Wenig Zurückhaltung im Fall Marco W.
Dass diese Art von Journalismus in Deutschland für Ärger und Entsetzen sorgt, ist verständlich. Doch wer jetzt losschimpfen möchte, sei daran erinnert, dass wir eine vergleichbare Geschichte bereits hatten und zwar in umgekehrter Richtung. Im Fall Marco W. zogen deutsche Medien ohne genaue Kenntnis der Lage über den angeblichen Unrechtsstaat Türkei her. Politiker wie Schäubles Parteikollege Volker Kauder polterten damals, wenn Marco nicht sofort aus dem Gefängnis entlassen werde, habe Ankara in der EU nichts zu suchen. So wenig wie damals Marcos Schuld oder Unschuld geklärt war, so wenig wissen wir jetzt bereits, ob der Brand in Ludwigshafen ein Anschlag war oder nicht.
Zudem sollten wir – wenn wir über türkische Reaktionen urteilen, nicht vergessen, dass wir in Deutschland bereits mehrere zum Teil tödliche Angriffe gegen Ausländer hatten. Zu erwähnen sind nur die Städtenamen: Solingen, Rostock, Mölln und Cottbus. Somit sind die Türken - so bitter das Bild in diesem Zusammenhang klingen mag - gebrannte Kinder.
Wir täten also auf beiden Seiten gut daran, Maß zu halten und uns zur Abwechslung mal die Sicht der anderen Seite zu Eigen zu machen.
von ARD-online
|