Heyde: Versprochene Zahlen werden weit verfehlt Im Gespräch mit w:o erläutert der neue Heyde-Vorstandsvorsitzende Dirk Wittenborg die Gründe dafür, dass die Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr – absehbar - schlechter als erwartet ausfallen. Die Umsätze liegen unter den Prognosen und der Gewinn von 22,4 Mio.€ wird sehr deutlich verfehlt. Vorstandschef Dieter Heyde ist zurückgetreten und ein Krisenprogramm angelaufen.
Heyde hat die Prognosen deutlich verfehlt. Statt eines prognostizierten Ertrags vor Steuern in Höhe von 22,4 Mio.€ wird ein operatives Ergebnis in von 3 Mio.€ in der Bilanz des Jahres 2000 stehen – und damit deutlich weniger als bei Vorlage der neun Monats-Zahlen. Das Umsatzziel von 360 Mio.DM wurde ebenfalls um 19 Mio.DM verfehlt.
Was w:o schon vor Wochen gemeldet hat und von Heyde damals heftigst dementiert wurde, ist jetzt Gewissheit: Nach dem schwachen dritten Quartal, dessen Zahlen schon das Erreichen des Gewinnziels fraglich erscheinen ließen, waren die Ziele schon in Frage gestellt worden. Um die avisierten über 22 Mio.€ doch noch zu erreichen hätten die Nauheimer im Endspurt deutlich mehr verdienen müssen, als in den vorangegangenen Quartalen zusammen. Doch das Gegenteil ist der Fall, denn das Quartal brachte einen Verlust.
Warum nicht früher? Die Gerüchte lagen wie Blei auf den Heyde-Kursen. „Im November wurde der Vorstand erweitert und die folgende Zeit stand unter dem Motto „Analyse“. Wir wollten erst mit Fakten, die Hand und Fuß haben, an die Öffentlichkeit gehen,“ sagt der neue Heyde-Chef Dirk Wittenborg. Vor der Berufung in den Vorstand der Heyde AG war er Chef der Consulting Partner Group; danach zuständig für Strategie und Unternehmenskäufe des Unternehmens Heyde.
Die Gründe liegen nicht nur in der Zurückhaltung der internationalen Kunden
Als Gründe für das Verfehlen der Zahlen nennt das Unternehmen einen schwachen Umsatz in den letzten 90 Tagen – und Sonderfaktoren: Das Engagement in die britische Tantus kostete statt 4 doch 8 Mio.DM; Mitarbeiterbeteiligungen mit 6,6 Mio. DM gewinnwirksam verbucht. „Alles was an bekannten und erkennbaren Risiken vorhanden ist, wurde berücksichtigt. Dafür steht zum Beispiel auch die Frage, Aufwendungen für Softwareentwicklungen nicht mehr zu aktivieren,“ sagt Wittenborg.
Mit Gegenmaßnahmen fackelt man in Bad Nauheim nicht so lange, wie mit dem Herausrücken der Wahrheit. Challenge H ist der Name eines Restrukturierungsprogramms, dass im nächsten Jahr für ein gemäßigteres Wachstum sorgen soll. Bei einem deutlich reduzierten Umsatz von lediglich 400 Mio.DM soll jetzt ein operatives Ergebnis von 10 Mio.DM erreicht werden. Dieses Ziel hat sehr wenig Rückschlagpotenzial.
Durch die fast im Wochentakt gemeldeten Akquisitionen besteht Strukturierungsbedarf. Heyde will die Auslastung der verschiedenen Bereiche optimieren: „Wir müssen prüfen, wer über Gebühr ausgelastet ist – oder signifikant unterbeschäftigt und damit besser einsetzbar sein könnte,“ kündigt der neue Vorstandsvorsitzende an.
Das Personalkarussell drehte sich schon im November
Aktuell: Neuer Vorstandsvorsitzender ist Dirk Wittenborg; sein Stellvertreter wird Bertram Salzinger. Gemeinsam mit Unternehmensgründer Dieter Heyde scheidet Klaus Hardy Mühleck aus und wechselt wahrscheinlich in den Aufsichtsrat. Klaus Hardy Mühleck, bisher als Chief Operating Officer verantwortlich für die internen Prozesse, scheidet aus dem Führungsgremium aus. Er war erst im November von DaimlerChrysler gekommen. Die weitreichende Umbesetzung wurde von namhaften Verkäufen begleitet. Aktuell sucht Heyde keine neuen Kräfte. „Das Team besteht zum jetzigen Zeitpunkt aus einer guten Mischung zwischen gestandenen Heyde-Kennern und Vorständen, die mit der notwendigen Aggressivität agieren,“ sagt Dirk Wittenborg.
Autor: Thomas Siedler, 09:17 24.02.01
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