Der Januar schlägt durch (EuramS) 07.01.2007 08:55:00 Historisch gesehen ist jetzt der beste Börsenmonat. In der Vergangenheit verbuchten dabei vor allem Nebenwerte die größten Kursgewinne. Fünf aktuelle Favoriten
von Tobias Meister
Unter dem Strich bleiben 40 Punkte Plus. So viel hat der DAX in der ersten Handelswoche des neuen Jahres zugelegt. Immerhin. Zwar markierte er zeitweise ein neues Sieben-Jahres-Hoch, doch erst einmal scheint dem Index ein bisschen die Puste auszugehen. Die gute Stimmung der Börsianer aber bleibt. Vor allem die deutlich gesunkenen Arbeitslosenzahlen weckten die Hoffnung auf ein kräftig anziehendes Wirtschaftswachstum in Deutschland. Hinzu kommt der Glaube an den traditionell günstigen Saisonzyklus zu Jahresbeginn. "Wir sehen derzeit an den Börsen den Januar-Effekt", erklärt Fondsmanager Hans-Peter Schupp von Mainfirst. Dieses Phänomen beschreibt die anziehenden Kurse zum Jahresbeginn.
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In den vergangenen 40 Jahren schloss der DAX den Januar 26 mal im Plus ab. Thomas Theuerzeit, der den Bereich Sentiment und Behavioral Finance im Ressort Financial Markets bei der Postbank leitet, hat herausgefunden, dass es für Investitionen eigentlich keinen besseren Monat gibt. "Das Chance/Risiko-Verhältnis ist zu Jahresbeginn einfach am Besten", erklärt der Markttechniker. Durchschnittlich konnte der DAX im Januar in den vergangenen 40 Jahren um 2,3 Prozent Kursgewinn zulegen. Und auch die Monate Februar (0,75 Prozent), März (1,30 Prozent) und April (0,50 Prozent) boten ansehnliche Renditen. Zwar sind Statistiken bekanntlich keine Garantie für die Zukunft, doch historisch gesehen sind die Chancen auf Kurssteigerungen in der kalten Jahreszeit am größten. Auffällig ist, dass gerade die kleineren Werte am Jahresanfang besonders gut laufen. So ließ im vergangenen Jahr beispielsweise der Entry Standard den DAX in den ersten Monaten ganz klar hinter sich (siehe Chart). Bis Mai kletterte der Nebenwerte-Index um mehr als 30 Prozent. Zum gleichen Zeitpunkt betrug das Plus im deutschern Leitindex gerade einmal zehn Prozent.
Die Wende kam im Mai. Da war der Höhenflug des Entry Standard beendet, er verlor im weiteren Verlauf deutlich an Boden. Der Index schloss das Jahr mit einem Minus von 13,9 Prozent ab, während der DAX fast 22 Prozent zulegen konnte. Trotz allem war 2006 generell kein schlechtes Jahr für Small Caps. Im Gegensatz zum Entry Standard konnte der transparentere SDAX seine Outperformance gegenüber dem DAX bis zum Jahresende behaupten. Analyst Felix Ellmann von SES Research hat dafür eine simple Begründung: "Viele Nebenwerte außerhalb des Prime Standard haben den Makel, dass sie nicht quartalsweise berichten müssen und die Informationslage rund um die Unternehmen in der Regel sehr schlecht ist." Zum Jahreswechsel ist diese Ineffizienz aber für kurze Zeit nicht ganz so groß. Der Vorstand hat dann üblicherweise das grobe Zahlenwerk für das abgelaufene Geschäftsjahr bereits auf dem Tisch. "Kam es jetzt noch nicht zu einer Gewinnwarnung, wird es in der Regel auch keine mehr geben," weiß Ellmann.
Zudem gibt der Vorstand meist bei der Präsentation der offiziellen Zahlen auch einen Ausblick auf das gerade beginnende Geschäftsjahr. Danach herrscht bei Unternehmen unterhalb des Prime Standards allerdings häufig Funkstille. Dies könnte eine mögliche Begründung sein, warum dem Entry Standard im vergangenen Jahr nach positivem Start nach und nach die Puste ausging.. "Grundsätzlich ist das erste Quartal immer relativ gut für kleinere Titel", bestätigt auch Fondsmanager Schupp. Auch wenn die Begründungen fast immer unterschiedlich sind, so gelangen die Experten fast alle zur gleichen Meinung, nämlich, dass man zum Jahresbeginn auf jeden Fall ein Teil seines Geldes in Nebenwerte stecken sollten. "In der zweiten Jahreshälfte haben Fondsmanager und Vermögensverwalter tendenziell Nebenwerte abgebaut, da sie nicht wollen, dass diese zum Ultimo im Rechenschaftsbericht ausgewiesen werden", erklärt Fondsmanager Guido Cameron von HSBC Trinkaus & Burkhardt. Deshalb werden oft zum Jahresende großkapitalisierte Werte von Fondsmanagern gekauft, die bereits in den Vormonaten gut gelaufen sind und mit denen sie dann ihre Bilanzen schmücken können. Im Fachjargon wird diese Depotpflege als "Window-Dressing" bezeichnet.
Zurück auf Los, heißt es dann immer wieder zum neuen Jahr. Die Aktienhändler, die sich an ihrer Performance messen lassen müssen, fangen im Januar alle wieder bei Null an. Die Risikoprofile werden dabei neu definiert. So darf beispielsweise ein professioneller Investor, der von seinen Vorgesetzten ein Risikolimit von einer Million Euro eingeräumt bekommt, und schon 800000 Euro in den Wind geschossen hat, zum Jahresende nicht mehr viel riskieren. Da aber im Januar die volle Risikosumme zur Verfügung steht, ist die Bereitschaft bei den Finanzprofis viel größer, in die kleineren Titel zu investieren. Doch eignen sich Nebenwerte in der Regel nicht nur für die ersten drei bis vier Monate eines Börsenjahres, auch wenn sie 2006 dann abschmierten. Aber da herrschte im vergangenen Jahr eine Ausnahmesituation: Angesichts der überdurchschnittlich guten Performance im DAX gab es für die Fondsmanager keinen vernünftigen Grund, in kleine und wenig bekannte Werte zu investieren.
Skeptiker warnen zwar davor, dass dies in einem Teufelskreis enden könnte. Im Fall einer deutlichen Kurskorrektur im DAX werden bestimmt nicht plötzlich alle Investoren auf die Werte der zweiten und dritten Reihe setzen. Doch Postbank-Marktexperte Theuerzeit sieht diese Gefahr nicht. "Am Anfang eines Aufschwungs sind die Investoren immer risikoavers und gehen deshalb in große und liquide Titel. Läuft die Hausse schon einige Zeit, werden die institutionellen wie auch die privaten Anleger mutiger und setzen einen Teil ihres Geldes auf kleinere, spekulativere Werte mit Nachhol-Potenzial". Theuerzeit hält es daher durchaus für realistisch, dass Nebenwerte wieder vermehrt in den Blickpunkt geraten werden. Da viele Experten vor allem der US-Technologie-Börse Nasdaq Nachholpotenzial bescheinigen, sollten auch hierzulande die lange Zeit vernachlässigten Technologiewerte deutlich zulegen können. ?uro am Sonntag stellt fünf Kandidaten vor, die sich 2007 positiv entwickeln sollten. Mit 10Tacle, Süss Microtec, Primion und ITN Nanovation sind allein vier Unternehmen dem Technologie-Sektor zuzuordnen. Lediglich die Aktie von Biotest stammt aus der zukunftsträchtigen Healthcare-Branche. Und zumindest die hat das ganze Jahr Konjunktur.
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