Ich kenne das so, daß es Leute gibt, die ein Telefonbuch spannender vorlesen können als Organmitglieder einen Geschäftsbericht. Das ist immer einschläfernd.
Bei den Fragen kommen dann drei-vier Aktionärsvertreter und die tragen alle eine Krawatte, einer trägt eine Fliege aber die anderen zwei-drei inkl. der Frau(!) tragen Langbinder. Und die stellen fundierte Fragen (die haben den Geschäftsbericht vorab gelesen!).
Manchmal kommt noch eine Ex-Führungskraft mit massiven Aktienanteil oder ein "Kleinanleger" in Anzug aber offenem Hemd und die haben Niveau und stellen ggf. Vorstand oder Aufsichtsrat "peinliche" Fragen und die angesprochenen Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder werden rot.
Dann kommen nur noch Spinner (selbstgestrickter Pullover, zuviel Seitenbacher Müsli gegessen, "kritische Aktionäre", die weil irgendwo in Dingsda indigene Bevölkerung leidet und via schöne Lieferkettengesetz aus dem Unternehmen etwas rauszuholen sein könnte (aber nicht von dem direkten Verursacher, der ein entfernter Lieferant ist), Ex-Mitarbeiter im schlecht sitzenden Billiganzug, die sich wichtig machen wollen, ...), dann kommt Pause (Häppchen, Eintopf und so, kalte und warme Getränke). Und dann kommen abwiegelnde langweilige Antworten von den zuständigen Vorstandsmitgliedern, moderiert vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats (der ca. einen Liter Baldrian intus hat).
Nur ganz selten gibt es mal einen "Aufstand" (Emotionen, Beifall und Zwischenrufe), wenn es wirklich gute Gründe gibt, eine Entlastung zu verweigern.
In der Pause an den Bistrotischen kann man aber mitunter mit "interessanten" Leuten ins Gespräch kommen (wenn man den selbstgestrickten Pullover daheim gelassen hat).
Bei einer virtuellen HV sieht man nicht einmal mehr, wie angesprochene Personen rot werden, weil die Kamera nur den gerade sprechenden zornigen Aktionär zeigt, und man muß die Häppchen selbst besorgen.
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