War gestern nachmittag und heute anderweitig beschäftigt, und musste mich anschliessend erst mal wieder aufs Laufende bringen. Hier ein paar Splitter, die hoffentlich das eine oder andere, was hier über die Tage angerissen wurde, aufnehmen: 1. Das Transkript der Pfizer-PK vom Dienstag ist jetzt online (das SEC filing des Quartalsabschlusses, in dem die in Q3 an BioNTech geflossenen Meilensteinzahlungen zu finden sein sollten, steht leider noch aus). https://s21.q4cdn.com/317678438/files/...SQ_Transcript_2020-10-27.pdf
Dort, auf S.8, finden sich einige Erläuterungen zu einer Frage, die ich mir selbst auch schon gestellt hatte: Wie können eigentlich die durch Impfung hervorgerufenen Antikörpereffekte von solchen, die auf eine unbemerkte (unsymptomatische) SARS-COV2 zurückgehen, unterschieden werden. Die Antwort ist ganz einfach: BNT162 induziert nur eine ganz kleinen Teil des Virus, nämlich die Receptor Binding Domain des Spikes. Was Pfizer jetzt macht, ist, die Probanden auf andere Bestandteile von SARS-CoV2, insbesondere das Nukleocapsid-Protein, zu testen. Dazu werden kommerzielle (aber wohl speziell kalibrierte) PCR-Analysegeräte verwendet. Gesprochen wird von einem "central read in our large laboratory". Ich vermute, die Analytik ist nicht vollständig zentralisiert (für Argentinien könnte es z.B. Sinn machen, dort dezentrale Kapazitäten vorzuhalten), aber scheinbar weitgehend. Für mich heisst dies u.a.: a) Es dürfte ziemlich schwierig sein, per Standard-PCR Test herauszufinden, ob jemand den Impfstoff oder das Plazebo erhalten hat. Die PCR-Tests greifen ein breites Spektrum von Coronavirus-Proteinen ab, sehr viel breiter als durch den Impfstoff induziert. Für Schnelltests sollte dies umso mehr gelten.
b.) Da die lokalen Studienzentren nicht wissen, wie das Zentrallabor die PCR-Tests kalibriert hat, dürfte es ihnen - selbst wenn sie es irgendwie schaffen, herauszufinden, wer zur Impf- und wer zur Plazebo-Gruppe gehört - fast unmöglich sein, Blutproben so zu manipulieren, dass dies dem Zentrallabor nicht auffällt. c.) Pfizer weiss aus seinem Zentrallabor eher über Infektionsfällle unter den Probanden Bescheid als die lokalen Studienzentren. Beim "Hochzählen" auf 32 gilt es zwar immer noch, die Zeit zwischen Auftauchen von Symptomen und Blutabnahme im Studienzentrum, und fürs Versenden ans Zentrallabor und die dortige Analyse, zu berücksichtigen, aber das sollte im Regelfall nicht mehr als insgesamt 2-3 Tage sein. M.a.W.: (Über-)lange Meldewege sind wohl kaum dafür verantwortlich, dass Dienstag noch keine 32 symptomatisch infizierten Probanden gezählt wurden. Weiterhin im Transkript, S. 13: A. Bourla "What we see is our infection rates, that they're aligned with what we see in the country". Also keine atypischen Muster. Je länger ich darüber nachdenke, desto wahrscheinlicher scheint es mir, dass Pfizer die anfängliche Rekrutierung gezielt auf die hot-spots von Ende Juli - Mitte August wie Texas, Florida und Kalifornien fokussiert hat, und dann von dem dortigen Rückgang der Infektionsraten im September und Oktober quasi "kalt erwischt" wurde [Übrigens generell interessantes Muster: Unabhängig von der politischen Reaktion/ der lock-down Intensität (in Texas quasi Null) scheint eine typische Corona-Welle so um 10 Wochen zu dauern, bis die Infektionsrate wieder stark abebbt. Hiesse für D: Am 3. Advent ist alles wieder vorbei (und zu Heilige 3 Könige merkt dies auch die Politik).] 2. Zu England wurde hier heute zwar schon reichlich gepostet, jedoch nicht der Bloomberg-Artikel selbst, den alle anderen zitieren, und v.a. nicht dessen interesantester Teil. https://www.bloomberg.com/news/articles/...in-accelerated-u-k-reviews
"The move supports the U.K.s plans to potentially move ahead of the European Union on clearing a vaccine. While the U.K. is still subject to the approval process of the European Medicines Agency until the end of the Brexit transition process this year, the government has said that if there was a compelling case to move more quickly than the EMA, it would look at granting a temporary authorization for an unlicensed vaccine."
Offensichtlich zieht die britische Regierung eine Notfallzulassung schon vor Abschluß der Prüfung durch die EMA in Betracht. Dadurch würde sie beim Rennen um die anfänglich noch knappen Impfstoffmengen vorne, vor EU und USA, liegen. Notfallzulassungen sind nicht EU-weit geregelt, sondern unterliegen nationaler Jurisdiktion. Ich möchte nicht ausschliessen, dass außer den Briten auch andere Staaten auf die Idee kommen, sich gegebenenfalls per nationaler Notfallzulassung schnell die ersten Impfdosen zu sichern. Wohl nicht unbedingt Franzosen, Belgier oder Tschechen, bei denen der Baum gerade richtig brennt - die haben jeweils eigene Kandidaten am Start (Sanofi, Janssens->J&J, Tschechien als Novavax-Standort). Aber Spanien sieht sich z.B. gerade im Corona-Notstand, hat keine Beteiligung am Impfstoff-Rennen, und sein Impfstoff-Budget auf ca. 17 EUR / Dosis ausgerichtet... [Ich vermute, die Idee ist auch der Bundesregierung nicht ganz fern. Macht sich aber nicht wirklich gut während der laufenden EU-Präsidentschaft.] 3. In dem Zusammenhang noch mal ein kurzer Rückblick auf U. Sahins Interview von gestern. So nach etwa 15 Minuten wurde er ziemlich spezifisch, als es um Nebenwirkungen ging: Typischerweise zeigten sich Nebenwirkungen innerhalb der ersten 6 Wochen nach Impfung. Bislang seien bei BNT162 diesbezüglich v.a. Fälle von Fieber über 12-24 Stunden bei etwa 10% der Probanden aufgetreten. Was die Verträglichkeit angeht, ist also alles bislang absolut im grünen Bereich. Das wissen auch PEI und EMA, die die entsprechenden Berichte ja quasi real time mitlesen. Diesbezüglich spricht also nichts gegen Notfallzulassung. Effektivitätsbewertung steht natürlich noch aus. Aber weniger symptomatisch infizierte Probanden als ursprünglich erwartet ist ja auch nicht unbedingt ein Anzeichen dafür, dass BNT162 wirkungslos ist.. 4. U. Sahins gestriger Klönschnack mit der Dorfpresse hat überraschend starke Resonanz in englischsprachigen Medien gehabt, und es sogar auf die offzielle NASDAQ-Seite geschafft
https://www.nasdaq.com/articles/...m-late-stage-study-soon-2020-10-30
Auch der Motley Fool scheint sich auch mehr und mehr für BioNTech zu erwärmen (links schon von anderen gepostet). Einen Artikel, eher neutral aber sicher nicht bearish, gibt es noch hinzuzufügen;
https://seekingalpha.com/article/...19-vaccine-names#comment-86920421
"While MRNA and BNTX had pulled back since mid-October, perhaps as some investors/traders took risk off ahead of a readout, it should be noted the market as a whole did too. A rebound in both COVID-19 vaccine names and the biotech and broader market indices is underway at the time of writing (October 29). It is hard to predict whether or not another pullback would occur in November in anticipation of data, especially with the upcoming US election. I will still take a guess and say if PFE/BNTX hasn't reported a result by mid-November, speculation may again begin that an interim has passed without success and BNTX could begin to pullback." Kurzfassung: Die augenblickliche Volatilität von BNTX und MRNA ist der generellen Marktstimmung geschuldet. Spätestens Mitte November sollten PFE/BNTX aber Daten liefern, sonst könnte es abwärts gehen. 5. Ein paar mehr SEC-Meldungen institutioneller Investoren per 30.9. sind eingetrudelt. Heraus sticht die Dekabank Deutsche Girozentrale, die in Q3 die Beteiligung an BioNTech mehr als verdoppelt hat. Mit etwa 245,000 Aktien (20 Mio. USD) liegt sie nun auf Platz 15 der institutionellen Eigner (die Platzierung wird sich sicher mit weiter eingehenden Meldungen noch ändern). Ist nicht die größte Position der Dekabank - da liegen immer noch Microsoft, Apple und Konsorten (auch Pfizer und Merck) vorne, aber schon sehr ordentlich (und mehr, als an z.b. GE oder GM). Moderna und Curevac hält die Dekabank übrigens auch, aber wertmäßig nicht ganz so viel wie BioNTech
Daneben sind einige kleinere bis mittelgroße US-Vermögensverwalter neu im vier- bis niedrig fünfstelligen Bereich (Aktienanzahl) eingestiegen, u.a. Dupont Cap. Mgmt., Harvest Investment, Northeast Financial Consultants, und Emerald Advisors. Gespannt bin ich darauf, wie sich die Positionen von Redmile (großer, auf Biotech / Pharma spezialisierter kalifornischer Verwalter) und Duquesne Family Office (gemanaget von der vormaligen rechten Hand von G. Soros) in Q3 entwickelt haben.
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