Der ganze Konzern wird abgewickelt, der Kurs an der Börse hält sich für mich besser als gedacht, dazu auch die Summen aus den Veräußerungen. Wären diese unter normalen Umständen auf den Markt geworfen wurden, hätten sogar noch ein paar Kredite bedient werden können.
Doch verstehe ich nicht, wieso der Kurs immer noch bei solch einer hohen Summe ist. Was soll den positives passieren, damit dieser gerechtfertigt ist? Zu erst werden die 3,2 Mrd der Banken bedient aus möglichen Verkaufserlösen. Selbst wenn jetzt die Kernbank noch eine Summe von 1 Mrd im Verkauf bringt, es ist doch nichts mehr da.
Wo soll den noch Geld herkommen? Aus dem Privatvermögen von Braun? Auch nichts da, der ist selbst pleite und alles ist nur Schein. Entschädigungsfond? Mit welcher Begründung? Schadenersatz gegenüber EY? Dieses geht nur über einen sehr langen Prozess.
Für Aktionäre gibt es hier nichts mehr zu holen.
Es tut richtig gut, einen solchen von gesundem Menschen- und Börsenverstand zeugenden Beitrag zu lesen. Bei Wirecard gab es in der Vergangenheit verschiedene Daten, an denen das ganze Ausmaß des Betruges enthüllt wurde. I
m Prinzip konnte man das Ausmaß bereits mit der Veröffentlichung des KPMG-Berichtes am 28. April 2020 erkennen, hätte man ihn denn gelesen und wäre einem die Sprache der Wirtschaftsprüfer vertraut. Ich hatte den Bericht damals leider nicht selbst und vollständig gelesen, sondern v.a. Medienberichte darüber. Im Nachhinein war das eine Dummheit und Nachlässigkeit.
Am 18. Juni 2020 war dann mit dem fehlenden Testat für jeden, also auch für Leute, die sich nur oberflächlich mit Wirecard beschäftigten, erkennbar, dass etwas ganz Fundamentales nicht stimmt und dass die Aktie kein seriöses Investment mehr war.
In der Nacht zum 22. Juni 2020 kam dann die Bestätigung von James Freis für das, was ich und viele andere bereits befürchtet hatten: Dass die 1,9 Mrd. möglicherweise nie existiert haben und dass die Firma also wohl nicht einem bösen Betrüger aufgesessen war, sondern selbst der Betrüger war. Vermuten konnte man das eigentlich schon am 28. April und am 18. Juni, wenn man sich durchliest, wie amateurhaft angeblich der Treuhänder ausgesucht wurde. Es musste jedem klar sein, dass man einen Treuhänder nicht auf diese Weise aussucht, außer eben, man vertraut ihm gar nichts von Wert an. Mit dem Insolvenzantrag am 25. Juni 2020 sollte dann auch noch dem letzten Mohikaner klar geworden sein, dass bei Wirecard die Masse nicht einmal annähernd ausreichen würde, um die Gläubiger zu befriedigen, und dass also für die Aktionäre genau Null übrig bleiben würde. Ich hatte mich nach dem 18. Juni 2020 öfter über den Kursverlauf gewundert. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Insolvenzzocks; dabei geht es nicht um fundamentale Bewertung, sondern darum, einen Dümmeren zu finden, der einem mehr bezahlen wird, als man selbst bezahlt hat. Also mehr Casino als Börse. Einige Beiträge hier im Forum haben mich aber durchaus bestürzt. Offenbar sind viele Leute an der Börse unterwegs, die überhaupt keine Ahnung haben und vollkommen naiv in ihre Investments stolpern. Und dann auch noch anderen die Verantwortung für ihre eigene Dummheit, Uninformiertheit und Fehlentscheidungen zuschieben wollen. Und dann teilweise immer noch von Wirecard fabulieren als dem soliden, grundehrlichen deutschen Tech-Champion, der von bösen angelsächsischen Leerverkäufern und dunklen Mächten der Politik zugrunde gerichtet wurde, weil man Deutschland das Unternehmen nicht gönnt. Erstaunlich, wirklich erstaunlich.
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