhauser, Vorstandschef der Kontron Embedded Computers AG. „Natürlich nicht für Menschen, sondern für Maschinen.“
1994 hat sich Niederhauser selbständig gemacht und in seinem Keller die ersten „Embedded Computers“ für Straßenputzmaschinen entwickelt; vier Jahre später übernahm er mit einem Wagniskapitalgeber und einem amerikanischen Partner die vor der Pleite stehende Boards AG. Der Firmenname Kontron wurde 1999 von BMW erworben. Mit der Herstellung der Steuerungs-Platinen erzielte das Unternehmen im Jahr 2000 einen Umsatz von 247 Millionen Mark, eine Steigerung von 150 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Wir sind rasant gewachsen“, bilanziert der Chef stolz. Die Zahl der Mitarbeiter stieg von 440 im Jahr 1999 auf derzeit rund 1100 weltweit.
Über den gesamten Globus verteilt sind auch die Kunden von Kontron. In Botswana beispielsweise sind mehr als hundert Kuhzählmaschinen mit Kontron- Gehirnen im Einsatz. „Weil es dort keine Weidezäune gibt, müssen die Rinder einen Chip schlucken, mit dem sie von den im Land verteilten Maschinen identifiziert werden können“, erklärt Niederhauser. „Nebenbei werden dann auch Daten zur aktuellen physischen Befindlichkeit der Kuh übertragen.“ Hirten sind damit genau so überflüssig wie Fahrer für die rund 400 automatisch gesteuerten Lastwagen im Hafen von Singapur. Über einen Chip erkennen die führerlosen Fahrzeuge, wohin ein Container transportiert werden muss. Das spare nicht nur Personalkosten, sondern habe auch die Unfallrate extrem gesenkt. Denn über Funk stehen alle Lkw ständig miteinander in Verbindung und erfahren so rechtzeitig, wann ihnen ein „Kollege“ in die Quere kommt.
1000 verschiedene Anwendungen, von denen einige jedoch noch im Versuchsstadium sind, hat Kontron bisher entwickelt. „Jeder von uns kommt zwar ständig damit in Berührung, doch wahrgenommen werden sie selten“, so Niederhauser. Eingesetzt werden die unspektakulären Platinen etwa zur Verbesserung der Auslastung von Glasfasernetzen im Datenverkehr, zur Optimierung der Geschwindigkeit in Neigezügen, für effiziente Warenwirtschaftssysteme oder die Verwaltung und Vermittlung von Mobilfunk- Gesprächen.
Den Markt für derartige Steuerungssysteme schätzt Niederhauser weltweit auf zehn Milliarden Mark, jährliches Wachstum rund 30 Prozent. „Embedded Computers werden den gewöhnlichen PC-Markt bei weitem überflügeln“, prognostiziert er. „Im Jahr 2010 werden fünf Milliarden Menschen am Internet hängen, die Zahl der Maschinen, die dann miteinander kommunizieren, wird aber bei 95 Milliarden liegen.“ Kein Wunder also, dass Großunternehmen wie Compaq, Dell oder IBM den Markteintritt versuchen. Nicht wegen der Kuhzählmaschine, lacht der Kontron-Chef, aber wenn von einem Internetrouter 20000 Stück gebaut würden, dann sei das auch für die Großen interessant.
Das Motto von Kontron heißt deshalb: Lieber fressen als gefressen werden. Erst vor kurzem habe man einen amerikanischen Hauptkonkurrenten übernommen und sei damit zum Weltmarktführer aufgestiegen. Doch der Expansionshunger ist damit noch keineswegs gestillt. „Wir wollen und müssen weiter mit allen Mitteln wachsen, um eine kritische Masse zu erreichen, die uns vor Übernahmen schützt“, so Niederhauser. Die Milliardengrenze beim Umsatz soll in zwei bis drei Jahren erreicht sein.
Gebremst wird die Entwicklung jedoch auch bei Kontron von der derzeitigen Konjunkturflaute. „Dass wir unter dem Abschwung, vor allem im Bereich Telekommunikation, leiden, zeigen die Umsatzerwartungen für das laufende Jahr“, klagt Hannes Niederhauser. Das Wachstum werde mit rund 60 Prozent deutlich geringer ausfallen als im Vorjahr. Dank des breit gefächerten Angebots steht Kontron damit aber erheblich besser da als andere High-Tech- Unternehmen. „Automatisierungstechnik wird in diesen Zeiten sehr häufig nachgefragt, weil sich damit Kosten für Personal einsparen lassen.“ Auch im Bereich Verschlüsselung und Sicherheitstechnik laufen die Geschäfte „seit Bin Laden“ auf Hochtouren. Für das amerikanische Militär habe man etwa Jeeps mit Spezialsystemen ausgestattet, die jetzt auch in Afghanistan und Usbekistan zum Einsatz kämen.
süddeutsche Zeitung vom 21.11.01
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