Streit um Nahost-Konflikt:
Israel wirft Syrien Ablenkungsmanöver vor
21. Jul 20:38, ergänzt 21:01
 | Im UN-Sicherheitsrat | Foto: dpa |
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Israel beschuldigt Syrien im UN-Sicherheitsrat, die jüngste Eskalation des Nahost-Konflikt bewusst provoziert zu haben. Das dargelegte Szenario spart auch den G8-Gipfel und den Atomkonflikt mit dem Iran nicht aus.
UN-Botschafter Dan Gillermann legte im Rund des UN-Sicherheitsrates ein noch nicht gehörtes Szenario dar: Syrien habe die Entführung israelischer Soldaten durch schiitische Hisbollah- Milizen als Ablenkungsmanöver angezettelt.
Die Soldaten seien absichtlich zwei Tage vor Beginn des G8- Treffens in St. Petersburg entführt worden, damit die Vertreter der Industrienationen dem Atomkonflikt mit dem Iran weniger Aufmerksamkeit widmen würden. Es gebe einen schriftlichen Beweis für diesen Hergang, beteuerte Gillermann unter Bezug auf Informationen des libanesischen Drusenführers Walid Dschumblat.
Gillerman sparte nicht mit Schärfe: Die Hisbollah bezeichnete er vor dem Sicherheitsrat als «Terror-Monster» und ihre Anhänger als «Banditen». Israel hatte vor zehn Tagen mit dem Beschuss Libanons begonnen, um die entführten Soldaten freizubekommen. Bisher starben bei den Bombardements und den punktuellen Bodeneinsätzen mehr als 300 Libanesen, aber auch mehrere Dutzend Israelis.
Parallel zu den Schuldzuweisungen laufen die Mühen der internationalen Staatengemeinschaft um Vermittlung in dem eskalierten Nahost-Konflikt weiter. US- Außenministerin Condoleezza Rice will am Sonntag in den Nahen Osten reisen, Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bereits am Samstag. Die Berliner Regierung sprach sich für eine Waffenruhe auf der Basis der G8-Gipfelerklärung vom Sonntag aus, die unter anderem die Freilassung der entführten israelischen Soldaten fordert.
Auch UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte vor dem Weltsicherheitsrat ein sofortiges Ende der Kämpfe gefordert. Dabei schlug er eine Regelung vor, bei der die Hisbollah die beiden Soldaten freilassen würde und eine internationale Streitkraft im Südlibanon an der Grenze zu Israel stationiert würde. Zudem sollte eine internationale Konferenz die Entwaffnung der Hisbollah-Miliz überwachen. Israel lehnte das Ansinnen umgehend ab, die Hisbollah folgte am Freitag.
Intensiv rang der Weltsicherheitsrat am Freitag um einen Ausweg aus der Krise. Sein amtierender Präsident, Jean-Marie de La Sablière, räumte jedoch ein, dass sich das Gremium bisher noch nicht einmal mit einer Resolution auf die Anweisung einer Waffenruhe verständigen konnte. Der Leiter des von Annan eingesetzten Vermittlerteams für den Nahen Osten, Vijay Nambiar, gab vor dem Rat zwei Ziele aus: Eine Waffenruhe, ganz gleich in welcher Form, und ein Rahmenkonzept für die politische Lösung des Konflikts. «Israel und Libanon müssen sicher sein, dass dieses Grauen sich nicht wiederholt», sagte Nambiar.
Israel verteidigte sein Vorgehen in Libanon erneut damit, dass es nur seine eigene Sicherheit, die Stabilität der Region und die Zukunft Libanons vor Augen habe.
Vermittler mieden DamaskusDer Nahost-Vermittler Terje Roed-Larsen bestätigte außerhalb der Sitzung, dass es Hinweise auf den von Gillerman angeführten Zusammenhang zwischen G8-Gipfel und den Entführungen der israelischen Soldaten gebe, jedoch keine unabhängigen Beweise.
Syrien hatte sich diese Woche geweigert, Roed-Larsen in Damaskus zu empfangen. Dagegen lud die syrische Regierung die beiden anderen UN-Vermittler zu Gesprächen ein. In UN- Kreisen hieß es, Roed-Larsen sei Syrien zu «israelfreundlich». Das Team mied Damaskus nach dem Eklat gegen den langjährigen UN-Diplomaten und reiste stattdessen nach New York zurück. (nz) http://www.netzeitung.de/spezial/nahost/426297.html