Samstag, 15. November 2008 Weltwirtschaftskrise: Rezession, Personal raus, Kurzarbeit und Selbstbetrug
Beginnen wir mit dem wichtigsten und erfolgreichsten Mann der amerikanischen Finanzwirtschaft. Beginnen wir mit Warren Buffett. Der ist nicht einfach ein Abzocker, der fühlt sich tatsächlich auch noch verantwortlich. So ist es kein loser Spruch, wenn Warren Buffett in einem Interview äußert, in Zukunft in amerikanische Aktien investieren zu wollen. "Buy American. I am." ist ein markiger Spruch. Allerdings auch ein leicht nachzuvollziehender Spruch.
Ein Warren Buffett kauft Aktien nicht zu dem Kurs wie es normale Anwender tun müssten und schon gar nicht zu den Bedingungen, wie sie für andere gelten. Da gibt es feste Vereinbarungen über Garantierenditen. Kreditrahmen und so viele Papier, dass man die Alpen gut dahinter verstecken könnte. Außerdem hat Warren Buffet die Kohlen im Keller. Der kann und will etwas für sein Land tun.
Er möchte den Leuten Mut machen sich wieder in Aktien zu engagieren. Er will Vertrauen schaffen. Natürlich weisen die ersten darauf hin, dass er ja auch Aktien habe, die durch eine positive Entwicklung ebenfalls positiv beeinflusst würden. Die reden von Eigennutz. Genau das aber ist Quatsch. Buffett ahnt viel mehr wohin die Reise geht, wenn es so weiter geht. Er sieht die geplatzten Pensionsfonds, die toten Suburbias und das Millionenheer der Arbeitslosen.
Das einzige Mittel zur Gesundung des Marktes, dass er sich vorstellen kann, ist noch mehr Markt. Das wäre im Grunde genommen ja auch nicht falsch, würden alle Anleger soviel Spaß an Produktion und deren Produkten haben, wie sie Warren Buffett schon immer gehabt hat. Er liebt es geradezu wenn die Firmen an denen er beteiligt ist, oder die ihm gehören, gute bis sehr gute Produkte abliefern.
Er muss nicht um jeden Preis an der Spitze, aber immer unter den Besten sein. Dazu kommt, dass er sich Beschäftigten wie Anlegern gegenüber verpflichtet fühlt. Das ist in beiden Richtungen nicht uneigennützig, vor allem aber schlau. Er kennt den Zusammenhang zwischen Produktqualität und anständiger Beschäftigung und dem daraus resultierenden Gewinn. Er ist kein Ackermann.
Aber diesmal ist er wohl über das Ziel hinaus geschossen. Denn im Rahmen des allgemeinen Verfalls ist auch sein Investmentunternehmen Berkshire Hathaway ein wenig unter die Räder gekommen und notiert seit mehr als 24 Monaten zum ersten Mal wieder unter 100.000 Dollar je Aktie. Angesichts der insgesamt drei Prozent Verlust kann Warren Buffett trotzdem noch gut lachen, wenn er auf die Zahlen und Verluste der anderen sieht.
Langfristig betrifft diese negative Entwicklung irgendwann auch ihn, selbst wenn er mit den Versorgern, CocaCola und anderen Superwerten, aus der ganz großen Gefahr wohl herausbleiben wird. American Express hat da schon deutlichere Probleme. Sie haben zwar gerade die Chance bekommen sich in eine amerikanische Bank umzuwandeln, um günstigere Kredite zu bekommen und an dem 700 Milliarden Dollarpaket der US-Regierung partizipieren zu können. Aber das könnte nur ein Scheinerfolg sein.
Zum einen dürfte es dafür schon fast zu spät sein, weil Hank Paulson längst eingesehen hat, das er bis zum Ende seiner Amtszeit seine Freunde nicht mehr gerettet bekommt und nun ganz verzweifelt versucht. eigentlich jedem etwas zu geben, solange er noch geben kann, damit ihn hinterher wenigsten irgendwer lieb hat. Seine Idee nun die Häuslebauer auch ein wenig zu beteiligen und die riesengroße Not bei der AIG bedeutet, das die eigentliche Bankenrettung gestorben ist.
Das war sie allerdings von Anfang an, weil die USA die Mittel dafür einfach nicht haben. Es bleibt bei der Gießkanne die schon so gehalten werden wird, dass zum Schluss alles Geld bei Hanks fünf besten Freunden landet. Warren Buffett wird wohl nicht darunter sein. Der ist einfach zu seriös.
Selbstverstänlich sind Aktien zur Zeit billig, wenn man das Kurs Gewinn Verhältnis zugrunde legt. Allerdings ist das in einer Rezession, in der eine Gewinnwarnung die nächste jagd, eine etwas unglückliche Sache. Wenn man Aktien kauft, wettet man ja auf das Kurs Gewinn Verhältnis der nächsten Monate und Jahre und da sieht es eher so aus, als ob die Aktien bei den künftig zu erwartenden Gewinnen, mindestens noch um die Hälfte zu teuer sind.
Allerdings hat Buffett recht. Während einige Aktien nicht einmal mehr die Depotgebühr wert sein dürften, wird es andere geben, die sich gegen den Trend halten oder sogar zulegen können. Die Rezession ist wie ein Feuer, das zu schnell ist, um gesunden Wald zu vernichten, aber alles angetrocknete und vertrocknete sofort vernichtet.
Da ist es nur allzu logisch, das die Firmen das tun, was sie immer tun, wenn ihnen wie üblich nichts mehr einfällt. So hat die Citygroup bisher schon 23.000 Leute gefeuert und schickt in der nächsten Welle mindestens 10.000 weitere hinterher. Die Royal Bank of Scotland (RBS) feuert erst einmal nur 3.000 Leute und ansonsten rast auch eine Entlassungswelle nach der anderen durch die Weltwirtschaft. Selbst in China wird massenhaft entlassen, oder besser umgesetzt.
Das ändert nichts an der Situation der Banken und Unternehmen, aber es verschärft die Krise und die Rezession. Bedenkt man gleichzeitig, dass die Entlasser noch mit Staatsknete künstlich am Leben gehalten werden, so ist klar, dass es mit steigender Geschwindigkeit dem Ende entgegen geht. So langsam aber sicher werden alle möglichen Sicherungen entfernt. Die USA wird ihre Antrengungen, sprich das Schaufeln vom Geld ins offene Feuer, schon um im Januar mindestens verdoppeln, wahrscheinlich aber vervierfachen müssen. Europa und leider auch Deutschland werden folgen.
Aber der Niedergang dürfte auch damit nicht zu stoppen sein. Nachdem American Express sich schon klammheimlich und mit großer Geschwindigkeit von einem Kreditkartenunternehmen in eine Bank umgewandelt hat, um unter den Rettungschirm der US-Regierung gelangen zu können, ist klar, dass die lange vorhergesagte Kreditkartenkrise nun endlich abgearbeitet wird.
Was im Vorjahr noch als Gewinn ausgewiesen wurde, wir in diesem Jahr als Verlust ausgewiesen. So könnte man die Lage im Kreditkartensektor beschreiben. Aber es ist noch schlimmer. Denn tatsächlich helfen auch da die neuen Bilanzierungsrichtlinien, die auch der Deutschen Bank halfen noch so zu tun, als ob sie reale Gewinne erwirtschafte, die wahren Verluste zu verschleiern. Das Grauen ist zwar deutlich sichtbar, aber es ist weniger als ein schwacher Abglanz des Grauens, das die Welt noch zu erwarten hat.
Die Citygroup hat denn auch schon deutlich gemacht, das sie für ihre Kreditkartenkunden die Zinsen um drei Prozent ansteigen lassen will. Den Kunden die eh schon pleite sind, kann das egal sein. Aber die anderen werden ganz schnell in die Gefahr kommen, selbst zahlungunfähig zu werden. Da müssen dann eben, Aktien, Häuser, Autos und Boote zu Geld gemacht werden, für die es schon lange keinen Markt mehr gibt. Und diese Leute werden sie auch nicht nach den lügenden Bilanzierungsregeln der Banken verwerten könne. Sie werden real riesige Verluste mitnehmen müssen und persönlich ins Unglück gestürzt.
Jede dieser Verarmungswellen führt unweigerlich zur nächsten. Die Menschen die es jetzt erwischt, werden es wohl nie wieder schaffen richtig Boden unter die Füße zu bekommen und in den USA wird die Mittelschicht dauerhaft zerstört. All dies ist oft genug beschrieben und natürlich folgen die europäischen Kreditkartenunternehmen. Wer sich jetzt, wo an den Börsen ein Strohfeuer herrscht noch schnell glatt stellen kann, erhöht seine Überlebenschancen, wer es nicht mehr kann, kann auch gleich auf weitere Zahlungen verzichten und das Geld lieber bunkern.
Dauerschuldner bleiben, wenn man sonst keinen Ausweg hat, könnte ein Ausweg sein, den viele wählen werden. Raus aus dem eigenen Haus in die Mietwohnung, näher an die Arbeit, das Auto abschaffen und Schulden, Schulden sein lassen. Geplante Privatinsolvenz als Königsweg.
Bleibt noch die Hypo Real Estate. Es ist schon erstaunlich, dass sie immer noch mehr verlieren kann. Das nächste Quartal wird noch schlimmer. Aber damit wird es nicht enden. Wie lange will die Bundesregierung und vor allem die Bankenaufsicht zusehen. Das Ding ist konkursreif, also muss der Konkurs eröffnet werden. Das was da jetzt passiert, ist nichts anderes als behördliche genehmigte Insolvenzverschleppung. Ob Herr Steinbrück dieses Problem blickt? Vermutlich ist es ihm egal.
Er schaut ja schon festen Auges auf neue Aufgaben in der Privatwirtschaft, die er dann auch nicht erfüllen wird. Aber das dürfte auch den Leuten die ihn dann bezahlen, völlig egal sein. Sie bezahlen ihn ja nicht für seine künftigen Leistungen, sondern seine Bezahlung ist vermutlich nur die Belohnung für das, was er den Menschen in Deutschland angetan hat.
Es gibt allerdings auch eine gute Nachricht in diesem Konzert des Schreckens.
"Die Werbewirtschaft leidet"
Die Wirtschaftskrise wird zur Werbekrise. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE warnt Holger Jung, Gründer und Vorstand der Hamburger Kreativagentur Jung von Matt, vor sinkenden Marketingetats und übertriebenen Sparprogrammen bei seinen Kunden.
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Jung: Die Einbrüche im Geschäft werden schnell in den Marketingetats sichtbar. Die Gefahr ist entsprechend groß, dass die Werbewirtschaft leidet. Ich warne aber davor, jetzt in einer vorauseilenden Konjunkturdepression die Werbeausgaben zu kappen.
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SPIEGEL ONLINE: Passiert das bereits?
Jung: Sicher. Auch jene Unternehmen deuten Etatkürzungen an, die eigentlich noch gar nicht betroffen sind. Das endet in einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Leider verfallen viele Firmen in genau diese Schockreaktion. Das halte ich aus markenstrategischer Sicht für hochgefährlich.
SPIEGEL ONLINE: Wenn es nach Ihnen ginge - sollten die Unternehmen also gerade jetzt bei der Werbung Gas geben?
Jung: Ich halte nichts von antizyklischer Werbung im großen Stil. Die kann ich von einem Kunden im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld auch kaum verlangen. Aber die Unternehmen müssen zumindest über ein Mindestmaß an Werbung nachdenken, wenn sie ihre Marken nicht dauerhaft schädigen wollen. Marken sind Leuchttürme, die müssen gerade bei Nebel brennen. Einen Discostrahler brauche ich dazu aber nicht. Das wird leicht vergessen bei der aktuellen Panik.
Holger Jung sollte sich mal mit Jean-Remy von Matt in seinen Firmenlokus stellen. Dann können die beide sich gegenseitig ihren Schädel an den sehr realen Klowänden einschlagen. Es ist sicher müßig Holger Jung zu erklären, dass man Marken nicht durch Werbung schützt, wie sein Haus sie produziert.
Dadurch macht man Marken nur unglaubwürdig. Man schadet ihnen. Da wo unfähige Manager und vollständig unfähige Werber und deren artifizielle Unbelehrbarkeit und Arroganz zusammentreffen, wird das erzeugt, wofür Klos im wesentlichen da sind. Scheiße. Wer noch eine Marke hat, wird sich in Krisenzeiten genau von solchen Werbemachern der Überheblichkeit abwenden und den Schulterschluss mit seinen Kunden suchen.
Mitleiden ist allerdings etwas was in der Vorstellungswelt der Jung von Matt und ihrer dummen Geschwister nicht vorkommt. Sie kennen Werbung nur als dreiste Lüge. Deshalb passen sie so gut in die Welt der Abzocker, Lügner und Betrüger. Natürlich werden sie auch mit denen untergehen und das ist wirklich kein Verlust, sondern einer der wenigen Gewinnpunkte dieser Krise.
Geschrieben von Jochen Hoff um 05:06 | Kommentare (0) | Trackbacks (0) Tags für diesen Artikel: ackermann, american express, citygroup, deutsche bank, hank paulson, jung von matt, rbs, warren buffet, weltwirtschaftskrise, werbung
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