Soweit ich weiß, ist die Berliner Zeitung KEIN rechtsextremistisches Blatt, deshalb von hier: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/feuilleton/317472.html
Mittwoch, 18. Februar 2004 Kampf zwischen Gut und Böse Ein neues Buch wird in England zum Anlass, den Bombenangriff auf Dresden zu rechtfertigen Andreas Krause
Am 13. Februar 2000, dem 55. Jahrestag der Zerstörung Dresdens, übergab der Herzog von Kent als versöhnliches Zeichen das neue Kuppelkreuz für die Frauenkirche, das der Sohn eines der Bomberpiloten angefertigt hat.
In der Unterkirche der Frauenkirche wurde jüngst aus "Schlachthof 5" vorgelesen; einem Buch des Amerikaners Kurt Vonnegut, der als Kriegsgefangener beim Bergen der Leichen geholfen hatte. Das Beispiel Frauenkirche zeigt, dass man des Grauens gedenken kann, ohne sich der Versöhnung zu verschließen.
In England traut man solche Komplexität den Deutschen plötzlich nicht mehr zu. Das jüngst erschienene Buch "Dresden: Tuesday 13 February 1945" von dem Historiker Frederick Taylor, gelobt für Faktentreue und stilistische Brillanz, rechtfertigt den Bombenangriff auf Dresden und bestreitet, dass es sich um ein Kriegsverbrechen gehandelt habe. Wie man an David Cesarani, Autor der englischen Zeitung Independent, sehen kann, spricht das Buch gerade jene an, die nach der Lektüre von Vonneguts Erinnerungen den Luftkrieg gegen Deutschland bislang für den dunklen Fleck auf der weißen Weste alliierter Kriegführung gehalten hatten.
Die bekannten Argumente, dass der Angriff auf Dresden ohne jeden strategischen Nutzen und fast ausschließlich gegen die Innenstadt gerichtet war, dass er hauptsächlich der Demoralisierung der Zivilbevölkerung dienen sollte, dass er die gemäßigte Version von Churchills Plan war, sechzig deutsche Städte mit Gas- und Bakterienangriffen zu überziehen - all diese Argumente zählen in den Besprechungen des Independent und des Guardian nicht. Cesarani zitiert Taylor mit den Worten, die Nazi-Hochburg Dresden, in der die Mehrzahl der Juden deportiert wurde, in der Tausende von Zwangsarbeitern beschäftigt sowie Regimegegner hingerichtet wurden, sei mitnichten eine unschuldige Stadt und der Kriegsausgang im Februar 1945 (!) offen gewesen. 120 Fabriken habe die örtliche Rüstungsproduktion gezählt. Die Stadt sei den Angriffen schutzlos ausgeliefert gewesen, weil man die Luftabwehr an die Front verlegt hatte. Guter Rat ist billig: Die Dresdner hätten eben Bunker bauen müssen und lieber die Brandbomben auf den Dächern löschen sollen statt sich in den weit verzweigten Kellersystemen mit ihren ofenähnlichen Eigenschaften braten zu lassen. Dieses Argument erreicht das Niveau jenes zynischen Witzes aus der Titanic, wonach das Wasser der Flutkatastrophe vom Sommer 2002 leider 57 Jahre zu spät kam.
Welche Motive hierbei mitspielen könnten, sieht man etwa daran, dass Taylor einen Dresdner Pfarrer mit den Worten zitiert, die Sachsen seien, als einer der letzten Verbündeten Napoleons im Jahre 1813, nie besonders klug in der Wahl ihrer Freunde gewesen - die damals bekanntlich Feinde Englands waren.
Offenbar geht es bei dieser Offensive nicht darum, eine militärgeschichtliche Debatte über die Kriegsstrategie der Alliierten zu führen, auch nicht um nostalgische Erinnerungsarbeit nach dem Vorbild des Hiroshima-Piloten Paul Tibbets, der im Jahre 1976 in Texas vor begeisterten Zuschauern mit Hilfe von Flugzeug und Rauchpilz den Abwurf der Atombombe simulierte. Die Massenvernichtung im Rahmen des Luftkriegs, wie sie Jörg Friedrich in seinem Buch "Der Brand" ausführlich beschrieben hat, wird als Strafaktion gerechtfertigt, als notwendiges Übel im "Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen", wie der Historiker Michael Burleigh im Guardian schreibt - ganz auf der Linie Winston Churchills, der schon für 1919 einen Luftangriff mit tausend Flugzeugen auf Berlin vorgesehen hatte und 1925 vermutete, beim nächsten Mal werde es darum gehen, "Frauen und Kinder und die Zivilbevölkerung überhaupt zu töten."
Für Burleigh geht die These, dass es sich bei dem Dresden-Angriff um ein Kriegsverbrechen gehandelt habe, schlicht auf die nationalsozialistische Kriegs- und sowjetische Nachkriegspropaganda zurück: Die Deutschen (so ein beliebter Topos der englischen Boulevardpresse) haben sich bis heute nicht geändert. Cesarani wirft Friedrich vor, er wolle die deutschen Opfer endlich aus dem Schatten herausholen, den der Mord an den Juden auf sie wirft.
Wie sehr die deutschen Debatten verzerrt werden, sieht man daran, dass Cesarani, unter dem Eindruck, die Deutschen würden zunehmend ihre Verbrechen verharmlosen, sogar den verstorbenen Schriftsteller WG Sebald angreift. Obwohl dieser in seinem Buch "Luftkrieg und Literatur" die Deutschen auf dem Umweg über ihr Leid an ihre Verbrechen erinnern wollte, wirft Cesarani dem "geschichtsphilosophisch skrupulösesten Autor, den die deutsche Literatur in den vergangenen Jahrzehnten hatte" (FAZ) vor, er habe die Bombenopfer den Holocaustopfern gleichstellen wollen. Begriffe wie "Vernichtung" und "Auslöschung", die neuerdings auf den Bombenkrieg angewendet werden, seien nationalsozialistische Völkermord-Euphemismen.
England steht mit diesen Angriffen nicht allein, wie der polemische Aufwand zeigt, mit dem Polen das geplante Zentrum gegen Vertreibungen torpediert oder das Festhalten Tschechiens an den Benes-Dekreten.
Die große deutsche Hoffnung, mit Hilfe der intensiven und historisch einmaligen Anstrengungen im Rahmen der Vergangenheitsbewältigung den nationalen Zuschreibungen zu entkommen, scheint sich im Augenblick bei der geringsten Unbotmäßigkeit als trügerisch zu erweisen. -----------------------------------
Aber wie ja alle hier wissen, wird die Geschichte bekanntlich von den Siegern geschrieben. Kann jemand aus Dresden seine Kenntnisse dazu posten?
ALdy
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