Augstein : Es gibt ja Leute, die das ein bisschen härter sehen als Sie. Der Kollege Hanfeld von der „FAZ“ hat dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorgeworfen, ein „Willkommensrundfunk“ im Auftrag Merkels zu sein. Ein Vorwurf, der sich nach den Ereignissen von Köln noch verschärft hat. Da müsste jemand wie Sie jetzt sagen: Da sitzt niemand, der uns sagt, was wir tun sollen. Oder Sie sagen: Es könnte schon sein, dass da jemand von oben nach unten etwas durchgewinkt hat.
Herles: Nein, das bestreite ich vehement, da ist nichts von oben befohlen. Fernsehen funktioniert als große Simplifizierungsmaschine. Komplexität wird nicht zugelassen aus Quotengründen. Nun haben wir aber ein sehr komplexes Thema, damit wird sich aber nicht befasst. Es wird auf das gesetzt, was nicht komplex ist, und das ist das Emotionale. Das ist wunderbar: Da stehen jeden Tag 10.000 Leute auf dem Münchner Hauptbahnhof und empfangen die Flüchtlinge und wir verhalten uns menschenwürdig. Ich will mich da nicht drüber lustig machen, ich mache mich lustig über die, die glauben, man könne dieses Thema so simplifizieren. Seit Köln schlägt das aber in die andere Richtung. Die Berichterstattung ist da genauso unreflektiert wie die Berichterstattung über die Willkommenskultur.
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