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Die Demonstranten zieht´s gen Mainz Am Vorabend kleiner Protest in Wiesbaden WIESBADEN (deg) Bundesweit rufen Initiativen zu Demonstrationen gegen US-Präsident George W. Bush auf, wenn der am 23. Februar ins Rhein-Main-Gebiet kommt, US-Soldaten in Erbenheim besucht und in Mainz Bundeskanzler Schröder trifft. Die zentrale Demonstration findet in Mainz statt. "Über die Zahl der möglichen Teilnehmer kann zum jetzigen Zeitpunkt nur spekuliert werden", sagt Markus Biagioni, Sprecher der Stadt. Zwischen 10 000 und 20 000 Demonstranten könnten es werden. Die Polizei hat sich auch auf weitaus mehr eingestellt. Über das Internet trommeln die Initiatoren für die Großdemo, die unter dem Motto steht: "Not welcome, Mr. Bush". Den Demonstranten, die erst am frühen Morgen loszufahren gedenken, droht, was auch Tausenden Autofahrern widerfahren wird - eine Stauerfahrung. Ähnliches könnten die erfahren, die über die eigens eingerichtete Mitfahrzentrale nach Mainz wollen.
Friedens- und Menschenrechtsgruppen befürchten massive Einschränkungen des Demonstrationsrechts. Auswärtigen Demonstrationsteilnehmern wird empfohlen, schon am Vortag, dem Dienstag, gen Mainz zu reisen. Das sei ratsam, um die aufwändigen Sperren zu umgehen. Die Organisation von Schlafplätzen laufe auf Hochtouren, wie es heißt. Im Internet sind bislang drei "Schlafplatzbörsen" eingerichtet, eine davon unter dem Motto "Schlafen gegen Bush".
Die Informationen im Internet sind ein Rundum-Paket, Stadtpläne eingeschlossen ebenso wie Rechtshilfetipps und ein "DemoEinmalEins" mit Verhaltensregeln. Das sollte jeder gelesen haben, raten die Initiatoren, denn in Mainz werde seitens der Polizei ein anderer Wind wehen. Nicht fehlen darf die Anleitung, wie Bush-Gegner in anderen Städten ihre eigene Demo auf die Beine stellen können.
Solche Anleitung braucht der Mann gewiss nicht, der für den 22. Februar in Wiesbaden die bislang einzige Demo anlässlich des Bush-Besuchs angemeldet hat: Hans-Gerd Öfinger vom lokalen Bündnis "Not welcome, Mr. Bush!" hat in der Vergangenheit zahlreiche Demonstrationen auch gegen den Irak-Krieg organisiert. Etwa 200 Teilnehmer würden erwartet, so wurde dem Ordnungsamt genannt.
Die Demo soll auf dem Luisenplatz starten, etwa ab 17.30 Uhr. Nach der Auftaktkundgebung ziehen die Teilnehmer durch Kirchgasse und Langgasse zur Staatskanzlei. Dort ist eine Zwischenkundgebung vorgesehen. Über Webergasse, Coulinstraße und Schwalbacher Straße geht es zum Platz der deutschen Einheit, wo die Veranstaltung endet.
"Wir wollen keine tote Stadt" Handel fürchtet am 23. Februar Umsatzeinbuße
Wiesbaden ist offenbar schon einen Schritt weiter. Denn in Wiesbaden steht mittlerweile fest, dass die Schulen und städtischen Kindergärten in den Stadtteilen Amöneburg, Kastel und Kostheim am Tag des Bush-Besuches geschlossen bleiben. Und dass im gesamten Wiesbadener Stadtgebiet die Mülltonnen nicht geleert werden, ist auch schon Fakt.
Ganz anders in Mainz. Nichts genaues weiß man nicht, lautet die Devise. Beispiel Müllabfuhr. "Wenn wir an Tonnen dran können, leeren wir sie", sagt der Leiter des städtischen Entsorgungsbetriebes, Hermann Winkel. Aber noch sei ihm unbekannt, durch welche Straßen die Müllwagen am 23. Februar rollen dürfen.
Auch bei den Schulen ist zwölf Tage vor der Ankunft des US-Präsidenten immer noch unklar, ob sie während des hohen Besuches geschlossen werden. Immerhin: "Inzwischen steht fest, dass in der Anne-Frank-Schule und im Schlossgymnasium der Unterricht ausfällt", sagt der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Lembach. Und die anderen Schulen? Demnächst könne man vermutlich mehr sagen.
"Im Moment wissen wir noch nicht genau, wie das Programm des Bush-Besuches abläuft, wo es Demonstrationen gibt, wie sich der Nahverkehr gestaltet", sagt der Pressesprecher der Stadt, Markus Biagioni. "Grundsätzlich wird Mainz aber nicht stillgelegt - wir wollen keine tote Stadt." Mit Einschränkungen würden die Mainzer aber leben müssen.
Das befürchten auch die Einzelhändler, die wegen George W. Bush Umsatzeinbußen befürchten. Die Begleiterscheinungen des Präsidentengastspiels - also die Verkehrsbehinderungen, die Einschränkungen im ÖPNV - seien "eine Katastrophe", sagt Joachim Wollermann, stellvertretender Vorsitzender der Werbegemeinschaft und Karstadt-Geschäftsführer. "Außerdem bekommen wir keine Informationen und können nur rätseln, mit welchen Beeinträchtigungen wir zu rechnen haben."
"Wir sind überhaupt nicht informiert", klagt auch Beate Dölger, Geschäftsfrau und Vorsitzende der Werbegemeinschaft. Dem Einzelhandel, dem es sowieso nicht gut gehe, würde durch die Sperrungen geschadet. "Ich finde es zwar gut, dass Gespräche mit Bush stattfinden, wegen dem Weltfrieden. Aber warum muss das an einem Werktag sein und nicht an einem Sonntag, wenn eh alle Geschäfte geschlossen haben?"
Wenig Freude am bevorstehenden Bush-Besuch hat Christina Scholz, Chefin von der Firma CDS, die in der Mombacher Straße eine Hotline für Hochverfügbarkeitssysteme betreibt. Scholz fürchtet, dass etliche ihrer 90 Mitarbeiter am 23. Februar nicht in die Firma gelangen werden. Mit der Folge, dass vertragliche Vereinbarungen mit Kunden nicht eingehalten werden könnten. "Da sind Arbeitsplätze und Existenzen gefährdet", warnt die CDS-Geschäftsführerin.
Ganz gelassen sieht Mélita Soost dem Bush-Besuch entgegen. Sie leitet das Haus Burgund, das nur etwa 200 Meter Luftlinie vom Schloss entfernt ist, in dem der US-Präsident residieren wird. "Ich bin neugierig auf den mächtigsten Mann der Welt", bekennt sie. Ob sie das Haus Burgund schließt, da "sowieso kaum Publikum dorthin gelangen wird", weiß sie noch nicht. "Wenn meine Mitarbeiter und ich wollen, kriegen wir ja Passierscheine."
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