Hinter verschlossenen Türen
Auf Weisung von oben knöpfen sich die Währungshüter in Washington das Regelwerk der Wall Street vor. Diesmal soll es um mehr gehen als nur um kleine Korrekturen. Abseits der Öffentlichkeit arbeitet Fed-Chef Bernanke an der Neuordnung der US-Finanzindustrie. Sein Vorgehen weckt Misstrauen.
Die laufende Überarbeitung der Regeln für das US-Finanzsystem findet weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) agiert bei ihren Entscheidungen inzwischen meist hinter verschlossenen Türen - ein starker Kontrast zum jüngsten Bekenntnis zu mehr Transparenz bei den Zinsentscheidungen.
Auch wenn die breite Öffentlichkeit kaum Notiz davon nimmt: Mit ihren aktuellen Regulierungsvorhaben greift die Fed sehr viel stärker in das Finanzsystem der Vereinigten Staaten ein als jemals zuvor. Seitdem das entsprechende Gesetz im Juli 2010 von Präsident Barack Obama unterzeichnet wurde und damit in Kraft trat, hat die Fed 47 Einzelentscheidungen zu neuen Regeln gefasst. Es geht dabei insgesamt um eine komplette Neuordnung der Finanzindustrie. Die Fed legt fest, wie viel Kapital die Banken vorhalten müssen, welche Formen des Handels zulässig sind oder in welcher Höhe sie Einzelhändler für die Abwicklung von Einkäufen mit Kreditkarten belasten dürfen.
Die Fed nimmt diese tiefgreifenden Änderungen - so dramatisch waren sie seit der Großen Depression nach 1929 nicht mehr - fast komplett unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor. Statt wie bei anderen Institutionen, mit denen die Fed zusammenarbeitet, einzelne Entscheidungen im Vorfeld zu diskutieren und dann öffentlich abzustimmen, zieht Notenbankchef Ben Bernanke Absprachen im kleinen Kreis via E-Mail vor.
Öffentliche Debatte unerwünscht?
Seit Juli 2010 haben lediglich zwei öffentliche Treffen mit den Fed-Gouverneuren stattgefunden - bei 45 von 47 vorläufigen oder endgültigen Entscheidungen haben die regionalen Notenbankchefs ihr Votum online übermittelt. Die Sitzungen des Offenmarktausschusses werden hier nicht mitgerechnet. Sie betreffen in der Regel nur geldpolitische Weichenstellungen wie zum Beispiel den Leitzins und befassen sich nicht mit den regulatorischen Aufgaben. Die Sitzungsprotokolle werden mit gewissem zeitlichem Abstand regelmäßig veröffentlicht.
|