... rückt die 8000 nun wieder in weitere Entfernung ?
Kursfeuerwerk nach Zinssenkung: Mehr ein Strohfeuer
01. November 2007 Es kam wie erwartet und das war wohl - wie an den Börsen in den vergangenen Wochen meistens der Fall - offenbar nicht genug. Die amerikanische Notenbank Fed senkte am Vorabend den Zielsatz für Tagesgeld um 25 Basispunkte auf 4,5 Prozent gesenkt. Der Tagesgeldsatz steuert die Höhe der Zinsen für Kredite zwischen den Banken und ist damit der zentrale Leitzins der Vereinigten Staaten. Ein niedrigerer Satz kommt letztlich den Unternehmen zugute und stärkt tendenziell das Wirtschaftswachstum.
Diese Maßnahme sorgte daher an den Aktienbörsen zunächst für Kursaufschwünge. An der Wall Street schloss der Dow-Jones-Index am Abend ein Prozent fester und auch der japanische Aktienmarkt ging mit Kursgewinnen aus dem Handel.
„Positives Momentum der Zinssenkung läuft aus“
Indes scheint sich dies im europäischen Aktienhandel als Strohfeuer zu entpuppen. Nach überwiegend freundlichem Start rutschten die Börsenindizes ins Minus. Das kann auch kaum verwundern, war doch eine Zinssenkung von 25 Basispunkten bereits eingepreist und tendierte der Marktglaube eher zu 50 Basispunkten als zu einem unveränderten Niveau. „Das positive Momentum der Zinssenkung in den Vereinigten Staaten läuft aus“, stellte auch ein Händler an der Frankfurter Börse fest.
Auch der Dollar, der mit einem Niveau von 1,4503 Dollar einen neuen Tiefstand zum Euro und mit 48,04 Pence ebenso ein neues Tief gegenüber dem britischen Pfund, erholte sich wieder deutlich und notiert aktuell mit 1,4434 Dollar zum Euro bzw. 48,11 Pence.
Hintergrund des Trendwechsels ist vor allem die sich mehr und mehr durchsetzende Annahme, diese Zinssenkung sei gleichzeitig die vorläufig letzte, was sich nun deutlich von früheren Prognosen unterscheidet. Noch am Dienstag hatte etwa Ian Shepherdson, Ökonom der unabhängigen Analysegesellschaft High Frequency Economics in New York einen Leitzins von 3,25 Prozent im September 2008 vorausgesagt.
Robustes Wachstum spricht für keine weiteren Zinssenkungen
Nun aber signalisierte die Fed nach ihrem Beschluss jedoch, dass der jetzige Zinsschritt ausreiche, um Konjunkturrisiken abzuwenden. In einer Stellungnahme hieß es, dass die „Risiken der steigenden Inflation etwa dem Risiko eines Abwärtstrends der Konjunktur entsprechen“. Damit erklärten die Notenbanker vergleichsweise deutlich, dass sie derzeit nicht von weiteren Zinsschritten ausgehen.
Hinzu kommt. dass das Handelsministerium eine Wachstumsrate für das dritte Quartal von 3,9 Prozent vermeldete, die damit höher als angenommen ausfiel. Die Entscheidung der fed, die Zinsen zu senken, wurde auch nicht einstimmig getroffen. Thomas Hoenig, Präsident der Fed in Kansas City, plädierte im Unterschied seine neun Kollegen dafür, den Leitzins nicht zu senken.
Denn die Inflationsgefahren sind nicht zu unterschätzen und werden durch eine Politik des billigen Geldes weiter angeheizt. Die Preise für Lebensmittel und Energie sind auch in den Vereinigten Staaten schon kräftig gestiegen, der historisch niedrige und weiter schwach tendierende Dollarkurs verteuert Importe.
Euro-Anstieg auch von technischen Faktoren gebremst
Wenn die Fed keine weiteren Zinssenkungen vornimmt, verschlechtert sich die Zinsdifferenz zum Euro und anderen Hochzinswährungen nicht weiter, so dass auf der Geldmarktseite der Anreiz nachlässt, Dollar-Anlagen weiter zu reduzieren.
Derzeit sprechen auch technische Faktoren gegen einen weiteren Anstieg des Euro, der einigen Analysten als zur Zeit überkauft gilt. Die Schweizer Investmentbank UBS prognostiziert etwa einen Rückgang des Eurokurses auf 1,35 Dollar im Laufe der kommenden drei Monate und senkte die Ein-Monats-Prognose von 1,45 auf 1,42 Dollar.
Grundsätzlich aber gehen viele Devisenhändler von einer strukturellen Dollarschwäche aus. Sinnfällig ist etwa, dass der Dollar, der beispielsweise auf den Malediven als inoffizielle Zweitwährung zur einheimischen Rufiyaa akzeptiert wurde, aber auch in Mexiko und Vietnam immer weniger angenommen wird.
Dollar in struktureller Krise
Zudem planen immer mehr arabische Staaten, nachdem Kuwait am 20. Mai die Bindung der eigenen Währung an den Dollar aufgegeben hat, dasselbe zu tun. Grund ist die beständige Verteuerung der Importe, die zu rekordhohen Inflationsraten geführt hat. Dies würde die Dollar-Nachfrage weltweit absenken - mit entsprechenden langfristigen Folgen für den Kurs. Demgegenüber ist die Geldpolitik der Fed eher als neutral einzuschätzen.
Während Aktienkurse und Euro also wieder nachgeben, zeigte sich der Ölpreis weniger beeindruckt. Auch dieser hatte nach der Zinssenkundeutlich angezogen. War der Preis am Mittwoch morgen noch kurzzeitig wieder unter die Marke von 90 Dollar gefallen, so notiert zog er im Tagesverlauf kräftig an und erreichte einen Höchststand von 96,24 Dollar.
Ölpreishoch kein Effekt der Zinssenkung
Indes hatte dies mit der Zinsentscheidung von vornherein eher weniger zu tun. Viel mehr waren die Lagerbestände in den Vereinigten Staaten völlig unerwarteten gesunken. Dem wöchentlichen Bericht des amerikanischen Energieministeriums zufolge fielen die Reserven des Landes um insgesamt 3,9 Millionen Barrel, wohingegen Analysten mit einem Anstieg um 100.000 Barrel gerechnet hatten. Indes ist der Preisanstieg eher spekulativer Natur, sind doch die Bestände an Fertigprodukten wie Benzin und Heizöl deutlich gestiegen, wohingegen Preisanstiege aus fundamentaler Sicht vor allem auf Sorgen über Versorgungsengpässe in der Heizperiode basieren.
Strukturell treiben dagegen die politischen Spannungen im Nahen Osten sowie grundsätzliche Bedenken wegen der Versorgungslage den Ölpreis an. So hat sich Nigerias Energieministerin Fatima Ibrahim gegen Produktionserhöhungen der OPEC ausgesprochen. Die Ölpreise seine nicht zu hoch, wenn man Inflation und Dollar-Abwertung berücksichtige. So hat der Ölpreis in Euro sein Hoch vom Sommer 2006 erst in der zweiten Oktoberhälfte überwunden, als der Dollarpreis längst von rekordhoch zu Rekordhoch lief. Zwar haben die Zinssenkung und der im Anschluss fallende Dollar die Entwicklung am Ölmarkt unterstützt, doch lassen sich diese eher als Sekundäreffekte betrachten.
Kreditkrise und Konjunkturfragen rücken wieder in den Vordergrund
Nachdem für die Börsen und den Euro nach der aktuellen Einschätzung auf der Zinsseite derzeit keine weitere Alimentierung zu erwarten ist, rücken Konjunkturfragen und Kreditkrise wieder in den Vordergrund.
Und gerade an letzterer Front gibt es am Donnerstag wieder Ungemach. So sind die Zahlungsausfälle bei versicherten Hypothekenkrediten amerikanischer Eigenheimbesitzer im September um 22 Prozent höher ausgefallen als vor einem Jahr. Zudem sank der Case-Shiller-Index für die amerikanischen Häuserpreise im August um weitere 4,4 Prozent gegenüber August 2006. Es war der achte Monat in Folge mit einer negativen Änderungsrate. Gegenüber Juli verbilligten sich Häuser um 0,8 Prozent. Dies war der stärkste monatliche Rückgang in der siebenjährigen Indexgeschichte.
„Das Tempo und Ausmaß der Verschlechterung im dritten Quartal hat unsere Erwartungen übertroffen. Das betrifft die Entwicklung im September in besonderem Maß“, sagte Stephen Smith, Vorstandsvorsitzender der PMI Group, des zweitgrößten Hypothekenversicherers in den Vereinigten Staaten der Nachrichtenagentur Bloomberg.
PMI und MGIC, die Nummer eins im Markt, verzeichneten beide im Oktober ihre ersten Quartalsverluste seitdem die Unternehmen an der Börse gelistet sind. Auslöser waren die gestiegenen Kosten bei der Unterstützung von in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Darlehensnehmern.
Und auch in Großbritannien belastet die Krise der Hypothekenbank Northern Rock den jahrelang boomenden Immobilienmarkt nachhaltig. Im September bewilligten britische Banken so wenige Kredite für Immobilienkäufe wie zuletzt vor 26 Monaten. Der Durchschnittpreis für Wohnobjekte ging im selben Monat 0,6 Prozent zurück, meldet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Bis dahin hatte der Wert seit Jahresbeginn monatlich im Mittel 0,89 Prozent zugelegt. Zudem leiteten Banken in der ersten Jahreshälfte bei 14.000 Häusern die Zwangsvollstreckung ein, so vielen wie zuletzt 1999.
Die in dem Beitrag geäußerte Einschätzung gibt die Meinung des Autors und nicht die der F.A.Z.-Redaktion wieder.
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