Schwere Vorwürfe gegen Israel, Hisbollah und Hamas
Zwiespältige Reaktionen auf die aktuelle Eskalation in Nahost.Keine Einigkeit zeigt sich bei den weltweiten Reaktionen auf Israels Einmarsch in den Libanon.
US-Präsident George W. Bush zeigte sich besorgt über die Eskalation im Nahost-Konflikt. Terroristen seien dabei, den Friedensprozess zu stoppen, sagte er am Donnerstag nach einem Gespräch mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Stralsund. Es müsse jetzt alles getan werde, um die Lage zu entschärfen.
Bereits am Mittwoch hatte Bush Hisbollah und Hamas dazu aufgerufen, die entführten israelischen Soldaten ohne Bedingungen an Israel zu übergeben. Kritik an Israel war von Bush nicht zu hören.
Russland kritisiert Offensive Die russische Regierung verurteilte dagegen die israelischen Luftangriffe im Libanon und im Gazastreifen und rief alle Konfliktseiten zur Zurückhaltung auf.
Die Zerstörung der Infrastrukturen durch das israelische Militär sei "unverständlich und nicht zu rechtfertigen", erklärte das Außenministerium in Moskau in einem Kommunique.
"Gefährlicher Schritt zur Eskalation" Die Bombardierung des internationalen Flughafens von Beirut durch die israelische Luftwaffe sei ein "gefährlicher Schritt auf dem Weg zu einer militärischen Eskalation".
Gleichzeitig verurteilte der russische Außenamtssprecher Michail Kamynin "alle Formen des Terrorismus". Die "Praxis der Soldatenentführung" sei "absolut unzulässig".
Auch EU gespalten Die Europäische Union ist jedenfalls gespalten in der Frage, wie sie auf die jüngste Eskalation im Nahen Osten reagieren soll. Das amtierende EU-Vorsitzland Finnland sowie Irland, Spanien, Belgien, Schweden, Malta und Zypern haben sich für eine scharfe Verurteilung der israelischen Militäraktion ausgesprochen, hieß es am Donnerstag in diplomatischen Kreisen in Brüssel.
Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Tschechien dagegen drängen auf eine ausgewogene Reaktion, in der nicht nur einseitig Israel verurteilt wird.
Wird Streit "noch verschärft"? Kommenden Montag beraten die Außenminister in Brüssel über die Streitfrage. In zahlreichen europäischen Hauptstädten sorgt die Debatte bereits für "größte Besorgnis". Bisher habe man auf diplomatischer Ebene in Brüssel nur über die israelischen Angriffe auf die Palästinenser debattiert.
Über die weitere Eskalation durch den israelischen Angriff auf den Libanon sei noch gar nicht geredet worden. "Das könnte die Situation in der EU noch verschärfen", sagte ein hochrangiger Diplomat.
EU überrumpelt von Ereignissen Ein Vertreter jener Länder, die Israel nicht einseitig verurteilen wollen, sagte: "Wenn wir uns auf eine Seite stellen, ist die EU in den künftigen Friedensverhandlungen außen vor." Eine Patentantwort gebe es nicht. Mit einer derartigen Eskalation des Konfliktes habe man noch vor kurzem nicht gerechnet.
Es sei "erstaunlich, wie sich beide Seiten von den Extremisten beeinflussen lassen" und "wie der Prozess im Nahen Osten binnen Minuten von Extremisten übernommen werden kann".
Annan verurteilt beide Seiten UNO-Generalsekretär Kofi Annan forderte die sofortige Freilassung der von der Hisbollah entführten israelischen Soldaten. Zugleich verurteilte Annan am Mittwoch nach einem Treffen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Romano Prodi in Rom den Einsatz der israelischen Armee im Südlibanon.
Es müsse alles unternommen werden, damit keine Zivilisten Schaden nähmen, forderte Annan. Vorsätzliche Gewalt gegen Zivilisten sei "schlicht und einfach Terrorismus". Annan forderte die politischen Führer in der Region auf, seine Forderungen zu unterstützen.
Libanon bestreitet Verantwortung Die libanesische Regierung bestritt jede Verantwortung und forderte eine Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrates.
Der Sicherheitsrat der UNO müsse zu einer Sitzung zusammenkommen, um "die israelische Aggression" zu untersuchen, sagte der libanesische Informationsminister Ghasi Aridi nach einer Sondersitzung des Ministerrates am Mittwoch in Beirut.
Beratungen zwischen Syrien, Ägypten und Jordanien Syriens Präsident Baschar el Assad und der jordanische König Abdallah II. erörterten mit dem ägyptischen Staatschef Hosni Mubarak telefonisch Möglichkeiten, wie die Situation im Libanon und im Gazastreifen beruhigt werden könne, wie ägyptische und jordanische Nachrichtenagenturen berichteten.
Der Generalsekretär des arabischen Innenministerrates, Mohammed Ali Kuman, warf Israel "Staatsterrorismus" vor.
Hamas-Glückwünsche an Hisbollah Die palästinensische Hamas-Organisation gratulierte der Hisbollah zu der Gefangennahme der Soldaten. In Beirut beglückwünschte auch Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah seine Milizen. Die Entführten würden nur im Austausch gegen libanesische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikommen.
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