Ärzte Zeitung online, 05.08.2014
Hoffnung auf den Durchbruch Ist ein Wirkstoff gegen Ebola gefunden?
In der Behandlung von Ebola-Erkrankten könnte der Durchbruch gelungen sein: Zwei infizierten US-Helfern geht es jetzt besser, nachdem sie mit einem experimentellen Präparat behandelt worden sind.
NEU-ISENBURG. Ein Antikörper-Präparat weckt neue Hoffnungen auf einen Durchbruch in der Therapie von Menschen, die an der Ebola-Viruskrankheit erkrankt sind.
Wie jetzt bekannt geworden ist, könnte eine Kombination aus drei monoklonalen Antikörpern womöglich das Leben von zwei mit Ebola infizierten Helfern aus den USA gerettet haben. Sie sollen mit dem Präparat ZMapp™ behandelt worden sein - und nicht wie zuvor berichtet, mit dem vergleichbaren experimentellen Antikörper-Präparat MB-003.
Bei dem einen Patienten handelt es sich um Dr. Kent Brantly, der seit Samstag in Atlanta behandelt wird. Seine Kollegin, die Missionarin Nancy Writebol wurde am Dienstag mit einem Spezialflugzeug ebenfalls von Liberia nach Atlanta geflogen.
Beide sollen vergangenen Donnerstag in Monrovia das Antikörperpräparat des kleinen kalifornischen Biotech-Startups "Mapp Biopharmaceutical Inc" erhalten haben. Offenbar in Abstimmung mit dem nationalen US-Institut für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID) sollen drei Dosen des Präparats aus monoklonalen Antikörpern gegen drei Ebola-Glykoproteine nach Liberia geschafft worden sein.
Der Antikörper wurde ursprünglich in Mäusen entwickelt und wird jetzt in einem speziellen Produktionsverfahren mit Blättern der Tabakpflanze produziert. Gute Testergebnisse bei Affen
ZMapp™ war zuvor nur an Rhesusaffen getestet worden. In dem Versuch überlebte jedes Tier, wenn es innerhalb von 24 Stunden nach der Ebola-Infektion mit dem Präparat behandelt worden war. Bei einer Verabreichung 48 Stunden später überlebte noch jedes zweite Tier. Das Ebola-Virus kann bekanntlich zu einer Letalität von bis zu 90 Prozent führen (Scientific Reports 2013; 3: 3365).
Brantlys Zustand soll sich Berichten zufolge binnen einer Stunde nach der i.v.-Infusion "dramatisch verbessert" haben. Allerdings basiert diese Meldung laut dem US-Fernsehsender auf Aussagen von "mit der Therapie befassten Personen" und nicht auf einem offiziellen medizinischen Untersuchungsbericht.
Den Aussagen zufolge soll sich die Atmung von Brantly deutlich gebessert haben, nachdem er zuvor eine Luftnot entwickelt hatte. Auch das für Ebola typische Exanthem soll sich zurückgebildet haben. CNN zitiert einen der behandelnden Ärzte mit den Worten, die Ereignisse seien "wunderbar" gewesen.
Auch der Zustand von Brantlys Kollegin, der Missionarin Writebol, soll sich ab der zweiten Injektion "signifikant gebessert" haben, nachdem die erste Dosis keine "auffallende Wirkung" gehabt habe. Wenngleich die Berichte noch kein Beweis sind, dass die Antikörper für die Besserung gesorgt haben, beflügeln sie die Hoffnung auf eine spezifische Ebola-Therapie, denn bislang gibt es keine.
Nach Angaben des Herstellers Mapp sind von dem Präparat nur geringe Mengen vorrätig. Man arbeite derzeit gemeinsam mit einem Partner, der US-Regierung daran, die Produktion "so schnell wie möglich" steigern zu können. Das Unternehmen hat Ende Juli außerdem eine Förderung vom US-amerikanischen Verteidigungsministerium erhalten.
Die Defense Threat Reduction Agency (DTRA) fördert die Weiterentwicklung unter anderem mit dem Ziel, eine "ausreichende Menge" des Präparats für eine klinische Phase-I-Studie herzustellen. Ärzte und Pfleger vor Ort benötigt Weitere Erkrankungen in Nigeria
Für Nigeria hat die Weltgesundheitsorganisation WHO vier Ebola-Verdachtsfälle angegeben. Inzwischen liegt für einen Arzt aus Lagos eine Bestätigung vor. Er starb ebenso an Ebola wie der Fluggast aus Liberia, bei dem er sich vor einigen Wochen angesteckt hatte.
Zwei weitere Menschen haben ebenfalls Symptome, insgesamt befinden sich acht Nigerianer in Quarantäne, gab die Regierung bekannt.
Nigeria ist das mit Abstand bevölkerungsreichste Land Afrikas. Mit der Infektion sind erstmals direkte Flugverbindungen zwischen einem von Ebola betroffenem Land und Deutschland betroffen. Die Lufthansa fliegt täglich von Frankfurt aus zwei Ziele in Nigeria an: Lagos und Abuja.
„Wir planen derzeit aber keine Veränderung in unserem Angebot“, so ein Lufthansa-Sprecher. Die Angst vor der Ausbreitung auf Europa ist nach Angaben des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg unbegründet.
„Es ist absolut unwahrscheinlich, dass es in Europa zu einer Epidemie kommt“, sagte der Leiter der Virusdiagnostik, Jonas Schmidt-Chanasit.
Mit steigenden Infektionszahlen und immer mehr Helfern aus Europa steige aber das Risiko. (dpa)
Derweil haben interantionale Organisationen neue Hilfszusagen für die von der Ebola-Epidemie betroffenen Länder Westafrikas gemacht. Die Weltbank kündigte am Montagabend einen Notfonds von 200 Millionen US-Dollar (rund 149 Millionen Euro) an, die afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) Finanzhilfen in Höhe von 60 Millionen US-Dollar.
Vergangenen Freitag hatte bereits die WHO gemeinsam mit den Staatschefs der betroffenen Länder Guinea, Sierra Leone und Liberia ein Notprogramm von 100 Millionen US-Dollar aufgelegt.
Experten, die mit der Krise vor Ort befasst sind, hatten allerdings wiederholt mehr Personal für den Kampf gegen Ebola gefordert. Geld sei genügend vorhanden, hieß es. Jetzt benötige man vor allem Ärzte, Pflegekräfte, Logistiker und Epidemiologen. Einige Hilfsmissionen hatten wegen der anhaltenden Krise zuletzt ihr Personal aus der Region abgezogen, was die Lage vor Ort nach Einschätzung von Beobachtern verschlimmern könnte.
Die WHO forderte am Montag, "so schnell wie möglich" weitere Hilfskräfte zu entsenden. Man benötige "Hunderte Ärzte und Pfleger" vor Ort, hieß es. "Wir brauchen deutlich mehr Hilfe von der internationalen Gemeinschaft", sagte WHO-Sprecher Gregory Härtl.
Die US-Seuchenkontrollbehörde CDC hat rund 50 weitere Experten nach Westafrika geschickt. Auch das US-Militär hat Helfer entsandt, die Labore aufbauen und bei den Analysen von Blutproben helfen sollen.
Nach jüngsten WHO-Angaben sind bislang 1603 Menschen von der Ebola-Viruskrankheit betroffen (inklusive Verdachtsfälle), 887 von ihnen sind gestorben. Allein am 31. Juli und 1. August sind in Sierra Leone 72 und in Liberia 77 neue Fälle hinzugekommen. Das deutet auf einen anhaltenden Ausbruch und ungestoppte Infektionsketten hin.
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