Das Ringen um Beiersdorf Nivea-Produzent: Nach dem Gerangel unter den Tchibo-Eignern melden sich hinter den Kulissen andere Interessenten für die Hamburger Perle.
Von Daniela Stürmlinger
Beiersdorf-Chef Rolf Kunisch will nicht, dass das Unternehmen von einem ausländischen Konzern übernommen wird. Foto: ap Hamburg - Die Enttäuschung ist groß. "Wir leben seit etwa zwei Jahren mit dem großen Fragezeichen und das geht jetzt weiter so", meint ein Beiersdorf-Insider zum Abendblatt. Nachdem sich abzeichnet, dass die Hamburger Familie Herz, Eigentümer des Kaffeerösters Tchibo, nun doch nicht gemeinsam die Mehrheit an Beiersdorf übernehmen will, wird der Nivea-Hersteller wieder Spielball von Übernahmespekulationen.
Konzerne wie L'Oreal und Procter & Gamble, die bereits früher Interesse an dem Unternehmen zeigten, haben sich nach Informationen des Abendblatts auch wieder gemeldet. Gerüchteweise sollen auch japanische Kosmetikhersteller interessiert sein. Es geht um ein 44-prozentiges Aktienpaket, das der Versicherungskonzern Allianz verkaufen will. Oder sogar muss. Das erfolgsverwöhnte Unternehmen schreibt nach der kostspieligen Übernahme der Dresdner Bank Verluste und will mit dem Verkauf von Beiersdorf seine Bilanz wieder aufpolieren.
Obwohl Beiersdorf ein erfolgreiches Unternehmen ist, gestaltet sich der Verkauf für die Allianz als schwierig. Der Grund liegt bei Tchibo. Der Hamburger Kaffeekonzern hält seinerseits mehr als 30 Prozent an Beiersdorf. Jeder Übernehmer des Allianz-Pakets würde in dieser Situation riskieren, dass Tchibo als weiterer Großaktionär Entscheidungen blockieren könnte. Die Alternative wäre, Tchibo die mehr als 30 Prozent abzukaufen - zu einem Preis, der weit über dem Börsenkurs liegt.
Über Jahre haben die Allianz und Tchibo Hamburgs Nivea-Hersteller gemeinsam geführt. Beide Firmen hatten je zwei Aufsichtsratsmitglieder in dem Unternehmen, die sich nicht gegenseitig blockiert haben. Für Tchibo sitzen derzeit Günter Herz und Reinhard Pöllath in dem Kontrollgremium. Pöllath steht Michael Herz nahe, der, wie berichtet, seinen Bruder Günter Herz und die Schwester Daniela Herz mit rund vier Milliarden Euro aus Tchibo herauskaufen will. Für Allianz sitzen der ehemalige Linde-Chef Hans Meinhardt als Vorsitzender im Beiersdorf-Aufsichtsrat sowie Diethart Beipohl, der zudem im Aufsichtsrat der Allianz sitzt. In die Übernahmequerelen wollen sich die beiden Allianz-Vertreter nicht einmischen. Das sei eine Angelegenheit des Versicherungskonzerns, wie Meinhardt auf der Beiersdorf-Hauptversammlung im Juni betonte.
Auch die Familie Claussen, Nachfahren des früheren Beiersdorf-Besitzers Troplowitz, hält sich aus den Spekulationen heraus. Das 91 Jahre alte Familienoberhaupt Georg W. Claussen ist Ehrenvorsitzender des Beiersdorf-Aufsichtsrats. Die weit verzweigte Familie hält zusammen weniger als zehn Prozent an dem Kosmetikkonzern.
Für das erste Halbjahr hat Beiersdorf gestern einen Rekordgewinn präsentiert - Zahlen, die den Nivea-Hersteller für eine Übernahme nochmals interessanter machen dürften.
erschienen am 13. Aug 2003 in Wirtschaft
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