| | Karlheinz Bund ist Aufsichtsratsvorsitzender der ENRO Geothermie AG mit Sitz in Essen. Er war zuvor Vorstandschef der Ruhrkohle AG und der Steag AG |
www.cicero.de/97.php Strom für 600 Jahre von Karlheinz Bund Aus Erdwärme lässt sich Strom gewinnen, viel Strom. Die Geothermie fristet zu Unrecht ein Schattendasein Deutschland steht vor zwei strategischen Herausforderungen: Woher kommt künftig geopolitisch sichere Energie und wie kann der CO2-Ausstoß schnell und spürbar reduziert werden. Die Bundesregierung ist prinzipiell auf dem richtigen Kurs, wenn sie die regenerativen Energien kräftig ausbauen will. Mit erneuerbaren Energien will die Bundesregierung politische Unabhängigkeit von internationalen Rohstoff- und Energielieferanten, Preisstabilität, Nachhaltigkeit sowie Klimaschutzziele erreichen. 2006 lag der Anteil an der Stromgewinnung durch erneuerbare Energieträger bei 11,8 Prozent. Ein entscheidender Nachteil von Wind- und Sonnenenergie, Wasserkraft und Biomasse ist jedoch: Sie sind abhängig von Witterung, Tages und Jahreszeit und somit nicht grundlastfähig. Die deutsche Wirtschaft braucht aber eine sichere, zuverlässige und preisstabile Grundlastversorgung mit Strom, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Die Stromerzeugung aus Erdwärme im großen Stil könnte dieses Problem entschärfen. Noch spielt die Geothermie, eine der innovativsten regenerativen Energiequellen, in den Überlegungen von Umweltminister Sigmar Gabriel hinsichtlich der Stromversorgung eine untergeordnete Rolle. Dabei schlummert ein nahezu unerschöpfliches Potenzial an Energie direkt unter unseren Füßen. Hausbesitzer kennen das Prinzip, mit dem Erdwärme zur Beheizung von Gebäuden eingesetzt werden kann. Kaltes Wasser wird ins heiße Erdreich gepumpt und kommt stark erwärmt wieder zurück. Mit den inzwischen entwickelten Techniken lässt sich Erdwärme aber nicht nur oberflächennah nutzen, sondern auch in großen Tiefen bis zu 5000 Metern. Dort liegen die Temperaturen bei über 160 Grad. Leitet man den entstehenden Dampf über Turbinen, ist eine Stromproduktion im industriellen Maßstab möglich. Die geologischen Voraussetzungen sind in Deutschland ausreichend vorhanden. Mit dem Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) wurde die Nutzung der Erdwärme auch wirtschaftlich attraktiv. Immer mehr Experten sehen in der Geothermie die Energiequelle der Zukunft. Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag hat bereits vor einigen Jahren festgestellt, dass Deutschland über ein Potenzial zur geothermischen Stromerzeugung von rund 300000 Terawattstunden (TWh) verfügt. Der deutsche Strombedarf von jährlich 550 TWh könnte somit etwa 600 Jahre gedeckt werden. Experten schätzen, dass allein der täglich aus dem Erdinnern aufsteigende Wärmestrom, der durch die Erdoberfläche in die Atmosphäre gelangt und ungenutzt in den Weltraum abgestrahlt wird, den weltweiten Energiebedarf um das 2,5-Fache übertrifft. Erdwärme bietet also ein nahezu unerschöpfliches Energiereservoir. Entsprechend kann Geothermiestrom Tag und Nacht völlig unabhängig von Wind und Wetter, zuverlässig in der Grundlast und klimaverträglich ohne CO2-Emissionen erzeugt werden. Die ENRO Geothermie AG plant daher den Bau eines der größten Erdwärme-Kraftwerke vor den Toren Berlins. Weltweit kommen bereits rund 9000 Megawatt elektrische Leistung aus Geothermie-Kraftwerken. International erlebt die Branche derzeit einen Boom. In den Geothermie-Bohrunternehmen herrscht bereits ein Mangel an Fachkräften und leistungsfähigen Tiefbohrgeräten. In einer Studie des Bundesumweltministeriums heißt es, dass Deutschland bis 2050 ohne Mehrkosten drei Viertel der Stromerzeugung von fossilen auf regenerative Energiequellen umstellen könnte. Ab dem Jahr 2025 könnte die Erzeugung einer Kilowattstunde aus erneuerbaren Energieträgern sogar billiger sein als bei Verwendung der stetig teurer werdenden fossilen Brennstoffe. Politiker, Ingenieure und Unternehmer sollten die Energiefrage als Herausforderung annehmen und zusammen an innovativen Lösungen arbeiten. Geothermie ist die strategische Ergänzung der regenerativen Energien, denn sie bietet der Wirtschaft die so wichtige Grundlastversorgung, der Politik die außenpolitische Unabhängigkeit und den Menschen eine klimaschonende CO2-freie Energie. Karlheinz Bund ist Aufsichtsratsvorsitzender der ENRO Geothermie AG mit Sitz in Essen. Er war zuvor Vorstandschef der Ruhrkohle AG und der Steag AG
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