KÖHLERS GNADENVERWEIGERUNG Erleichterung bei den Konservativen In der Union ist die Entscheidung von Bundespräsident Köhler begrüßt worden, die Ex-RAF-Terroristen Klar und Hogefeld nicht zu begnadigen. FDP-Chef Westerwelle griff die CSU scharf an.
Berlin - Nach einer Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin äußerte der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) Zustimmung zum Vorgehen Köhlers: "Ich finde die Entscheidung gut", sagte er. "Ich persönlich habe große Sympathien für seine Entscheidung", sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende. Mit Blick auf Kritik aus der CSU an Köhler vor der Entscheidung sagte Koch, dies müsse bei einem Verfassungsorgan wie dem Bundespräsidenten nicht sein.
Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte dem Sender n-tv, er habe eine Begnadigung Klars immer abgelehnt, weil der frühere RAF-Terrorist "keine glaubhafte Reue zeigt". Es sei das das gute Recht des Bundespräsidenten gewesen, in Ruhe alle Argumente dafür und dagegen zu prüfen. "Und ich bin sicher, dass er sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht hat", sagte Bosbach. Die Ablehnung des Gesuchs wertete Bosbach als Signal dafür, dass eine Begnadigung ganz besondere Gründe in der Person des verurteilten Straftäters voraussetze. "Schließlich ist jede Begnadigung die nachträgliche Korrektur einer wohl erwogenen richterlichen Entscheidung", merkte Bosbach an.
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte in Berlin, er persönlich begrüße die Entscheidung. Der CDU-Politiker unterstrich, für ihn zähle zur Gnade auch die Reue. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) wollte die Entscheidung nicht kommentieren. Er verwies auf die Zuständigkeit des Bundespräsidenten. Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte, es sei "die souveräne Entscheidung des Bundespräsidenten".
"CSU steht blamiert da"
Auch der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle hat die Ablehnung des Gnadengesuchs Klars begrüßt. "Er hat weise und souverän entschieden. Wenn ein Serientäter keine Reue zeigt, kann er nicht mit Gnade rechnen", sagte Westerwelle in Bremen. Die im Vorfeld der Entscheidung an Köhler geübte Kritik seitens der CSU sei eine Schande. "Die Partei steht jetzt völlig blamiert da."
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, bayerische FDP-Landesvorsitzende und ehemalige Justizministerin, sagte: "Es ehrt den Bundespräsidenten, dass er unabhängig und gewissenhaft eine Entscheidung getroffen hat. Die CSU hat mit ihren Äußerungen des vergangenen Wochenendes dumpfe Ressentiments benutzt, um das höchste deutsche Staatsamt zu schädigen. Jetzt muss die gesamte Union die Entscheidung des Bundespräsidenten respektieren, indem sie die Entscheidung nicht durch Stimmungsmache zerredet. Triumphierendes Geheul der Konservativen ist das Letzte, was die demokratische Meinungskultur jetzt braucht."
Lob aus der CSU
Bayerns Innenminister Günther Beckstein ließ in einer Pressemitteilung wissen: "Klar wurde wegen neunfachen Mordes und elffachen Mordversuches zu je fünf Mal lebenslanger Freiheitsstraße plus 15 Jahren Haft verurteilt. Er hat seine Taten nie bereut und auch in jahrzehntelanger Haft nichts zu ihrer Aufklärung beigetragen. Ich bin daher froh, dass der Bundespräsident die Entscheidung getroffen hat, Klar nicht zu begnadigen. Eine andere Entscheidung hätte dem Gerechtigkeitsgefühl unserer Bürgerinnen und Bürger nicht entsprochen."
Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) hat die Ablehnung des Gnadengesuchs begrüßt. Köhlers Entscheidung verdiene höchsten Respekt, sagte Merk in München. Gnade sei etwas Besonderes und könne nur dann gewährt werden, wenn eine Bereitschaft des Täters zur Umkehr erkennbar sei.
"Das war bei Herrn Klar nicht der Fall", sagte Merk. Aus der CSU war in den vergangenen Tagen erhebliche Kritik am Umgang Köhlers mit dem Fall Klar - insbesondere am Zusammentreffen am Freitag - gekommen.
Auch der CSU-Abgeordnete Andreas Scheuer zeigte sich zufrieden. Er hatte Köhler bis zuletzt unter Druck gesetzt: "Wenn der Bundespräsident Klar begnadigt, geht das nicht spurlos an meiner Entscheidung über meine Stimme bei der Bundespräsidentenwahl vorbei", hatte er gewarnt. "Dann muss ich schwer überlegen, ob er noch meine Stimme hat." Nun sagte Scheuer zu SPIEGEL ONLINE: "Der Bundespräsident hat sehr sorgfältig abgewogen und ich bin dankbar, dass er frühzeitig in dieser Woche entschieden hat. Ich bin zufrieden mit der Entscheidung, sie deckt sich mit der Stimmung der Bürger in meiner Region Passau, wo Klars Gnadengesuch sehr deutlich abgelehnt wurde."
Klar bleibt bis mindestens 2009 in Haft
Klar sitzt unter anderem wegen der Morde an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer seit 24 Jahren im Gefängnis. Seine Mindesthaftzeit endet ohne Begnadigung im Januar 2009.
Das Bundespräsidialamt hatte in einer Erklärung zum Fall Klar darauf hingewiesen, dass Köhler zahlreiche Gespräche geführt habe, auch mit Hinterbliebenen der Opfer und abschließend in der vergangenen Woche mit Klar. Der Entscheidung hätten unter anderem Stellungnahmen der Bundesjustizministerin, der Generalbundesanwältin sowie ein kriminalprognostisches Gutachten zugrunde gelegen.
Zu einer Begnadigung Hogefelds erklärte das Bundespräsidialamt weiter, der Bundespräsident sehe sich nicht in der Lage, ihrem Gnadengesuch "derzeit - im vierzehnten Haftjahr - zu entsprechen". "Der Bundespräsident wird jedoch zu gegebener Zeit erneut und von Amts wegen über das Gesuch befinden", hieß es in der Erklärung weiter.
Klar bleibt damit noch bis mindestens Anfang 2009 im Gefängnis. Dies teilte Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) in Stuttgart mit. "Hafterleichterungen in Form eines Freigangs kann es für Klar vor 2008 nicht geben und auch in nicht in einem Theater", sagte Goll mit Blick auf das von Klar gewünschte Praktikum am Berliner Ensemble.
asc/dpa/AFP/ddp/AP
gruß Maxp.
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