| 28.02.06, 12:10 Uhr | Der Trend zu erneuerbaren Energien führt zu einem anhaltenden Boom von Biokraftstoffen.
Einer aktuellen Untersuchung der Managementberatung A.T. Kearney zufolge wird der Ökosprit-Verbrauch in Europa von heute zwei Millionen Tonnen auf etwa zwölf Millionen im Jahr 2010 und bis zu 21 Millionen im Jahr 2020 ansteigen.
Auch deutsche Firmen profitieren
Zu den Gewinnern des Bio-Trends dürften auch deutsche Unternehmen gehören, die sich schon heute mit entsprechenden Investitionen für die Produktion von Biotreibstoffen positionieren. Was die Verbreitung von Ökosprit anbelangt, verfolgt die EU im Bereich erneuerbare Energien ehrgeizige Ziele. Schon im Jahr 2010 sollen 5,75 Prozent aller eingesetzten Autokraftstoffe aus nachhaltigen Energieträgern stammen. „Aus heutiger Sicht wird das jedoch schwer zu realisieren sein“, glaubt Tobias Lewe von A.T. Kearney. Auf lange Sicht gibt sich der Autor der Untersuchung indes optimistisch: „Wir gehen davon aus, dass die langfristigen Ziele der EU für 2020 – ein 20-prozentiger Anteil nachhaltiger Autokraftstoffe oder zwölf Millionen Tonnen pro Jahr – sogar übertroffen werden könnten.“
Deutschland bei Ökosprit Spitze
Diese Perspektive birgt bedeutende Wachstumschancen für Agro-Unternehmen in Europa. Gute Chancen sehen die Experten vor allem hier zu Lande: Mit einem Anteil von aktuell über 30 Prozent des gesamten EU-Marktes für Biotreibstoffe spielt Deutschland eine führende Rolle. Eine Reihe von Unternehmen hat bereits eine Pionierrolle übernommen und wirkt maßgeblich an der Entwicklung neuer Produktstandards mit.
Neue Generation von Kraftstoffen
Biodiesel und Ethanol sind derzeit die einzigen kommerziellen Ökosprit-Sorten. Beide basieren auf Substanzen, die auch essbar sind, etwa Rapssaat oder Zucker. Aktuell arbeiten die Labors an Biokraftstoffen, die keine essbaren Substanzen mehr enthalten. Ein Beispiel ist Biomass-to-Liquid (BTL): „Es besitzt eine effiziente Energiebalance und ist auch für den Einsatz in Kraftfahrzeugen geeignet“, erklärt A.T. Kearney-Experte Lewe. Diese Treibstoff-Spezies entsteht aus der Umwandlung von Biomasse in Gas und wird in einem komplexen thermochemischen Prozess gewonnen. „Wir erwarten, dass BTL als Biotreibstoff zukünftig eine wichtige Rolle spielen wird“ prognostiziert Lewe.
Importe decken hohen Rohstoff-Bedarf
Da die EU den wachsenden Bedarf nicht eigenständig decken kann, rechnen Beobachter mit wachsenden Importen von pflanzlichen Rohstoffen und Biotreibstoffen. Vor allem Malaysia, Indonesien und auch die Ukraine gelten als die großen Lieferanten der pflanzlichen Rohstoffe der Zukunft. „Sobald die Subventionen für Biokraftstoffe in der EU reduziert werden, dürften die Importe weiter zunehmen“, schätzt Tobias Lewe: „Wir gehen davon aus, dass von den im Jahr 2010 in Europa benötigten zwölf Millionen Tonnen etwa 5,5 Millionen Tonnen importiert werden müssen. Bis 2020 kann man mit einem Defizit von etwa 15 Millionen Tonnen rechnen, das durch Importe ausgeglichen werden muss“.
Tankstellen im Hintertreffen
Traditionelle Mineralölanbieter werden künftig allerdings mit einem zunehmenden Überangebot an mineralölbasierten Treibstoffen rechnen müssen – insbesondere bei Otto-, aber auch bei Dieselkraftstoffen. Das wiederum könnte die Auslastung ihrer Raffineriekapazitäten gefährden. Bei A.T. Kearney sieht das Szenario so aus: Die Produktionskapazitäten traditioneller Mineralölraffinerien in Europa werden erwartungsgemäß bis 2020 mit einer Millionen Fass (entspricht 159 Liter) pro Tag um etwa ein Fünftel schrumpfen. Tankstellenbetreiber aufgepasst: „In Deutschland könnte dies zu einer Schließung von bis zu fünf traditionellen Mineralölraffinerien führen“, so Lewe.
Grüsse
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