Die SPD wird nervös - Genossen warnen Fischer in der Visa-Affäre - Stoiber sieht die Grünen moralisch gescheitert
In der Visa-Affäre wird Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) immer stärker auch aus der SPD angegriffen. Nach einem Magazinbericht wird bei den Sozialdemokraten angeblich ein Rücktritt Fischers nicht mehr ausgeschlossen. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) warf der Grünen-Spitze Doppelmoral vor. Die Grünen forderten Fischer indessen auf, bei der für Samstag angekündigten Rede auf dem Landesparteitag in Nordrhein-Westfalen in die Offensive zu gehen.
Das Nachrichtenmagazin «Focus» berichtete, führende SPD-Politiker hätten deutlich gemacht, falls Fischer versuche, Innenminister Otto Schily oder Bundeskanzler Gerhard Schröder (beide SPD) in die Visa-Affäre hineinzuziehen, müsse er gehen. Den Unmut der Wähler über die Affäre und die eingeschleusten Schwarzarbeiter bekomme hauptsächlich die SPD zu spüren. «Unsere Leute haben Angst um ihren Arbeitsplatz oder sind auf Jobsuche. Die können sich über die kulturelle Vielfalt von mehr als hunderttausend Schwarzarbeitern aus Osteuropa nicht begeistern», zitierte das Blatt einen Wahlkämpfer.
Stoiber sagte, Fischer und Führungsmitglieder der Grünen hätten das Ziel einer «Multi-Kulti-Gesellschaft» höher bewertet als die von ihnen so oft beschworenen Menschenrechte. Sie hätten Menschenhandel, Schleuserkriminalität, Schwarzarbeit und Zwangsprostitution ermöglicht. Diese Politik dokumentiere das moralische Scheitern der Grünen. Rot-Grün habe mehr als fünf Millionen Arbeitslose zu verantworten und öffne gleichzeitig alle Schleusen für billige Schwarzarbeiter. Nach Schätzungen von Wirtschaftsforschern belaufe sich der volkswirtschaftliche Schaden auf bis zu elf Milliarden Euro.
Der Vorsitzende der hessischen Grünen, Matthias Berninger, erwartet, dass Fischer seinen Auftritt auf dem Grünen-Landesparteitag in Nordrhein-Westfalen zur Offensive in der Visa-Affäre nutzt. «Fischer muss zu seinen Kämpferqualitäten zurückkehren», sagte Berninger. Die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) sagte, Fischer habe auf dem Landesparteitag Gelegenheit, eine »sehr offensive Rede zu halten«. Die Delegierten erwarteten von ihm »klare Worte«. Zugleich bemängelte Höhn das Krisenmanagement ihrer Partei in der Affäre. Die Grünen müssten sich selbstkritisch fragen, ob sie nicht hätten »früher offensiver reagieren« sollen.
Die Union forderte zudem Aufklärung über die Ausnutzung der deutschen Visa-Vergabepraxis durch einen Kinderschänder aus Sachsen-Anhalt. Der «Bild»-Zeitung zufolge hatte der polizeibekannte und später verurteilte Mann Reisebürgschaften für Jugendliche aus Bulgarien übernommen, die er auf dem Kinderstrich von Varna und Burgas am Schwarzen Meer ausgesucht hatte. Die Botschaft in Sofia habe die Visa ausgestellt, obwohl Interpol das Bundeskriminalamt bereits 1999 darüber informiert habe, dass gegen den Deutschen in Bulgarien wegen Kindesmissbrauchs ermittelt werde, schrieb das Blatt.
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