Erdölkonzerne kaufen lieber Aktien zurück, als Gewinne zu investieren
Diese Woche ist der Ölpreis auf neue Rekordstände geklettert. Zu dieser Entwicklung hat auch die Ölindustrie beigetragen. Sie hat jahrelang zu wenig investiert, weil es sich nicht lohnte.
Katharina Fehr
Beinahe täglich erreicht der Ölpreis neue nominelle Höchststände. $ 52.86 mussten am Freitag an der New Yorker Rohwarenbörse für ein Fass Öl bezahlt werden. Die Erklärungen für diesen jüngsten Preisanstieg sind vielfältig und reichen von Hurrikanen, streikenden Ölarbeitern in Nigeria über Spekulanten bis hin zur These, der hohe Preis sei ein Zeichen dafür, dass das Öl knapp werde. Geht uns nun tatsächlich bald das schwarze Gold aus, wie bereits seit Jahrzehnten immer wieder prophezeit wird?
Die Antwort ist schwierig, da niemand weiss, wie viel Öl wirklich gefördert wird, geschweige denn, wie viel Öl weltweit vorhanden ist. Das US-Energiedepartement wagte dennoch kürzlich eine Prognose und schätzte, dass die Produktionsspitze zwischen 2030 und 2075 erreicht sein dürfte.
Seit Jahren sind keine grösseren neuen Ölfelder mehr entdeckt worden. Gemäss Exxon Mobil sind die Ölreserven im letzten Jahr zwar um 4,4% gestiegen, doch, wie die Firma erklärt, weniger wegen neuer Ölfunde als vielmehr durch Neubestimmungen bereits bekannter Felder.
In Kanada und Venezuela lagert fast doppelt so viel Öl wie in Saudiarabien. Doch das schwarze Gold aus dem Ölsand Kanadas oder dem Orinoco-Delta in Venezuela zu fördern, ist deutlich teurer, als in Saudiarabien Quellen zu erschliessen. Die Analysten der Deutschen Bank schätzen, dass nach 2008 weniger als die Hälfte des Öls aus einfach zugänglichen Quellen kommt. Das meiste Öl werde aus schwer abbaubarem, stark schwefelhaltigem Öl, Ölsand oder der Tiefsee-Exploration stammen. Doch anstatt zu investieren, haben die Ölfirmen ihre Budgets zurückgefahren. Die Deutsche Bank schätzt, dass die grössten Ölfirmen ihre Erschliessungsbudgets um 27% gekürzt haben. Die Zurückhaltung spiegelt sich in den Kapazitäten. Weltweit fördern noch 2500 Bohrtürme Öl. In den achtziger Jahren waren es doppelt so viele. Auch die Raffineriekapazitäten stagnieren seit 25 Jahren.
Jeffrey Currie, Rohstoff-Analyst von Goldman Sachs, hat dafür eine Erklärung. Die Investitionen rentierten nicht. Bereits heute würden rund 14% der Nicht-Opec-Förderung einen langfristigen Durchschnittspreis von 30 Dollar/Fass brauchen, um eine Kapitalrendite von 8% zu erwirtschaften. Der langfristige Durchschnittspreis liege aber noch immer bei 20 Dollar.
Die Ölgiganten lassen ihren kräftig sprudelnden Cashflow lieber in Form von Aktienrückkäufen oder Dividenden ihren Aktionären zufliessen als der Erschliessung neuer Quellen. Das «Wall Street Journal» schätzt, dass die sechs grössten Ölfirmen in diesem Jahr einen Cashflow von 138 Mrd. $ einfahren werden. Das sind rund 20 Mrd. $ mehr als im Vorjahr. Die Ausgaben für die Ölförderung werden im gleichen Zeitraum aber lediglich um 5 Mrd. $ auf 68 Mrd. $ steigen. Dabei geht die International Energy Agency davon aus, dass zwischen heute und dem Jahr 2030 bis zu 2188 Mrd. $ in die Ölförderung investiert werden müssen, um die Ölnachfrage decken zu können. Das wären mehr als 80 Mrd. $ pro Jahr.
Doch zu häufig haben sich die Ölfirmen und Ölförderländer die Finger verbrannt, weil der hohe Preis nicht nachhaltig war. In den achtziger Jahren schwamm die Industrie in Überkapazitäten. Vor diesem Hintergrund muss auch die Aussage der Opec gesehen werden. Sie erklärte am Freitag, sie werde die Fördermenge nicht weiter erhöhen. Nach der geplanten Wahl im Irak werde der Preis wieder fallen.
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